Historical Band 303
beobachtete, wie er seiner Frau nachblickte, die still davonhuschte.
Sie beugte sich zu Bram hinüber. „Warum essen ihre Kinder denn nicht mit uns?“
„Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich haben sie schon gegessen.“
„War das schon immer so zwischen den beiden?“, fragte sie leise.
Bram zuckte die Achseln, und ihr fiel ein, dass er es nicht wissen konnte. Schließlich hatten die beiden während seiner Gefangenschaft geheiratet.
„Hast du etwas dagegen, wenn ich mich einmal mit Laren unterhalte?“, fragte sie. „Ich würde auch ihre Töchter gerne kennen lernen.“
„Geh nur, wenn du magst. Aber ich bleibe nicht mehr lange. Du findest mich dann im Getreideschuppen.“
Er hob ihre Hand an die Lippen und drückte einen Kuss auf die Handfläche. Sein warmer Mund ließ ihr einen angenehmen kleinen Schauer über den Rücken laufen. Ob sie Bram als Frau wohl gefallen würde?
Sie stieg die Wendeltreppe zum zweiten Stock hinauf. Dort gab es nur zwei Kammern. Aus dem ersten Raum waren Stimmen zu hören. Eine Weile lauschte Nairna dem Geplapper, bevor sie die Tür aufstieß.
Drinnen waren zwei Mädchen, kaum älter als vier Jahre und ein Baby, das vielleicht etwas über ein Jahr alt war. Alle hatten sie Haare, so rot wie Herbstlaub, süße kleine Gesichter und strahlend blaue Augen.
Beim Anblick der hübschen Kinder erwachte so etwas wie Neid in ihr. Eines Tages . Sie musste einfach daran glauben, dass Gott ihre Gebete erhörte.
Laren war dabei, einem der Mädchen die Haare zu bürsten. „Das tut weh, Mama“, jammerte die Kleine.
„Halt still, Mairin, und lass mich deine Haare entwirren.“ Die Frau des Clan-Führers erschien Nairna nicht länger schüchtern und überfordert. Jetzt war sie ganz entspannt und eins mit ihren Kindern.
Als sie Nairna erblickte, ließ sie die Bürste sinken. „Brauchst du etwas?“
„Ich wollte gerne deine Kinder kennen lernen“, erwiderte Nairna und lächelte die Kleinen an. Die jüngste Tochter rannte zu Laren und versteckte ihr Gesicht in ihren Röcken. Die flaumigen roten Haare kringelten sich in wilden Locken um ihren Kopf. Wie gerne hätte Nairna ihre weichen, runden Wangen geküsst.
„Das ist Adaira.“ Laren zog ihre Tochter von ihrem Kleid fort. „Mairin ist meine Älteste.“
Das Mädchen machte einen Knicks, aber man konnte ihr Misstrauen erkennen. Dann ging sie zu ihr und betrachtete sie. „Ich mag dein Kleid nicht.“
„Mairin“, ermahnte ihre Mutter sie. „Sei nicht ungezogen.“
Nairna zog einen Stuhl heran und setzte sich. „Ist schon in Ordnung. Mir gefällt es auch nicht. Aber ich habe nicht viele Kleider.“
„Ich auch nicht“, seufzte Mairin. „Ich wünschte, wir wären mit den anderen fortgegangen.“
„Und warum seid ihr das nicht?“ Die Frage war zwar an Mairin gerichtet, aber sie sah dabei Laren an.
„Unser Vater braucht uns hier“, erklärte Mairin. „Er würde weinen, wenn wir fortgingen.“
Larens Gesicht wurde weich, als ihre Tochter das sagte. „Für euch ist es jetzt Zeit, ins Bett zu gehen. Kommt, und sagt Gute Nacht.“
Sie beugte sich zu den Kindern hinunter und gab jedem einen Kuss. Nairna fiel auf, dass Laren immer noch ihre Handschuhe trug. Gewiss, es war kalt, trotzdem konnte sie sich nicht vorstellen, warum die Frau sie nicht auszog. Außer, sie wollte damit etwas verbergen.
Als jedes Kind im Bett lag, wollte Laren sich mit einem Nicken verabschieden.
„Warte. Ich möchte gerne mit dir sprechen.“ Wenn es eine Antwort gab, dann würde die Herrin von Glen Arrin sie wohl kennen. „Bitte.“
Laren zögerte, gab dann aber doch Nairnas Bitte nach. „Aber nur kurz.“ Sie führte sie einen schmalen Gang entlang in die andere Kammer.
Drinnen hing ein atemberaubend schöner Wandteppich. Seine leuchtenden Farben nahmen Nairna sofort gefangen, doch etwas am Aufbau des Bildes erstaunte sie. Es war eine der üblichen Szenen mit Johannes dem Täufer, doch das Bild schien von innen heraus zu strahlen.
„Hast du das gemacht?“, fragte Nairna. Noch nie hatte sie solch ein Kunstwerk gesehen. Offen gesagt, fand sie es würdig, in einem Palast aufgehängt zu werden.
Laren nickte. „Was wolltest du mich fragen?“ Sie sagte es, als würde sie sich bei dem Gedanken an eine Unterhaltung nicht wohl fühlen.
„Warum haben die Frauen die Burg verlassen?“
„Wegen der englischen Überfälle“, antwortete Laren. „Lady Grizel, Alex’ Mutter, führte sie zu Lord Locharr. Dort fanden sie Unterschlupf. Hier gab es zu
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