HISTORICAL EXCLUSIV Band 14
…“
„Meine Frau und ich werden Ihr Zelt bis mittags geräumt haben. Wir danken Ihnen, dass Sie es uns zur Verfügung gestellt haben. Viel Glück, Bowman.“ Cameron drehte sich auf dem Absatz um, stieg den Hügel hinauf und hörte den Chefingenieur schimpfen. Der Teufel sollte Bowman holen! Die ganze Eisenbahn samt dem stinkenden britischen Empire sollte zur Hölle fahren! Das Einzige, was jetzt für Cameron Bedeutung hatte, war die Aufgabe, Jenny zurückzuholen. Und sollte es ihm gelingen, würde er ihr endlich der Vater sein, der es bislang nicht gewesen war. Mary konnte gern ihren neuen Verehrer heiraten und, wenn sie wollte, ein Dutzend vornehmer Kavaliere um sich haben. Cameron beschloss jedoch, das Recht, mit der kleinen Jennifer Jane zusammen sein zu dürfen, nicht aufzugeben, denn sie war auch seine Tochter. Ganz gleich, was es ihn kosten mochte, welche Opfer er zu bringen hatte, sie sollte merken, dass sie einen Vater hatte, der sie liebte.
Erfüllt von einem bislang nie gekannten, überwältigenden Gefühl, eilte er ins Lager zurück und sah, dass der Emir und die ihn begleitenden Swahili, zwölf Träger sowie sechs Askaris, inzwischen beköstigt worden waren. Die mit schweren Karabinern bewaffneten Soldaten trugen mit Scheschen umwickelte Scheschias und lange, bauschige Kansus über den im Hosenboden geschlitzten Seruels. Cameron vereinbarte mit dem Emir, dass der Aufbruch in einer Stunde stattfinden sollte, betrat dann Bowmans Zelt und traf die Gattin beim Packen an.
Sie hatte nur das Nötigste in den Rucksack getan, um nicht zu viel Gewicht tragen zu müssen. Die übrige Kleidung und die Scheidungspapiere waren ordentlich zu einem Bündel geschnürt, das sie Halil ibn Aybak übergeben wollte. Bei ihm waren die Dokumente gut aufgehoben. Abwartend schaute sie den Gatten an und nahm an, dass er ihr Vorwürfe machen würde, doch er betrachtete sie nur reglosen Gesichtes. Die an den Seiten geballten Hände verrieten indes seine innere Erregung.
Nach einer Weile holte er tief Luft und sagte schroff: „Kommen wir zur Sache, Mary Margaret! Gott weiß, dass ich mir bewusst bin, wie viel du bereits zu ertragen hattest, und ich besser meinen Mund hielte. Aber manche Dinge müssen ausgesprochen werden. Sonst schwären sie und vergiften die Seele.“
Mary rang sich dazu durch, dem kalten Blick des Gatten standzuhalten und in gelassenem Ton zu erwidern: „Also gut, Cameron. Sag, was du auf dem Herzen hast, damit wir es hinter uns haben.“
Finster schaute er sie an.
Sie merkte, dass er kurz vor einem Wutausbruch stand, und fuhr rasch fort: „Tu dir keinen Zwang an, Cameron. Geh härter mit mir ins Gericht, als ich es bereits getan habe. Ich weiß, alles ist meine Schuld. Ich hätte unser Kind nie hierher mitbringen und es dann nicht allein lassen dürfen, auch nicht bei vertrauenswürdigen Menschen. Wenn wir Jenny nicht bald aufspüren …“
„Erspar mir deine Selbstkasteiungen, Mary“, unterbrach Cameron sie scharf. „Sie beeindrucken mich nicht. Außerdem ist es mir einerlei, wer diese scheußliche Situation zu verantworten hat. Jennifer ist verschwunden, und alle Schuldzuweisungen bringen sie nicht zurück.“ Zornig ging Cameron im Zelt auf und ab, blieb dann plötzlich stehen und drehte sich um. „Dich begreife ich nicht, Mary! Wie hast du es fertiggebracht, unsere Tochter nach Mombasa mitzunehmen und mir dann ihre Anwesenheit zu verhehlen?“
Mary ließ sich nicht einschüchtern. „Erstens habe ich sie hergebracht, weil ich keine andere Wahl hatte, und zweitens müsstest du dir denken können, warum ich nichts davon erwähnte. Ich wollte nicht, dass Jenny dich trifft und merkt, wie wenig du dir aus ihr machst.“
„Mary!“
„Leugne es nicht! Du wolltest nie ein Kind mit mir haben!“
Cameron hatte das Gefühl, ihm sei ein Peitschenschlag versetzt worden. „Du hast alles getan, mir Jennifer zu entfremden, mir nie über sie geschrieben und oder gar ein Bild von ihr geschickt. Und bestimmt hast du ihr nie gesagt, das für ihre Erziehung gesparte Geld stamme von mir. Du musstest es beiseite legen, obwohl du darauf angewiesen warst, denn du hattest zu viel Stolz, um dir mit dem Erlös aus meiner Hände Arbeit die Finger schmutzig zu machen.“
Mary war zutiefst getroffen. „Du hättest mir schreiben können!“
„Und du mir erzählen können, dass unsere Tochter in Mombasa ist! Welchen Grund hattest du wirklich, sie von mir fernzuhalten, Mary Margaret? Weil ich nur ein einfacher
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