HISTORICAL Band 0272
interessanter Gedanke, meine Liebe“, druckste er verlegen. „Und natürlich werde ich mich gerne um deine Leitern kümmern.“
„Ach, weißt du, ein anderes Mal darfst mich auch gern ausführen, damit ich mir Hüte kaufen kann“, erwiderte sie versöhnlich.
„Danke. Susanna – sperr hinter mir ab und öffne die Tür in der Zwischenzeit für niemand anderen als für Thomas oder deinen Vater“, bat er sie. „Snively hat den Aufenthalt von Mr. Durston noch nicht in Erfahrung bringen können.“
„Ich werde sehr vorsichtig sein“, versprach sie ihm.
James erhob sich. „Ich bin gegen Mittag zurück.“ Dann hielt er inne, bückte sich zu ihr hinunter und küsste sie.
Obwohl sie spürbar überrascht war, erwiderte sie seinen Kuss. Er strich mit der Hand sanft über ihre Schulter. „Bis später“, sagte er.
„War das die Entschuldigung dafür, dass du mich für ein Spatzenhirn gehalten hast?“, spottete sie und warf ihm einen schelmischen Blick zu.
„Ich habe mich noch nie so sehr für etwas entschuldigt“, gab er zurück und tippte mit dem Finger an ihre Nasenspitze. „Und meine Entschuldigung wäre noch größer gewesen, wenn du die Hüte nicht doch noch erwähnt hättest.“
Susanna kicherte.
James zog die Tür hinter sich ins Schloss und wartete, bis Susanna die Tür von innen versperrte. Er musste zur Bank, Geld abheben. Und er musste auch mit seinem früheren Arbeitgeber sprechen. Schließlich würde er in Zukunft nicht mehr verfügbar sein. Außerdem hatte er sich vorgenommen, Unterrichtsmaterial für Susannas Aufklärungsunterricht zu besorgen. Voller Vorfreude auf den gemeinsamen Abend verließ er das Hotel.
Susanna schenkte Tee ein, während Snively neben ihr stand, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. „Wie nett von Ihnen, dass Sie kommen konnten und die Skulptur gleich mitgebracht haben, Monsieur Aubert. Sie ist erstaunlich schwer, nicht wahr?“
Der französische Galerist lächelte und nahm die Tasse entgegen, die sie ihm hinhielt. „ Oui, Madame . Aber ich hätte nicht gewagt, sie einem Boten anzuvertrauen. Ein bemerkenswertes Stück – Sie sind sich sicher, dass sie es nicht verkaufen wollen?“
„Die Skulptur gehört mir nicht. Sie können sich natürlich bei Lord Garrow erkundigen, ob sie zum Verkauf steht, auch wenn ich …“ Sie hielt mitten im Satz inne. Die Tür sprang auf.
„Thomas! Warum war nicht abgeschlossen?“
„Mylady empfängt gerade, Sir.“ Betreten machte Snively einen Schritt zur Seite und deutete ins Empfangszimmer.
„Ich hatte doch ausdrücklich …“, sagte er und brach ab, als er sah, dass seine Frau nicht alleine war.
„Schon zurück, Garrow?“, fragte Susanna überrascht. „Willst du uns nicht Gesellschaft leisten?“
Monsieur Aubert, der geschäftstüchtige kleine Franzose, erhob sich. „Lord Garrow, das ist Monsieur Aubert. Ihm gehört die Galerie Le Coeur d’Ecosse “, stellte Susanna ihren Besucher vor.
„Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Mylord.“ Der Galerist verneigte sich.
„Guten Tag, Monsieur Aubert.“ Als er sah, was auf dem Teetisch stand, verzog er ärgerlich das Gesicht.
Merkwürdig, dachte Susanna. „Ich bat Monsieur Aubert, deine Skulptur einzuschätzen, als wir das letzte Mal in Edinburgh waren. Ich hatte leider keine Gelegenheit, sie wieder abzuholen, bevor wir damals abreisten“, erklärte sie.
Monsieur Aubert hob die Hände. „Ah, Mylord, wenn ich Ihnen nur schildern könnte, wie begeistert alle von Désespoir waren. Dass ich die Skulptur ausstellen durfte, hat mir in den letzten Wochen viele neue Kunden beschert. Ich bin Ihnen zutiefst zu Dank verpflichtet.“
„ Désespoir ?“, wiederholte James mit Zorn und Unglauben in der Stimme. Er warf einen Blick auf die Statue. „ Verzweif lung ?“
„ Mais oui !“, rief Monsieur Aubert aus, der James wachsenden Zorn nicht zu bemerken schien. „Jeder, der sie sieht, begreift sofort, was Sie ausdrücken wollten! Sagen Sie mir, was Sie für Ihr Meisterwerk haben wollen.“
Susanna griff nach der Skulptur und strich mit den Fingerspitzen andächtig über die verschiedenen Oberflächenstrukturen, die James herausgearbeitet hatte, als er sie aus einem sechzig Zentimeter großen Marmorquader gehauen hatte. Die Frau in antikem Gewand, die James geschaffen hatte, wirkte entschlossen und wild zugleich. Ihr Körper befand sich in einer leichten Drehung, denn sie mühte sich, ihren Fuß aus dem grob gehauenen Marmor zu befreien, der die Basis der Skulptur
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