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HISTORICAL BAND 295

HISTORICAL BAND 295

Titel: HISTORICAL BAND 295 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Rock Joanna Fulford
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folgenden Tagen lag eine bedrückte Stimmung über Ravenswood, noch gesteigert vom Gestank nach Blut und Tod. Aasvögel tummelten sich zwischen den Toten oder lauerten auf den Palisaden, um von dort aus die entmutigten Angelsachsen zu beobachten, die voller Verbitterung die Gräber für ihre Landsleute aushoben. Da man die Kirche niedergebrannt und den Priester gefangen genommen hatte, würde niemand die Gräber segnen, was den Schmerz der Menschen noch verstärkte. Die Überlebenden mussten sich damit begnügen, Gebete zu murmeln und ein paar Blumen auf die Grabstätten zu legen.
    Osgifu und Elgiva halfen, die Toten aufzubahren, schweigend und voller Trauer. Aylwin hatte bislang überlebt, war aber immer noch geschwächt, da er viel Blut verloren hatte. Die Wikinger behielten ihn ständig im Auge, beabsichtigten aber anscheinend nicht, ihm etwas anzutun. Elgiva pflegte ihn, sooft sie konnte, aber viele andere Verletzte beanspruchten ebenfalls ihre Aufmerksamkeit. So verbrachte sie die meiste Zeit des Tages damit, sich um die Verwundeten zu kümmern, Verbände zu wechseln, Salben und Tinkturen aufzutragen und schmerzlindernde Tränke zu verteilen. Manchen konnte sie nicht mehr helfen, sie starben nach kurzer Zeit, während andere, wie Aylwin, sich verzweifelt an ihr Leben klammerten. Sein sorgenvoller Blick folgte ihr, wenn Elgiva von einem Patienten zum nächsten ging, doch die Aufmerksamkeit blieb nicht unbemerkt.
    Wulfrum wartete, bis Elgiva anderweitig beschäftigt war, dann stellte er sich neben Aylwins Lager und musterte ihn teilnahmslos. Er setzte sich nicht hin, sodass der ältere Mann gezwungen war, zu seinem Besucher aufzusehen. Eine Weile schwiegen sie beide, schließlich fragte Wulfrum: „Deine Wunden verheilen?“
    „Ja, sie verheilen.“
    „Elgiva ist sehr begabt.“
    Als ihr Name fiel, kniff der Angelsachse die Augen argwöhnisch zusammen und ballte eine Faust. „Was wollt Ihr mir sagen?“
    „Dass ich von eurer Verlobung weiß …“ Er ließ eine kurze Pause folgen. „Eine Verlobung, die du besser gleich vergessen solltest.“
    „Elgiva gehört mir.“
    „Nein, jetzt gehört sie mir. Genauso wie dieses Anwesen und das Land. Sie gehört mir, und ich werde sie zur Frau nehmen.“
    „Bei Gott, das werdet Ihr nicht!“ Der Verletzte richtete sich auf, aber dann zuckte er zusammen, da seine Wunden angesichts der ruckartigen Bewegung schmerzten.
    Wulfrum sah zu, wie der Mann zurück auf sein Lager sank, dann zog er ironisch eine Augenbraue hoch. „Ach nein? Und wie willst du das verhindern?“
    Aylwin schwieg, da er nur zu gut wusste, wie sinnlos jede Erwiderung war. Er wollte einfach nur in Ruhe gelassen werden, doch sein Peiniger stand immer noch da.
    „Du hättest sie heiraten sollen, als du noch die Gelegenheit dazu hattest.“
    „Ich wünschte, das hätte ich getan.“ Aylwin betrachtete ihn mit einem hasserfüllten Blick. „Aber sie hat mich gebeten, ihr eine Trauerzeit für ihren verstorbenen Bruder zu gewähren. Ich gehe natürlich nicht davon aus, dass Ihr so etwas versteht.“
    Wulfrum lachte. „Ich verstehe sehr gut. Die Dame war von der Heirat nicht ganz so begeistert wie du.“
    Aylwins Gesicht lief rot an, da die Worte ihn getroffen hatten. Genau der Verdacht war ihm auch schon gekommen.
    „Du solltest dankbar sein. Hättest du sie geheiratet, wärst du jetzt längst tot“, fuhr der Wikinger fort. „Ich hätte sie dir ohnehin weggenommen. Du hast keinerlei Anspruch auf sie, und es ist besser für dich, wenn du dich damit abfindest.“
    „Niemals!“, platzte er heraus.
    Wulfrum lachte nur, warf dem Angelsachsen einen letzten verächtlichen Blick zu und ging.
    Zwei Tage später war Aylwin verschwunden. Zuerst machte sich niemand darüber Gedanken, konnte doch ein so schwer verletzter Mann nicht weit gekommen sein. Allerdings konnte er auch nach umfassender Suche nirgends entdeckt werden. Elgiva erfüllte diese Nachricht mit großer Sorge. Selbst wenn er es bis in den Wald geschafft haben sollte, war er in seinem geschwächten Zustand kaum in der Verfassung, in einer solchen Umgebung zu überleben. Wenn niemand bei ihm war, der sich um ihn kümmerte, war das möglicherweise sogar sein Todesurteil. In ihrer Wut, dass ein so wichtiger Gefangener entwischt war, befragten die Wikinger jeden, der mit ihm zu tun gehabt hatte, auch Elgiva und Osgifu.
    Dass Aylwins Verschwinden die Nordmänner so in Aufregung versetzte, löste bei Elgiva tiefe Befriedigung aus. Als Wulfrum sie

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