HISTORICAL EXCLUSIV Band 21
von Lady Culpeppers Halskette aufzuklären, betraf. Doch er hatte sich niemals vorgestellt, dass ihr Interesse über den vor ihr liegenden Fall hinausging. Nun erkannte er auf einmal die Bedeutung dieser Leidenschaft. Es handelte sich um einen lebenslangen Traum.
Auf einmal meldete sich wieder sein schlechtes Gewissen. Verzweifelt dachte er darüber nach, wie er einen Weg aus diesem Irrgarten finden könnte. Er versuchte sich einzureden, dass die Verwirklichung ihres Traums nicht von diesem Diebstahl abhing. Es würde andere Fälle geben, auch wenn er zugeben musste, dass wohl keiner so eine Berühmtheit erlangen würde, wie das in dem ruhigen Bath möglich war.
Aber was war mit London? Vielleicht könnte er ihren Onkel oder sonst jemanden dazu überreden, sie dorthin zu begleiten. Ashdowne wusste, dass er seine Schwägerin dazu zu bringen vermochte, Georgianas Gönnerin zu werden, doch er glaubte nicht, dass diese schwache Frau dazu fähig war, die damit verbundenen Pflichten zu erfüllen. Die Vorstellung, Georgiana gleichsam ungeschützt der Londoner Männerwelt auszusetzen, war zu erschreckend, als dass er noch länger darüber nachdenken wollte. Ebenso wenig schien es ihm angeraten, ihre Sicherheit einem gelehrten Großonkel zu überlassen.
Die einzige Person, der er vollkommen vertraute, war er selbst. Sogleich schossen ihm die wildesten Gedanken durch den Kopf. Die verrücktesten Möglichkeiten taten sich ihm auf, obschon er sich bemühte, wieder Boden unter die Füße zu bekommen.
Das schien ihm aber nicht zu gelingen, denn Georgiana fiel sein Schweigen auf. Sie schaute ihn überrascht an. „Es geht Ihnen ja ganz ähnlich wie mir. Wie gedankenlos, dass ich nicht an Ihre eigene Enttäuschung gedacht habe“, sagte sie und tätschelte ihm mitleidig den Arm.
Da er keinen zusammenhängenden Satz zustande brachte, nickte Ashdowne bloß. Er wollte nach Hause, um sich besinnen zu können. Er musste allein sein, das wusste er. In der Gegenwart dieser blauen Augen war es ihm nicht möglich, klar zu denken.
11. KAPITEL
Ashdowne war noch immer ganz benommen, als er am Camden Place eintraf. Er hatte eine bedrückte Georgiana bei ihren Eltern abgeliefert und dann einen kurzen Spaziergang gemacht, der aber auch keine Ordnung in seine durcheinanderwirbelnden Gedanken brachte. Er fühlte sich überdreht und rastlos, so wie jemand, der gerade einen Blitzeinschlag überlebt hat. Oder wie ein Mann, der zwischen Vernunft und Wahnsinn hin und her gerissen ist, dachte er grimmig.
„Ich brauche etwas zu trinken“, rief er Finn zu, als er ins Arbeitszimmer stürmte. Dort ließ er sich auf einem der harten Sessel nieder, ohne die Unbequemlichkeit des Möbelstücks wahrzunehmen.
„Sehr wohl, Mylord“, erwiderte der Bedienstete und eilte ihm hinterher. Er schloss die Tür und trat zur Anrichte, wobei er seiner Lordschaft einen Blick über die Schulter zuwarf. „Wo ist denn die junge Miss? Haben Sie sie sich selbst überlassen?“
Ashdowne runzelte die Stirn. Er war so sehr mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt gewesen, dass er Georgianas merkwürdige Gewohnheit, in seiner Abwesenheit unablässig in Schwierigkeiten zu geraten, vergessen hatte. „Sie hat zumindest gerade keine Verdächtigen“,erwiderte er, ganz so, als ob er eher sich als seinen Diener beruhigen wollte.
Finn antwortete nicht, sondern brachte seinem Herrn ein Kristallglas. Ashdowne bedankte sich und nahm den Portwein, um dann in die Tiefe des Kelches zu schauen, als ob er dort eine Lösung zu finden hoffte. Dann erzählte er zur großen Belustigung seines Dieners die Geschehnisse des Nachmittags.
Finns herzliches Gelächter war eine angenehme Ablenkung. Aber Ashdownes Rastlosigkeit war wohl so offensichtlich, dass der Ire bald zu lachen aufhörte und den Marquess scharf ansah. „Sie hätten dem Vikar die Schuld geben sollen“, sagte er.
„Wofür? Für den Diebstahl?“, fragte der Marquess. Als der Ire nickte, schüttelte er den Kopf. „Hawkins trifft keine andere Schuld, als ein paar Hasstiraden losgelassen zu haben. Außerdem hat er recht, wenn er behauptet, dass die meisten Adeligen Heuchler sind.“ Er schwieg für einen Moment und schaute Finn an. „Er hat sogar geäußert, dass Lady Culpeppers Kette vielleicht nie gestohlen worden ist, sondern dass der Diebstahl fingiert wurde, um das Versicherungsgeld kassieren zu können.“
„Das hat er gesagt?“, erkundigte sich der Diener neugierig, und die beiden tauschten bedeutungsvolle Blicke
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