Historical Band 303
saß.“
Alex grinste genüsslich. „Das war ein schöner Tag.“
„Für dich. Mir zog Mutter die Ohren lang und schimpfte, weil ich mir das Genick hätte brechen können.“
Was waren sie für dumme Jungen gewesen. Unwillkürlich spielte ein Lächeln um seine Lippen.
Sein Bruder lachte. „Es ist gut, dich wieder hier zu haben, Bruder“, meinte er. Bram entgingen nicht der sorgenvolle Klang seiner Worte und die Art, wie Alex seinen abgemagerten Körper musterte. „Wie geht es dir? Brauchst du eine Heilerin?“
Bram schüttelte den Kopf. Die meisten seiner Wunden waren verheilt und hatten nur Narben zurückgelassen. „Mir geht es jeden Tag besser. Ich muss nur wieder etwas trainieren, damit wir Callum befreien können.“
Jetzt schüttelte Alex den Kopf. „Du bleibst hier. Um Callum kümmern wir uns.“
Es kam überhaupt nicht in Frage, dass er zurückblieb. „Wieso? Glaubst du, ich bin zu schwach, um mitzukommen?“
„Aye.“ Alex gab sich keine Mühe, die Wahrheit zu verschleiern. „Du warst sieben Jahre lang eingekerkert. Selbst Dougal könnte dich besiegen, so dünn wie du geworden bist.“
„Dougal?“, er schüttelte empört den Kopf. „Der ist doch erst sieben …“ Er verstummte, als ihm klar wurde, was er gerade über ihren jüngsten Bruder gesagt hatte.
„Vierzehn“, korrigierte ihn Alex.
Die Erinnerung an all die verlorenen Jahre nahmen ihm die Worte. Alle waren sie älter geworden. An Dougal hatte er kaum gedacht. Der Junge war seit seinem vierten Lebensjahr bei Pflegeeltern gewesen. Eigentlich wusste er kaum noch, wie er aussah, und das bekümmerte ihn.
„Ist er wieder zurück?“
Alex nickte. „Er ist drinnen. Ich bring dich zu ihm.“ Bram betrat mit ihm die Halle des Wohnturms. Die Bretter und Gestelle, die sonst als Tische benutzt wurden, waren beiseitegeräumt. Hunde bellten und balgten sich knurrend um herumliegende Knochen. Unvermittelt stieg ihm der muffige Geruch verrottender Binsen in die Nase. Er erinnerte ihn so sehr an den Kerker, dass er erstarrte.
Die Mauern schienen näher zu kommen, und seine Haut fing an zu prickeln. Wenn er die Augen schloss, war ihm, als wäre er wieder dort, läge in Ketten gefesselt im Stroh. Stolpernd wich er zurück und stieß fast gegen Nairna, die ungläubig die Szene betrachtete.
Kaum stand er neben ihr, umfing ihn ihr unverwechselbarer Duft und vertrieb das düstere Gefühl. Am liebsten hätte er das Gesicht in ihren Haaren vergraben und so die bösen Erinnerungen ausgelöscht. Aber er wagte es nicht.
„Ich hau dich zu Brei, du Puddinggesicht! Verdammter Bastard!“, gellte eine Stimme. Die Beleidigungen kamen von einem jungen Mann, in dem Bram kaum noch Dougal erkannte. Auch wenn der Junge ziemlich groß und stark war für sein Alter, hatte er gegen Ross MacKinloch keine Chance, der sich einen Spaß mit ihm zu machen schien. Dougal holte zu einem unbesonnenen Schlag aus, der auch prompt seinen Gegner verfehlte.
„Mäßige deinen Zorn“, warnte ihn Ross. Ein kleines Lächeln huschte über das Gesicht des Älteren. Er griff sich einen Stuhl und verfolgte Dougal.
„Was machen die beiden?“, fragte Nairna mit großen Augen.
„Ross hat jeden von uns trainiert“, erwiderte Bram. „Als wir jung waren, schulte er uns im Kampf mit allen möglichen Waffen. Er weiß schon, was er tut. Dougal passiert nichts.“
„Aber er ist doch noch ein Junge“, protestierte sie. „Er wird ihm wehtun.“
Dougal musste ihre Bemerkung gehört haben. „Ich bin kein Junge mehr“, rief er.
„Doch, bist du“, unterbrach Alex und winkte ihn herbei. „Hast du keinen Willkommensgruß für unseren ältesten Bruder?“
Der Junge machte ein feindseliges Gesicht. „Ich kenne ihn noch nicht einmal. Wieso soll ich ihn willkommen heißen?“ Und damit schnappte er sich ebenfalls einen Stuhl und schlug ihn gegen die Wand, dass er zerbrach. Mit einem Stuhlbein in der Hand ging er jetzt auf Ross los. „Komm zurück und kämpfe mit mir, alter Mann!“
Bram beobachtete die beiden mit unbewegtem Gesicht. Dougals Abweisung hätte ihn nicht überraschen dürfen. Sie kannten einander kaum. Es war schon so lange her. Kein Wunder, dass sein Bruder sich nicht mehr an ihn erinnerte.
Als Bram zwölf Jahre alt gewesen war, wich ihm Dougal nie von der Seite. Der Kleine hatte versucht, an Brams Waffen zu kommen. Er hatte eine Bank quer durch den Raum geschleift und war hinaufgeklettert, um sich die Schwerter zu holen, die er nicht anrühren sollte. Es
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