HISTORICAL EXCLUSIV Band 17
Truppen mobilisiert, und das Ergebnis war der blutigste Tag des Krieges gewesen. Sarah hatte nur ihre Pflicht getan. Die Überzeugung half wenig, wenn sie nachts von Albträumen heimgesucht wurde.
Aufgeregt sprang sie auf und rannte ins Schlafzimmer. Ihr abgenutzter Handkoffer lag unter dem gebraucht gekauftem Messingbett. Sie zerrte ihn hervor, schlug den Staub herunter und öffnete ihn auf der Patchworkbettdecke. Mit fahrigen Händen holte sie dann aus den Kommodenfächern Unterwäsche, Kleider und ihre kleinen Schätze hervor. Aber dann zwang sie sich zur Ruhe. Sie atmete ein paarmal tief durch und kam zu dem Schluss, dass Fortlaufen keine Lösung war. Das hatte sie schon einmal gemacht, vor drei Jahren in Missouri, als jemand sie auf der Straße erkannte. Jetzt war das Gleiche passiert, und es war mehr als wahrscheinlich, dass es auch zukünftig geschehen würde – wo immer sie Zuflucht suchte.
Sarah hatte Gründe, zu bleiben. Minor’s Gulch war ihre Heimat geworden. Sie hatte hier Freunde gefunden. Sechzehn, nein, siebzehn Kindern hatte sie bisher ans Licht der Welt verholfen, als Pflegerin gearbeitet, als die Masern und Scharlach im Städtchen grassierten, und knapp zwanzig Kinder lesen und rechnen gelehrt. Wie konnte sie gehen, wo es noch so viel zu tun gab!
Daran mochte sie überhaupt nicht mal denken. Es war an der Zeit, sich der Vergangenheit zu stellen – und Donovan Cole.
Sie setzte sich aufs Bett und errötete allein bei der Vorstellung, wie nah er ihr gewesen war … hart hatte er nach ihrer Schulter gegriffen und ihr Haar gelöst und hineingefasst. Halb hatte sie sich davor gefürchtet, er könne sie küssen. Dann wäre sie verloren gewesen. Sie hätte nicht länger die Spröde spielen können. Dabei hatte sie so hart dafür gearbeitet, eine anständige Frau zu werden.
Sarah schlug mit der Faust aufs Kissen. Warum musste es von allen Männern auf dieser Welt ausgerechnet Donovan sein! Er sollte verflucht sein! Fluch auch über ihr eigenes verräterisches Herz! Es ließ sich nicht länger leugnen: Damals in Richmond hatten sich ihre Träume um Donovan gedreht, während sie Virgil Geheimnisse entlockte. Der unerreichbare Donovan war ihr Schwarm gewesen, der nicht mal ein Lächeln für sie übrig gehabt hatte. Mit ihm hätte sie kein so leichtes Spiel gehabt wie mit all den anderen Männern. Dafür war er zu stark – und zu schlau. Da hätte sie den Kürzeren gezogen.
Und was diesen Abend betraf – was zählte das schon? Flüchtig hatte er sich zu Sarah Parker hingezogen gefühlt. Lydia hatte er nie gemocht. Zudem war er nicht der Typ, der über Vergangenes hinwegsehen würde. Wenn er sie erkannt hatte, würde er sie zur Rede stellen. Dann brauchte sie allen Mut, um zu bestehen.
Am nächsten Morgen hatte sich der Schneesturm gelegt. Donovan trat vor die Hütte in eine weiße Wunderwelt. Schnee glitzerte auf den knospenden Espen und Raureif auf den dunkelgrünen Kiefern rings um das Blockhaus. In der Ferne funkelten die Berggipfel wie Diamanten vor dem klaren Frühlingshimmel. Es ist wunderschön, gestand sich Donovan widerwillig ein, während er seinen Platz verließ und in den Hof ging. Was immer man über diese gottverlassene Gegend denken mochte, sie war eine Augenweide.
Er riss die Axt aus dem Block, in dem sie steckte, und ließ sie auf einen der unbehauenen Holzstämme niedersausen, dass die Splitter nur so flogen. Hinter ihm lag eine schlaflose Nacht. Daran war nicht nur sein neugeborener Neffe schuld. Jedes Mal, wenn er die Augen schloss, hatte er Lydia vor sich gesehen – Sarah – oder wie sie auch heißen mochte.
Vom Grübeln schwirrte ihm der Kopf. Warum hatte sie ihren eigenen Tod vorgetäuscht und war hierher nach Miner’s Gulch entschwunden? Wieso war sie in Panik geraten, als er sie erkannt hatte?
Daraus ließ sich nur ein Schluss ziehen, und der machte ihn krank. Sie hatte als Spionin gearbeitet! Mit Kriegsbeginn war die charmante Witwe Taggert in Richmond aufgetaucht, bei seinem Ende „gestorben“. Die Bediensteten, die ihm von ihrem Tod berichtet hatten, hatten mit ihr offenbar unter einer Decke gesteckt. Die jungen Offiziere, die ihre Empfänge besuchten, waren ihre naiven Opfer gewesen – auch Virgil …
Lydia. Im Geiste sagte er jedes Mal ihren Namen, wenn die Axt aufs Holz niedersauste. Er hätte es erkennen müssen, dass sie eine Spionin war. Dann könnte Virgil noch am Leben sein. Ihm selbst wären zwei höllische Jahre im Camp Douglas erspart geblieben.
Er
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