HISTORICAL BAND 295
bei mir erfahren?“
„Dass du eine Angelsächsin bist, die einen Mann jede andere Frau vergessen lässt.“
Plötzlich wurde ihre Miene wieder ernst. „Hast du sie vergessen, Wulfrum?“
„Du bist jetzt die einzige Frau in meinem Leben, Elgiva, und du wirst auch die einzige Frau bleiben.“ Wieder gab er ihr einen Kuss. „Du bist meine Liebe, Elgiva.“
Sprachlos vor Erstaunen konnte sie ihn nur ansehen, und dann wurde sie von einem grenzenlosen Glücksgefühl überwältigt, das sie nichts anderes mehr wahrnehmen ließ. Wieder legte er die Arme um sie, und sie drückte den Kopf an seine Schulter, um seine Nähe und Wärme zu genießen. So lagen sie eine Weile schweigend da, bis Wulfrum den Kopf zurücklehnte und sie ansah.
„Was ist?“, fragte er, als er ihr strahlendes Lächeln bemerkte.
„Ich musste nur daran denken, wie schön es wäre, wenn unser Sohn ganz nach seinem Vater käme“, antwortete sie.
Ein paar Herzschläge lang zeigte er keine Reaktion, dann wurde ihm klar, was ihre Worte zu bedeuten hatten. „Elgiva? Du willst doch nicht sagen …“
„Doch, das will ich.“
„Oh, meine Liebe. Wann?“
„Im Frühjahr.“
„Das ist ja wunderbar!“ Abrupt hielt er inne und verzog wieder besorgt das Gesicht. „Aber du hättest es mir früher sagen müssen. Ich könnte dich versehentlich verletzt haben.“
„Du hast mich nicht verletzt, Wulfrum.“
„Ganz sicher?“
„Ganz sicher.“
Er schlug die Bettdecke zur Seite und betrachtete sie, strich mit einer Hand über ihren Körper, bis seine Finger ihren Bauch erreichten. Auch wenn er noch keinen Hinweis auf das neue Leben in ihr ausmachen konnte, spürte er in seinem Herzen eine ungeheure Freude darüber, dass sie sein Kind erwartete.
„Es wird noch eine Zeit lang dauern, bis du etwas sehen kannst.“
„Das macht nichts. Mir genügt schon, es zu wissen.“
Dann küsste er sie, viel zu verhalten für ihren Geschmack. Also legte sie die Hände an sein Gesicht und erwiderte den Kuss mit aller Leidenschaft, die sie aufbringen konnte.
„Vorsicht, Frau“, warnte er sie. „Du spielst mit dem Feuer.“
„Nein, Wulfrum. Du bist derjenige, der mit dem Feuer spielt.“
„Wärst du nicht in diesem besonderen Zustand, würde ich es ja darauf ankommen lassen.“
„Dann lass es doch darauf ankommen.“
Er wollte etwas Angemessenes darauf erwidern, aber dazu kam er nicht, weil sie mit der Zungenspitze seine Ohrmuschel erkundete und ihm einen so wohligen Schauer über den Rücken laufen ließ, dass es ihm für einen Moment die Sprache verschlug. Dann zog sie eine Spur aus Küssen hinunter zu seiner Brust, hielt dort aber nicht an, sondern bewegte sich immer weiter abwärts.
„Elgiva?“, presste er heraus, sobald er hastig nach Luft geschnappt hatte.
Sie sagte nichts, sondern sah nur gerade lange genug auf, dass er einen bislang unbekannten und völlig unergründlichen Ausdruck in ihren Augen ausmachen konnte. Dann begab sich ihr Mund auch schon wieder auf Wanderschaft über seinen Körper.
„Elgiva?“, brachte er nur mit Mühe über die Lippen, als sie ihn auf diese unglaubliche Weise erregte.
„Mhm?“
„Elgiva, ich weiß nicht, ob wir …“
Weiter kam er nicht, der Rest seiner Bemerkung ging in einem lauten Stöhnen unter, als die erste Woge unbändiger Lust über ihm zusammenschlug.
15. KAPITEL
Die Ernte fiel in diesem Jahr sehr gut aus, und jeder – ob Mann oder Frau –, der eine Sense halten oder Getreide dreschen konnte, wurde zur Arbeit herangezogen. Die Kornspeicher und Lagerhäuser füllten sich zusehends, was Wulfrum mit großer Zufriedenheit zur Kenntnis nahm. Gurths sorgfältigen Aufzeichnungen zufolge würde während der Wintermonate mehr als genug Essen für alle vorhanden sein.
Im Wald verfärbten sich die ersten Blätter, und für Wulfrum wurde es Zeit, nach York zu reiten. Eigentlich war es ihm gar nicht recht, Ravenswood jetzt zu verlassen, doch ihm blieb keine andere Wahl. Fürst Halfdan erwartete seine Anwesenheit. Er wählte zwölf Männer, die ihn auf dieser Reise begleiten sollten, während genug Leute zurückblieben, die sich während seiner Abwesenheit um alle Angelegenheiten kümmern konnten.
„Ich werde nur eine Woche weg sein“, sagte er zu Elgiva. „Wenn es ein Problem gibt, kannst du dich an Ido wenden. Allerdings glaube ich nicht, dass du Grund zur Sorge haben wirst.“
Sie rang sich zu einem schwachen Lächeln durch. Keinen Grund zur Sorge? Wenn Aylwin und die anderen vertriebenen
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