Historical Collection Band 01
Eindringlinge, die Eroberer. Ich erkannte es, konnte aber nichts dagegen tun. Ich war Soldat, und Auflehnung gegen meinen Vorgesetzten unvorstellbar, auch wenn ich an der Sache zweifelte. Dann verbündeten sich unsere Erzfeinde, die Franzosen, mit den Amerikanern, was zusätzliche Verwirrung schuf. Erst Jahre später, als wir uns bei Yorktown General Washington ergeben mussten, kam ich dazu, meine Eindrücke, meine Gefühle zu ordnen. Und erst als ich meinen Abschied nahm, durfte ich sagen, was ich dachte, ohne illoyal zu erscheinen.“
„Dann aber hast du deine Meinung ziemlich deutlich geäußert“, erklärte Isabella, die sich erinnerte, dass ihr Vater Ewan als Abtrünnigen bezeichnet hatte.
Ewan zuckte die Achseln. „Und es hat zu nichts geführt. Viele meiner ehemaligen Kameraden schnitten mich, und Mr Gillray zeichnete mich in einer seiner Karikaturen im Kilt, als barbarisch-wilden Schotten.“
„Hättest du nicht Lust, aktiver in die Politik einzugreifen?“, fragte sie.
Ewan schüttelte den Kopf. „Ich halte nichts von Reden und Posieren.“
Die Uhr auf dem Kaminsims, die Fünf schlug, störte ihre Unterhaltung. Erstaunt schauten sie beide auf.
„Wir sollten die Unterbrechung nutzen und vor dem Dinner ein wenig ruhen“, meinte Ewan, ein sündiges Funkeln in seinen Augen. „Mit ein wenig Glück könnte die Nacht recht lebhaft werden.“
Ein erwartungsvoller Schauer überlief Isabella. Was hielten die Schicksalsgöttinnen wohl dieses Mal für sie bereit?
* * *
Z um Dinner wählte Isabella eine schlichte Robe aus zartgrünem Musselin, deren vorn geschlitzter Rock ein weißes Unterkleid sehen ließ.Von den engen, bis zum Ellenbogen reichenden Ärmel rieselte weiter Spitzenbesatz in losem Fall über ihre Unterarme. Eine grüne Schärpe betonte ihre Taille, und ein grünes Seidenband bändigte kunstvoll ihr Haar, aus dem sich eine einzelne rabenschwarze Locke weit über ihre Schulter hinabringelte. Zufrieden betrachtete sie ihr Abbild in dem hohen Spiegel. Ganz naturbelassen, dachte sie lächelnd, in dem Milchmädchenstil, den Königin Marie Antoinette in Mode gebracht hat.
Vor Erwartung und Aufregung angenehm erschauernd eilte sie die Treppe hinab zum Speisezimmer. Ob sie nachher nun gewann oder verlor, sie wollte Ewan wie verrückt vor Begehren sehen.
Im Kerzenlicht und in seinem eleganten Abendanzug wirkte er ganz anders als am hellen Tage. Nicht so umgänglich. Reserviert. Ihr Herzschlag flatterte unruhig wie ein gefangenes Vögelchen im Käfig. In freudiger Vorahnung? Oder wegen einer Empfindung, die sie sich weniger gern eingestehen wollte?
Sie saßen nebeneinander an der ovalen Tafel. Ewan entließ die Lakaien und bediente Isabella eigenhändig. Zu dem Fasan, der schon serviert worden war, trank sie einen leichten Rotwein, er hatte Burgunder gewählt. Gekonnt tranchierte er den Vogel und legte eine knusprige Portion auf ihren Teller.
Zierlich knabberte sie das zarte Fleisch, leckte sich die Finger ab und sog sogar genüsslich daran. Aufreizend der Kontrast ihrer vollen roten Lippen zu dem Weiß der Serviette. Unruhig rückte Ewan auf seinem Stuhl, spürte steigende Erregung. Er konnte nicht anders, als sich ihren Mund, ihre Zunge auf seiner Haut vorzustellen.
„Was wirst du mit mir tun, wenn du heute wieder gewinnst?“, fragte sie, ihm tief in die Augen sehend. Er grinste. „Man sollte sich nie darauf verlassen zu gewinnen, das führt nur zu Enttäuschungen.“
„Also wärest du enttäuscht, wenn ich gewönne?“, neckte sie.
„Damit wäre ich nicht allein.“
„Sir, Sie schmeicheln sich“, erwiderte sie kühl und fühlte gleich darauf, wie er mit fester Hand ihr Kinn umschloss, damit sie seinem Blick nicht ausweichen konnte.
„Ich wenigstens bin zu mir selbst ehrlich, Belle. Ich begehre dich. Sollte ich heute gewinnen, werde ich dich besitzen, und du wirst mir zu Willen sein. Aber was ist, wenn du richtig rätst? Das wird sehr unbefriedigend werden, denn du wirst aus purer Halsstarrigkeit uns beiden kein Vergnügen gönnen.“
Wut im Blick, weil sie die schmerzliche Wahrheit nicht hören wollte, machte sie sich los. „Es wird vielleicht nur dich treffen, weil du, wie ich dir schon erklärt habe, meinem Zweck gedient hast.“ Ungeduldig stieß sie ihren Stuhl zurück und erhob sich. „Komm, lassen wir die Würfel jetzt gleich sprechen. Offensichtlich kannst du ja nicht abwarten!“
Ewan lachte leise und folgte ihr wortlos hinauf in den Salon, wo der Würfelbecher schon
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