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Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall

Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall

Titel: Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regine Kölpin
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Blick auf die Ems, das rege Treiben der Schiffe, die sich aneinander vorbeischoben. Vor jedem Bug teilte sich das Wasser, Gischt spritzte an den Wänden der Schiffe empor und verlor sich in gelblichen Kronen auf dem Wasser. Hinrich liebte dieses Bild. Seitdem er in Ostfriesland lebte, hatte er das Meer und alles, was damit zu tun hatte, sehr zu schätzen, fast lieben gelernt.
    »Ein schöner Anblick, werter Krechting«, hob a Lasco nun an und strich über den langen Bart, den er sorgsam pflegte und auch zu bürsten schien. »Aber deswegen sind wir nicht hier. Welche Auskünfte wünscht Ihr von mir? Geht es um die Täufer oder die Mennoniten? Da kennt Ihr meine Haltung, und sie ist unumstößlich. Sonst kann ich keine einheitliche Kirchenordnung durchsetzen, das wisst Ihr.«
    »Es geht nicht darum«, beschwichtigte Krechting. »Deshalb bin ich nicht hier. Ich hatte es schon bei unserem letzten Treffen angedeutet. Ich bin Armen- und Kirchenvorstand der reformierten Kirche von Dykhusen, wie Ihr wisst. Und Hebrich von Knyphausen ist der Meinung, ich könne das Armen- und Sozialwesen in der Herrlichkeit ein gutes Stück vorantreiben, wenn ich mir ansehe, wie Ihr gewisse Dinge in Emden löst.«
    »Ja, das sagtet Ihr, und es stimmt mich milde, dass Ihr nicht plant, mit mir über die anderen unleidlichen Dinge zu diskutieren. Ich weiß um Eure Vergangenheit in Münster und bin sehr erleichtert, mit welch großem Einsatz Ihr dem Ganzen nicht nur abgeschworen habt, sondern Euch auch in die neue und wahre Religion einbringt. Respekt, Krechting. Respekt!«
    Hinrich schluckte. Er musste kurz innehalten, denn so, wie a Lasco es darstellte, war es ja ganz und gar nicht. Nur durfte er das natürlich nicht sagen. Er zögerte also kurz und beschloss dann, a Lascos Bemerkungen zu seinem Glauben und den Täufern zu ignorieren und lieber weiter über die Armenversorgung zu sprechen. »Ich wüsste gern mehr über Eure ganz konkreten Planungen hinsichtlich der Bedürftigen, Planungen, die auch bei uns machbar wären.«
    Johannes a Lasco hatte ihm beim letzten Mal bereits von etlichen Ideen erzählt, die er in den nächsten Jahren umsetzen wollte. Daran galt es nun anzuknüpfen.
    »Als Erstes plane ich, eine Stiftung ins Leben zu rufen, eine, die rein weltlichen Ursprungs ist und nichts mit der Kirche zu tun haben soll. Wir müssen Missernten ausgleichen und anderes«, sagte a Lasco. »Ich denke, man kann es ›Emdens Kornvorrat‹ nennen oder so ähnlich. Es werden aber auch hier bestimmt ein paar Jahre ins Land gehen, ich kann nicht einmal sagen, ob ich dann noch meine Finger darin haben werde. Zunächst ist es ja nur eine Idee. Ich sagte ja schon: Wir haben so viel mit der Neuordnung des Glaubens zu tun, dass es fast nicht möglich ist, allen Anforderungen gerecht zu werden.«
    Krechting wusste das nur zu gut. Auf ihn wartete in der Herrlichkeit ein alter Mönch, von dessen Wissen er profitieren sollte. Das verschwieg er dem Reformer besser.
    »Ich lehne den Katholizismus in seinen Grundfesten ab«, sagte a Lasco da auch schon, und Krechting beglückwünschte sich im Stillen zu seiner Entscheidung. »Doch ich muss eingestehen, so schwer es mir auch fällt, dass es kaum eine bessere Organisation als die der Bruderschaften der Papisten gibt.«
    Krechting horchte auf. Arbeitete a Lasco etwa mit seinen selbst ernannten Feinden zusammen? »Habt Ihr noch existierende Bruderschaften in Emden?«
    Johannes a Lasco griff zum Bierkrug und schenkte sich mit einem fragenden Blick in Krechtings Richtung ein Glas ein. Der lehnte ab, was a Lasco aber nicht davon abhielt, einen kräftigen Schluck zu nehmen, bevor er weitersprach. »Aber ja. In Emden gibt es noch die Clementiner Bruderschaft, die uns im Augenblick sehr nützlich ist.«
    »Und Ihr bekämpft sie nicht?«, fragte Krechting.
    Johannes a Lasco lehnte sich auf dem hochlehnigen Stuhl zurück, wiegte den Kopf. »Ihr kennt unsere Haltung. Wir haben allen Prunk aus den Kirchen entfernt. Die Klöster werden überaltern, und das Problem der Papisten löst sich von selbst. Im Augenblick brauchen wir ihr Wissen aber noch. Langfristig werden sie aber verschwinden, dessen seid gewiss.«
    Was Krechting da hörte, missfiel ihm. Er selbst musste sich allen Verordnungen gegen seinen Glauben bedingungslos beugen, während man hier, im Zentrum, doch eine sehr gelassene Haltung an den Tag legte. Oder täuschte das nur? Trotz allem würde ein Mann wie a Lasco nicht von ihm erwarten, dass er sich mit einem Mönch

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