HISTORICAL BAND 295
Augen und schickte einen stummen Dank zum Himmel. Die Erleichterung war so überwältigend, dass sie am ganzen Leib zu zittern begann.
„Was ist mit dir, Kind? Hat er dir wehgetan?“
„Nein. Ich bin nur hier eingesperrt worden. Aber man hat mir nichts angetan.“
„Dem Himmel sei Dank. Als du an dem Abend weggebracht wurdest, da haben wir mit dem Schlimmsten gerechnet. Niemand hat dich seitdem gesehen, und es gibt die wildesten Gerüchte über dein Schicksal.“
„Wie bist du hier reingekommen?“
„Die Wachen haben mich passieren lassen. Jarl Wulfrum hat es befohlen.“
„Wann wurdest du freigelassen?“
„Gleich am nächsten Tag.“
„Was?“
„Ja, wirklich. Bei Tagesanbruch kamen er und seine Männer, um Leofwine abzuholen. Hilda und ich dachten, wir würden ihn nicht lebend wiedersehen. Du kannst dir ja vorstellen, welche Ängste Elfric ausgestanden hat.“
Das konnte sie sich nur zu gut vorstellen. „Und was geschah dann?“
„Ein paar Stunden später kehrten die Wikinger zurück. Leofwine hatte sie zur Höhle geführt, aber als sie dort ankamen, fanden sie nur noch Hunfirths toten Körper. Er war bereits erkaltet, also musste er einige Stunden zuvor gestorben sein. Von Brekka war nichts zu sehen.“
Elgiva nahm diese Neuigkeiten betroffen auf. „Was glaubst du, wohin er gegangen ist?“
„Vermutlich nach Süden, Richtung Wessex. Oder an einen anderen Ort, den die Dänen nicht erobert haben.“
„Ich wünsche ihm alles Gute.“
„Ich ebenfalls“, stimmte Osgifu zu.
„Werden die Wikinger versuchen, ihn zu finden?“
„Das glaube ich nicht. Leofwine hat gesagt, dass sie kein Interesse daran gezeigt haben, die Verfolgung aufzunehmen. Sie haben auch Hunfirths Leichnam mitgebracht, um ihn zu beerdigen.“
„Wulfrum hat Leofwine erlaubt, seinen Bruder zu bestatten?“
„Ja, und uns hat er freigelassen. Dann hat er mich gleich wieder losgeschickt, damit ich mich um die Verwundeten kümmere.“ Die ältere Frau schüttelte den Kopf. „Als wir bei der Rückkehr aus dem Wald ertappt wurden, dachte ich wirklich, das ist das Ende. Aber ich habe mich geirrt. Er ist ein eigenartiger Mann.“
„Das ist er allerdings“, antwortete Elgiva und ließ sich das Geschehene noch einmal durch den Kopf gehen. Wulfrum hatte mehr Gnade walten lassen, als sie ihm zugetraut hätte.
„Wir dachten zuerst, du bist tot. Dann erfuhren wir, dass du hier festgehalten wirst. Ich habe ihn angefleht, mich zu dir zu lassen, aber bis heute hat er sich beharrlich geweigert.“
„Oh, Gifu, ich hatte solche Angst. Ich dachte, ich würde dich nie wiedersehen.“ Tränen liefen ihr über die Wangen, während Osgifu sie in die Arme nahm und tröstend an sich drückte.
„Weine nicht, Kind. Du bist so tapfer. Deine Willensstärke hat uns allen die Kraft zum Weitermachen gegeben.“
„Ich hatte schreckliche Angst, Gifu. Ich dachte, er bringt uns alle um.“
„Der Wikinger respektiert Mut, und Mut hast du in großem Maß bewiesen.“ Osgifu lächelte. „Ich glaube, deswegen hat er auch nicht seine Macht demonstriert. Ehrlich gesagt hatte ich damit gerechnet, dass die vergangenen Tage völlig anders verlaufen würden. Du musst bei ihm einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben.“
„Für diesen Eindruck hat er mich teuer bezahlen lassen.“ Sie wischte die Tränen mit dem Handrücken weg. „Er hat mich hier in diesem Gemach brüten lassen, ohne dass ich erfahren habe, wie es euch ergangen ist. Er wusste, das ist für mich fast genauso schlimm wie die Peitsche.“
„Der Mann ist raffiniert.“
„Der Mann ist ein hinterhältiges Schwein, und ich hätte gute Lust, ihm das ins Gesicht zu sagen!“
Osgifu sah sie erstaunt an. „Hast du ihn nicht mehr gesehen, seit er dich hier eingesperrt hat?“
„Nur seine Wachen. Er will mir eine Lektion erteilen, weißt du.“
„Bestimmt wird er bald kommen und dich rauslassen.“
Elgiva seufzte und wünschte, sie könnte daran glauben. Zu wissen, dass er allen anderen die Freiheit zurückgegeben hatte, während er sie immer noch in diesem Gemach festhielt, machte die Gefangenschaft noch schwerer zu ertragen. Hier ging es nicht darum, dass sie einem Verwundeten geholfen hatte, sondern nur darum, dass sie gegen ihn aufbegehrt hatte. Er musste sie nicht schlagen, um ihr zu zeigen, welche Macht er besaß. Seine viel subtilere Methode hatte den gleichen Zweck erfüllt, was sie umso wütender machte. „Wie sehr ich ihn doch hasse!“
„Er hat bewiesen, was er
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