Historical Band 298
Schulter zu, während sie durch die Tür schritten.
Jane flitzte hinter ihnen her und sagte kein Wort, als alle sich an einen Tisch in der Ecke setzten und den ersten Schluck aus ihren Humpen nahmen.
Sie studierte sie, als wären diese Freunde Duncans, die es sich um den Tisch herum gemütlich machten, eine Lateinaufgabe. Jeder markierte mit den Ellbogen seinen Bereich. Sie sah unter den Tisch. Während sie die Knie züchtig geschlossen hielt, spreizten die anderen die Beine weit.
Ihr gegenüber spreizte Duncan seine Beine so weit auseinander, als säße er zu Pferd. Also öffnete auch sie ihre Knie eine Handbreit. Prompt rutschte die Stoffrolle tiefer und hing jetzt zwischen ihren Beinen. Schnell presste sie die Knie wieder zusammen und sah rasch auf. Aber keiner schaute zu ihr.
Jane stemmte die Ellbogen auf den Tisch und stützte sich auf die Unterarme. So eroberte sie sich ein paar Zoll mehr Platz. Es brachte sie allerdings auch so nahe an Duncan heran, dass sie sich berührten. Aber sie wich nicht zurück. Nein, sie würde sich jetzt nicht wie ein Mädchen in die Ecke verkriechen.
Unter dem Tisch, außer Sichtweite, kreuzte sie die Beine.
„Dieser dürre Bock da ist verlobt“, meinte Henry und deutete mit dem Kopf auf Geoffrey. Dabei kniff er die Schankmagd in den Hintern.
Er sah nicht den Blick, mit dem die Frau ihn bedachte. Aber als sie die anderen Krüge auf den Tisch stellte, bemerkte Jane, dass die Magd ihr direkt in die Augen sah. Sie senkte den Blick, als wäre sie fasziniert von dem Haferspelzen, der in ihrem Bier schwamm.
„Ich kann es kaum glauben“, meinte Duncan. „Ich dachte, du würdest lange genug in Cambridge bleiben, um Kanzler zu werden.“
„Was findet eine Frau wie Mary bloß an dir?“, seufzte Henry.
Jane blinzelte nervös und überlegte, wohin sie flüchten könnte, wenn die ersten Schläge fielen.
Aber stattdessen lachte Geoffrey bloß. „Du bist ja nur eifersüchtig, weil keine Frau dich anschaut. Außer du bezahlst sie.“
Überrascht sah Jane, wie Henry grinste. Die Sprache, die die Männer untereinander gebrauchten, war ihr fremd und schien schwerer zu verstehen zu sein als der Dialekt. Eine Beleidigung konnte einen Kampf oder ein Grinsen nach sich ziehen. Es hing davon ab, wer sie aussprach. Und wie.
„Du vermittelst dem Burschen einen falschen Eindruck von mir“, sagte Geoffrey.
„Weil du so dumm bist, einer Frau in die Klauen zu fallen?“, meinte Henry.
Duncan neben ihr schüttelte den Kopf. „Du bist ein Glückspilz, Geoffrey. Bist einer Frau aus guter Familie versprochen, und sie ist auch noch verrückt nach dir.“ Er prostete ihm zu.
Noch nie hatte sie Duncan von der Ehe sprechen hören. Schwang da etwa eine gewisse Sehnsucht in seiner Stimme mit? Nein, sicher nicht. Er hatte einen Eid abgelegt, hier zu unterrichten. In einer Welt ohne Frauen.
„Und wie lange muss sie auf dich warten?“, fragte Henry.
Geoffrey seufzte. „Bis zum nächsten Frühling. Wenn das Jahr vorbei ist, habe ich meinen Master. Dann kann ich in Carlisle meinen Weg machen.“
„Wenn es Carlisle dann noch gibt“, sagte Duncan grimmig.
Geoffrey und Henry wechselten Blicke. „Tut mir leid“, sagte Geoffrey.
„Das mit deinem Vater“, fügte Henry hinzu.
Sein Vater? Er hatte nichts über seinen Vater gesagt. „Was ist mit ihm?“
Alle drei sahen sie an, und Jane wünschte sofort, sie hätte nicht gefragt.
„Die Schotten nahmen ihn mit“, sagte Duncan endlich. „Jetzt fordern sie ein saftiges Lösegeld für seine Freilassung.“ Dann schüttelte er den Kopf, was wohl hieß, dass er nicht weiter darüber sprechen wollte.
Er wandte sich wieder Geoffrey und Henry zu. „Und wie ist es bei euch?“
„Die Stadtmauern sind stabil“, antwortete Geoffrey.
„Wir wurden verschont“, sagte Henry. „Sie zogen sich in den Norden zurück.“
„Pickering glaubt, ich könnte das Parlament davon überzeugen, die Truppen und die Abgaben, die wir benötigen, zur Verfügung zu stellen.“ Seufzend nahm Duncan einen Schluck aus seinem Krug. „Und auch das Lösegeld.“
Jane riss verwundert die Augen auf. Jetzt lastete also das Schicksal des Vaters und seines ganzen Heimatlandes auf seinen Schultern. Kein Wunder, dass er so düster dreinschaute. Sie wünschte, sie könnte ihm sein Lachen zurückbringen.
„Das wird dir schon gelingen“, meinte Geoffrey. „Du kannst mit Engelszungen reden, falls es nötig ist.“
„Es sollte aber nicht nötig sein“, antwortete Duncan.
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