HISTORICAL EXCLUSIV Band 17
dich gedacht. Ich träume von dir, hast du das gewusst? Niemand kann einen wirklichkeitsnäheren Traum haben – ich habe dich in meinen Armen gehalten … wir haben uns geliebt …“
„Rafe … du verstehst nicht …“, begann Shanna, verstummte aber wieder.
„Sag mir, dass ich aufhören soll, und ich werde es tun. Das oder nichts …“
„Wer war er?“ Shanna richtete sich etwas auf. Sie war noch ganz benommen von dem Wunder der Liebe. Doch Rafe blickte sie finster an. Seine Augen blickten kalt und anklagend.
„Wer?“, fragte sie verständnislos.
„Der Mann, der dich vor mir besessen hat. War es mein Bruder? Oder mein Vater?“
Sie schlug ihm mit aller Kraft ins Gesicht.
„Du kannst dir sparen, die beleidigte Unschuld zu spielen …“, begann er. Da schlug sie ihn auf die andere Wange.
„Du! Du bist der einzige Mann, der mich je berührt hat! Beim letzten Mal hatte ich nichts zu sagen. Das war, als du Fieber hattest … das war kein Traum …“
Rafe schaute sie so entsetzt an, dass sie wusste, er glaubte ihr. Er hatte sie geliebt und es für einen Traum gehalten! Er war im Fieberwahn gewesen! Wie schrecklich, dass er sich nicht an das Wunder dieser Liebesnacht erinnern konnte, als sie ihm ihre Unschuld und ihren wunderbaren Körper geschenkt hatte! Er wurde tiefrot.
„Natürlich heiratest du mich!“ Das war nicht die richtige Art für einen Antrag. Er hatte es auch nicht so sagen wollen.
Shanna stand auf und zog sich so schnell wie möglich wieder an. Die Sachen waren noch nicht trocken, aber das war ihr egal.
„Ich würde dich nicht heiraten, und wenn du der letzte Mann auf Erden wärst“, schleuderte sie ihm entgegen. „Bring mich jetzt nach Hause – oder muss ich den Weg allein finden?“
17. KAPITEL
Shanna holte das wärmste Kleid, das sie finden konnte, aus dem Schrank. Dabei fragte sie sich, wie lange es noch dauern würde, bis sie nicht mehr darauf wartete, dass Tante Lea erschien, um ihr beim Ankleiden zu helfen und ihr die Haare zu bürsten. Oder ihr Trost zu spenden, wenn sie ihn nötig hatte – wie jetzt.
Natürlich heiratest du mich! Rafes Worte gingen ihr nicht aus dem Kopf. Sie hatten sie die ganze Nacht über gequält. Heiraten, einfach so! Als käme keine Absage infrage! Ohne Gefühle und – ohne Liebe. Eine Verpflichtung, durch welche beide für den Rest ihres Lebens unglücklich werden würden, so wie Alexander und Charlotte. Rafes Stolz, der Ehrenkodex, nach dem alle Gentlemen im Süden lebten, verlangte, dass er das Mädchen heiraten musste, dessen guten Ruf er ruiniert hatte.
Draußen wurden Stimmen laut. Sie kamen vom Korridor. Shanna schloss die Tür auf und ging hinaus. Voll Entsetzen sah sie die schreckliche Szene: Rafe und Wayne waren vor dessen Tür am Ende des Korridors. Rafe presste seinen Bruder gegen die Wand. Über eine Wange lief Blut, und Waynes Augen waren verquollen, beinahe geschlossen.
„Du dreckiger, hinterlistiger, feiger Mörder“, brüllte Rafe und versetzte dem Bruder noch einen Fausthieb.
Wayne hielt beide Hände schützend vors Gesicht, aber Rafes Faust donnerte seitlich gegen seinen Kopf. Vorhin hatte Shanna auch Wayne trotzig brüllen hören, jetzt winselte er nur mehr und beteuerte seine Unschuld. Unschuld woran?, fragte sie sich. Dann lief sie zu den beiden Brüdern, um Schlimmeres zu verhüten.
„Rafe, nein! Hör auf! Du bringst ihn um!“ Sie packte ihn am Arm, aber er schüttelte sie ab. Er war wie besessen. Aus seinen Augen blitzte Mordlust.
„Genau das habe ich vor, damit ich dem Land ein Gerichtsverfahren erspare.“
„Dazu kommt es dann, wenn sie dich wegen Totschlags anklagen“, schrie Shanna, aber sie stieß auf taube Ohren.
Rafe riss Wayne hoch und versetzte ihm einen furchtbaren Kinnhaken, sodass dieser in Richtung Treppe durch die Luft segelte. Er wollte sich am Geländer festhalten, doch es gelang ihm nicht. Er rollte die halbe Treppe hinab und blieb fast bewusstlos liegen. Als Rafe ihm nachsetzte, folgte Shanna.
Am Fuß der Treppe standen Alexander und Leon. Abraham und Hannah waren dicht hinter ihnen. Shanna sah das leise Lächeln auf dem Gesicht des alten Dieners. Anscheinend genoss er den Auftritt ebenso wie Rafe.
„Alexander, um Himmels willen, halten Sie sie auf!“, flehte Shanna.
Alexander schaute zu ihr hinauf. Sie war erschrocken über die Kälte in seinen Augen. Den gleichen Ausdruck hatte sie so oft bei Rafe nach seiner Heimkehr gesehen. Die faltigen Wangen waren blass. Er klammerte sich
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