Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
HISTORICAL BAND 295

HISTORICAL BAND 295

Titel: HISTORICAL BAND 295 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Rock Joanna Fulford
Vom Netzwerk:
sträubten sich die Nackenhaare bei dem Gedanken daran, seinetwegen ihr bestes Kleid anzuziehen. Falls er das erwartete, hatte er sich gründlich getäuscht. Für ihn würde sie sich nicht schön machen.
    Plötzlich bemerkte sie, dass sein Blick von ihr zu der Truhe gewandert war, die hinter ihr an der Wand stand. Ohne ein weiteres Wort ging er darauf zu, öffnete den Deckel und betrachtete die Kleider, die sie in der Truhe aufbewahrte. Vor Wut kochend sah sie ihm zu, wie er ein Kleid nach dem anderen herausnahm, kritisch betrachtete und dann aufs Bett warf. Das blaue, das grüne – kein Kleid schien seinen Ansprüchen zu genügen, bis sein Blick auf das goldgelbe mit den bestickten Verzierungen an Halsausschnitt und Ärmeln fiel.
    „Das wirst du morgen tragen.“
    „Ich trauere, also kann ich das nicht tragen.“
    „Morgen wirst du die Frau eines Jarls, und du wirst entsprechend gekleidet sein.“
    „So schnell kann ich die Gefallenen nicht vergessen.“
    „Das erwarte ich auch nicht“, antwortete er. „Aber ich erwarte, dass du dies hier morgen trägst.“
    „Das werde ich nicht.“
    Sein Blick wich nicht von ihr, aber es lag kein bisschen Belustigung mehr darin.
    „Du wirst das tragen, Elgiva, und wenn ich es dir persönlich anziehen muss.“
    Die Erwiderung, so etwas würde er nicht wagen, lag ihr auf der Zunge, doch sie konnte sich gerade rechtzeitig davon abhalten, die Worte auszusprechen. Sie wusste, wenn sie ihn so herausforderte, würde er seine Drohung wahr machen. Stattdessen starrte sie ihn nur an.
    „Sonst noch etwas?“
    „Ja, allerdings.“ Wulfrum zog sie zu sich heran. Sie versteifte sich und sah, wie der belustigte Ausdruck auf sein Gesicht zurückkehrte. „Du kannst dich mit Händen und Füßen sträuben, trotzdem wirst du mich küssen.“
    „Warum sollte ich das, Ihr eingebildeter, unverschäm…“
    Weiter kam sie nicht, da er seinen Mund auf ihre Lippen drückte. Elgiva versuchte, sich ihm zu entziehen, doch es gelang ihr nicht, und so musste sie den Kuss erdulden, den er genüsslich in die Länge zog.
    „Lasst mich los!“, fauchte sie ihn an, als er endlich aufgehört hatte. „Wie könnt Ihr es wagen, mich so zu behandeln?“
    „Ich werde Euch nicht loslassen, und was die Frage angeht, wie ich es wagen kann …“
    Elgiva spürte, wie ihr das Blut in die Wangen stieg. Es lag an der Wärme und Nähe dieses Mannes, am leichten Hauch nach Leder und Moschus. Aus dem Augenwinkel nahm sie deutlicher als je zuvor das Bett wahr, auf dem nun ihre Kleider verstreut lagen. Sollte er noch mehr wagen als nur diesen Kuss, würde sie ihn davon nicht abhalten können. Immerhin kostete es ihn kaum Kraft, sie so festzuhalten, dass sie sich seinem Griff nicht entziehen konnte.
    Wieder küsste er sie, zwang sie mit dem Druck seiner Lippen, den Mund ein wenig zu öffnen. Kaum war das geschehen, wurde aus dem fordernden ein sanfter, gemächlicher Kuss. Elgiva erschauerte, doch sie versuchte nicht länger, ihn von sich wegzudrücken. Ein Gedanke ging ihr dabei nicht aus dem Kopf: Noch nie hat ein Mann mich so geküsst. Kein Mann hatte je diese beunruhigende und doch wohlige Wärme tief in ihrem Inneren erwachen lassen.
    Als er sich abermals von ihr löste, bemerkte sie sein Lächeln und wurde von Entsetzen über ihr eigenes Verhalten erfasst. Dieser Mann war der Feind! Dass sie sich seinem Kuss hingegeben hatte, erfüllte sie mit tiefer Abscheu. Aber schlimmer noch war, dass sie ihm damit einen Anlass zur Belustigung gegeben hatte.
    „Bitte …“
    „Was möchtest du von mir?“ Seine Lippen strichen ganz leicht über ihr Haar, ihr Ohr, ihre Wange.
    Verzweifelt drehte sie den Kopf weg. „Ich will überhaupt nichts von Euch! Ich verabscheue Euch!“
    Wulfrum sah sie nur an, machte aber keine Anstalten, sie wieder festzuhalten. „Gerade eben hatte ich aber einen ganz anderen Eindruck.“
    „Das müsst Ihr Euch eingebildet haben.“
    „Du machst dir selbst etwas vor, Elgiva.“
    „Das ist nicht wahr.“
    „Soll ich es dir beweisen?“
    „Nein! Geht weg!“
    Er lachte laut auf, dann ging er zur Tür. Elgiva sah ihm gebannt nach.
    „Dann sehen wir uns morgen. Gewiss wirst du Verständnis dafür haben, dass du bis dahin weiter in diesem Gemach bleiben musst.“
    Aufgebracht schaute sie sich nach etwas um, das sie ihm hinterherwerfen konnte, entdeckte jedoch nichts Geeignetes. Das Nächstbeste war ein Schemel, der ein Stück weit von ihr entfernt stand. Als sie nahe genug war, um ihn

Weitere Kostenlose Bücher