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HISTORICAL Band 0264

HISTORICAL Band 0264

Titel: HISTORICAL Band 0264 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: NICOLA CORNICK
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treiben, doch Sally war sich sehr des Blicks seiner dunklen Augen bewusst, die sie ernst, aber ohne den zornigen Ausdruck in ihnen verfolgten, den Sally seit dem schrecklichen Streit am Morgen schon fast gewohnt war.
    „Miss Bowes?“ Lady Ottolines Tonfall war scharf, verriet aber auch eine gewisse Nachsicht. „Es ist schön und gut, seinen Verlobten anzustarren, aber ich hätte auch gern eine Antwort, wenn Sie so freundlich wären.“
    „Ich bitte um Verzeihung, Mylady.“ Hastig wandte sie sich wieder der alten Dame zu. „Vielleicht kennen Sie meinen Namen, weil Sie gehört haben, dass mir das Blue Parrot gehört, ein Spielclub am Strand in London?“
    Wieder trat Stille ein, und Sally wartete auf Lady Ottolines entrüstete Reaktion. Dieses Mal hatte sie mit Sicherheit die Grenze überschritten. Keine ehrwürdige Großtante konnte solch eine Verbindung für ihren Neffen billigen. Aber Lady Ottoline trotzte allen Klischees. Sie schürzte die Lippen und schüttelte den Kopf. In ihren Augen war auf einmal ein leichtes Funkeln, so als hätte sie gemerkt, was Sally vorhatte, und wollte ihr nun einen Strich durch die Rechnung machen.
    „Nein, das war es nicht.“ Ihre Miene hellte sich auf. „Aber im Ernst, stimmt das wirklich? Wie herrlich, einen Spielclub zu besitzen! Sie müssen mir einfach alles davon erzählen, Miss Bowes. Ich bewundere Mädchen mit Unternehmungsgeist, ich war schließlich auch mal eins.“
    „Vielen Dank, Madam.“ Sally hatte ihr Gegenüber eindeutig unterschätzt. „Ich bin mir sicher, dass Sie das waren.“
    „Sie waren mit Jonathan Hayward verheiratet, nicht wahr?“, fragte Lady Ottoline unvermittelt. „Ein schrecklicher Kerl, ein widerwärtiger Schuft. Mein verstorbener Bruder sagte immer, ihm würde übel allein bei dem Gedanken an ihn.“
    Sally lachte. Sie fing an, Lady Ottoline wirklich zu mögen. „Danke, Mylady, auf mich hatte er dieselbe Wirkung.“
    „Wir haben viel gemeinsam“, stellte Lady Ottoline trocken fest. „Wahrscheinlich hat Jack geglaubt, ich wäre außer mir, wenn ich Ihre ganze Geschichte kenne.“ Ihre Augen funkelten belustigt. „Dummer Junge, weil ich nie verheiratet war, denkt er wohl, ich wäre so empfindlich wie ein Säugling!“
    „Ich könnte mir vorstellen, dass er sich ein wenig gescheut hat, Ihnen davon zu erzählen“, meinte Sally. Sie genoss die Unterhaltung mittlerweile sehr. „Schließlich ist es wenig ehrbar, einen Spielclub zu besitzen, ganz zu schweigen von einer eventuellen Scheidung.“
    „Wen kümmert das schon?“, erwiderte die alte Dame wegwerfend. „Manchmal macht es viel mehr Spaß, sich etwas skandalös zu verhalten. Meine Mutter pflegte mir zu sagen, dass es eine entsetzlich langweilige Angelegenheit sei, immer nur anständig zu sein. Sie arbeitete als Spionin für die britische Regierung, müssen Sie wissen, und ist mit meinem Vater durchgebrannt. Sie hatte es faustdick hinter den Ohren.“
    „Ich habe ihr Porträt in der Ausstellung gesehen“, erzählte Sally. „Sie war eine atemberaubende Schönheit.“ Sie lächelte. „Aber Sie selbst waren auch ein sehr hübsches Kind, Lady Ottoline.“
    Die alte Dame kicherte. „Seitdem habe ich mich allerdings ziemlich verändert.“
    „Gar nicht einmal so sehr, glaube ich“, widersprach Sally lächelnd.
    Lady Ottoline legte kurz ihre beringte Hand auf die von Sally. „Ich mag Sie, Miss Bowes. Ich bin froh, dass Sie nach Ihren schlechten Erfahrungen nicht von den Männern Abstand genommen haben.“ Sie sah zu Jack hinüber. „Jack ist ein guter Junge. Sie dürfen nicht all den Gerüchten über seine Vergangenheit Glauben schenken.“
    „Er hat mir nicht allzu viel darüber erzählt“, erwiderte Sally wahrheitsgemäß.
    „Ein schrecklicher Skandal“, meinte Lady Ottoline verdrießlich. „Brannte mit einer verheirateten Frau durch, als er kaum zwanzig war. Robert verbannte ihn ins Ausland, der alte Narr. Ich fand zwar auch, dass Jack langsam erwachsen werden musste, aber es war eine Tragödie, ihn so zu verstoßen. Das brach seiner Mutter und auch Charlotte das Herz.“
    „Das tut mir leid. Charley ist ein wundervoller Mensch.“
    „Nun, jetzt hat sie ihn ja wieder.“ Lady Ottoline drückte Sallys Hand. „Sie werden ihm guttun, meine Liebe, das weiß ich jetzt schon. Und wie gesagt, hören Sie nicht auf Gerüchte. Wenn er so weit ist, wird er Ihnen alles selbst erzählen.“
    Das bezweifelte Sally. Was immer zwischen ihm und seiner Geliebten vorgefallen sein mochte,

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