HISTORICAL EXCLUSIV Band 17
unerbittlich weiter. „Hast du überhaupt irgendwas für ihn empfunden?“
Sarah schluckte ihre Tränen hinunter. Er wird mich nicht weinen sehen, schwor sie sich. Das würde seinen Zorn sowieso nur verstärken. Sie wollte ihm auch nicht von ihren Träumen berichten – den Albträumen, die ihre schweren Schuldgefühle und Ängste widerspiegelten und die im Laufe der Jahre nicht seltener geworden waren.
„Du hast meinen Bruder benutzt! Virgil hat dich geliebt und dir vertraut. Während du die ganze Zeit …“
„Wir waren im Krieg. Ich tat nur meine Pflicht.“ Trotz aller Bemühungen, ruhig zu bleiben, stieg in Sarah Ärger hoch. Sie hatte auf Verständnis gehofft, vielleicht sogar auf eine Lösung. Aber nun war klar, dass Donovans einzige Absicht darin bestand, sie zu verletzen.
Er brachte sein Gesicht ihrem nahe. Es war verdüstert vor Erbitterung. „Wie viele andere hast du genauso benutzt? Wie viele mussten deinetwegen sterben?“
Spontan rutschte Sarah die Hand aus. Sie traf ihn am Kiefer. Der Schlag hallte wie ein Schuss in dem stillen Raum.
Schockiert sah er sie an. Halb erwartete Sarah, dass er zurückschlagen würde – so hätte jedenfalls Reginald Buckley, ihr vor langer Zeit verstorbener Ehemann – reagiert. Doch Donovan rührte sich nicht. Es zuckte nur um seine Mundwinkel, das war die einzige Reaktion.
Die Sekunden verstrichen, während sie einander mit Blicken maßen wie zwei feindliche Tiere, die in denselben Käfig gesperrt worden waren. Sarah hörte ihn laut atmen. Ihr dröhnte dazu ihr eigener Herzschlag in den Ohren. Sie fühlte sich, als hätte sie Fieber.
Unablässig fixierte er sie mit seinen grünen Augen mit den Sprenkeln. Sein Gesicht war zu einer Maske erstarrt.
Sarahs Brustknospen hatten sich unter dem Kleid verhärtet. Ein scharfer Schmerz durchschnitt ihre Brust. Warum machte er nichts? Er sollte sie rütteln, verfluchen, aus dem Raum jagen, alles wäre besser als dieses versteinerte Verharren, das an ihren Nerven zerrte.
Unter größter Anstrengung fand sie ihre Stimme wieder. „Ich denke, du gehst jetzt lieber“, flüsterte sie.
„Nein, erst will ich alles wissen.“
Sarah trat einen Schritt zurück, um die Entfernung zwischen ihnen zu vergrößern. Sie gab sich große Mühe, die Fassung zu bewahren.
„Ich sagte, ich würde dir deine Fragen beantworten, Donovan. Ich bin nicht bereit, dazustehen und mich von dir einschüchtern zu lassen.“
Mit einem Seufzer wandte er sich wieder zum Fenster um. Er hob die Schultern und ließ sie fallen, während er den glänzenden Himmel betrachtete.
„Wer bist du?“ Er sah sie nicht an, seine Stimme drückte seine innere Bewegung aus.
Sarah betrachtete seinen Rücken. „Mein Name ist Sarah Parker Buckley“, sagte sie mit fester Stimme. „Aber ich spielte die Rollen vieler anderer Frauen. Juliet, Ophelia, Portia, Beatrice, Lady Macbeth.“
„Und Lydia Taggert. Eine Schauspielerin also.“ Er schlug mit der Faust gegen den Fensterrahmen. „Dann war dein süßer Südstaaten-Dialekt also genauso falsch wie alles andere an dir.“
„Ich wurde in New Bedford in Massachusetts geboren und wuchs dort auch auf.“ Sarah sprach, als würde sie von einem Textbuch ablesen. „Mit sechzehn lief ich mit Mr. Reginald Buckley, einem Südstaatler und Schauspieler, auf und davon.“
„Einer von den Savannah Buckleys?“ Die Frage stellte Donovan automatisch, obwohl die alte soziale Ordnung lange nicht mehr existierte.
„Ich denke, bin mir aber nicht sicher. Wir beide, Buckley und ich, waren unseren Familien entfremdet. Er lehrte mich die Schauspielerei. Meist war es Shakespeare. Viele Jahre tourten wir durch den Süden.“
„Und wo ist dein Mr. Buckley jetzt?“
„Tot. Er verstarb wenige Monate vor Ausbruch des Krieges.“ Sarah kam zu dem Schluss, dass es nicht nötig wäre, von seinem Ende zu berichten – dass Reginald beim Streit um eine kesse Indianerhure erstochen worden war.
„Eine Schauspielerin, verdammt! Ich hätte das durchschauen müssen!“ Er kam zurück, um ihr mit blitzenden Augen ins Gesicht zu sehen. „Dies ist jedenfalls deine letzte Rolle, schätze ich, heilige Sarah, Engel von Miner’s Gulch.“
Seine Worte verletzten sie, aber Sarah verbarg den Schmerz unter einer eisigen Miene. „Was du schätzt, zählt nicht. Ich tue, was ich kann, um mit mir ins Reine zu kommen. Dafür muss ich mich nicht entschuldigen, weder bei dir noch bei irgendjemand sonst in diesem Nest.“
Seine Brust bewegte sich, so
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