HISTORICAL BAND 295
Gefangenen getrennt. Ich werde mich später mit ihnen befassen. Bring ein paar der Frauen in die Küche, damit sie das Essen vorbereiten. Halfdan und seine Gefolgsleute werden heute Abend hungrig sein.“
„Jawohl, Herr.“
Ceolnoth saß ab und ging zu den gefangenen Frauen, die ihn ängstlich ansahen, und durchtrennte bei gut einem halben Dutzend die Fesseln, darunter auch bei Hilda. Wulfrum entging nicht, dass der Blick des jungen Mannes auf ihr deutlich länger verweilte als auf dem Rest der Gruppe. Unwillkürlich musste er lächeln. Offenbar war er nicht der Einzige, der Gefallen an einer angelsächsischen Frau gefunden hatte. Er sah den Frauen nach, dann schaute er hinauf zu dem Stockwerk, in dem er Elgiva zum ersten Mal begegnet war. Das Gemach, in dem sie sich versteckt hatte, war groß. Er würde es zu seinem machen … zu seinem und Elgivas gemeinsamem Gemach. Ihre Heirat würde sein Eigentumsrecht an diesem Land und seinen Leuten besiegeln.
Wie Elgiva darüber dachte, konnte er sich gut vorstellen. Sie war tatsächlich eine lebhafte Frau, und zudem sehr mutig. Das sah man daran, wie sie sich gegen Sweyn zur Wehr gesetzt hatte. Wulfrum erinnerte sich noch gut an den Ausdruck in den Augen des anderen Mannes, als sie ihn vor seinen Kameraden bloßgestellt hatte. Ähnlich finster hatte er ausgesehen, als Wulfrum die Frau für sich beansprucht hatte. Wären Eisenfaust und die übrigen Männer nicht mit im Raum gewesen, hätte Sweyn vermutlich darauf beharrt, Elgiva zurückzubekommen. Aber selbst dann hätte Wulfrum die Frau nicht wieder hergegeben, war ihm doch bei ihrem ersten Anblick klar gewesen, dass er sie für sich haben wollte.
Noch vor einer Woche hätte Wulfrum den Gedanken, sich eine Frau zu nehmen, weit von sich gewiesen, doch jetzt war er von der Idee sehr angetan. Immerhin war er bereits fünfundzwanzig Jahre alt, und er hätte sich längst eine Braut nehmen sollen. Aber bislang hatte keine Frau sein Interesse wecken können. Und nun, auf einmal, hatte sich das geändert. Als er an den Kuss dachte, den er Elgiva gestohlen hatte, musste er lächeln. Könnten Blicke töten, wäre er gleich darauf tot umgefallen. Dabei war er fest entschlossen, diesem Kuss noch viele weitere Küsse folgen zu lassen. Und wenn sie sich mit Händen und Füßen dagegen wehrte, es würde ihr nichts nützen. Letztlich musste sie nachgeben, denn er war fest entschlossen, ihre Gegenwehr nach und nach einzureißen. So, wie er ihr auch die Kleidung nach und nach vom Leib reißen wollte …
„Herr?“
Wulfrum zuckte zusammen, riss sich aus seinem Tagtraum und wandte sich dem Boten zu. „Was ist?“
„Fürst Halfdan bittet um Eure Anwesenheit im Saal.“
„Ich bin schon unterwegs.“
Zurück im Saal, erstattete Wulfrum Bericht und sah sich um. Die heilkundigen Frauen waren nicht untätig gewesen. Die Krieger mit den schwersten Verletzungen hatten sie als Erste behandelt und dann auf provisorisch hergerichtete Lager gebettet. Inzwischen kümmerten sich Elgiva und ihre Gefährtin um die zahlreichen Verwundeten, die noch aus eigener Kraft gehen und stehen konnten.
„Diese Frauen verstehen ihr Handwerk“, stellte Halfdan fest. „Es ist von Nutzen, wenn man erfahrene Heilkundige zur Hand hat. Sie werden dir gute Dienste leisten.“
Dann wandte er sich ab und besprach etwas mit einem seiner Männer. Wulfrum beobachtete unterdessen Elgiva, die am anderen Ende des weitläufigen Raums einem Verletzten den Arm verband. Sie arbeitete tatsächlich zügig und zielstrebig und schien genau zu wissen, was sie tat. Aufmerksam betrachtete er die anmutigen Kurven ihres Körpers, den Schwung ihrer Hüften und ihrer Brüste. Die blonden Haare hatte sie zu einem langen Zopf geflochten. Im nächsten Moment drehte sie sich so, dass er sie im Profil sehen konnte. Der Anblick ihrer zarten, makellosen Haut war einfach nur wundervoll. Als hätte sie gespürt, dass sie beobachtet wurde, schaute sie sich suchend um und entdeckte ihn sofort. Prompt hob sie das Kinn ein wenig an und wandte sich ab, was ihm nur ein Lächeln entlockte. Für den Moment war sie vor ihm sicher, da es für sie noch genügend Wunden zu versorgen gab.
„Aber danach“, murmelte Wulfrum zu sich selbst, „werden wir weitersehen.“
Elgiva und Osgifu arbeiteten unverdrossen weiter. Es war bereits spät am Abend, als endlich die letzten Verwundeten zu ihnen gebracht wurden. Unter ihnen befand sich auch Aylwin, dessen Gesicht unter dem Schmutz und dem Blut wächsern
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