HISTORICAL EXCLUSIV Band 22
Begleitung zweier Palastwachen und eines Trägers in die Burg Westminster. Kathryn drehte sich noch einmal um und sah Wolf untätig im Bogengang stehen und ihr mit finsterem Blick nachschauen, während der Marquess of Kendal und sein Sohn, ebenso wie die restlichen Männer, wieder aufsaßen und sich anschickten weiterzureiten. Der Ausdruck in seinen Augen ließ Kathryn vermuten, Sir Wolf habe endlich begriffen, dass sie sich vielleicht nie wiedersehen würden. Indem sie den Schmerz des Verlassenseins hinunterschluckte und den qualvollen Wunsch unterdrückte, nur ein einziges Mal noch in Wolfs starken Armen zu liegen, wandte sich Kathryn um und begab sich tiefer ins Burginnere von Westminster hinein.
„Wir wussten nicht genau, wann wir Euch erwarten sollten, Lady Kathryn“, sagte Maude, während sie eiligen Schrittes durch die Flure schritt. „Aber einige Räumlichkeiten sind schon für Euch vorbereitet, und Euch stehen zwei ausgezeichnete Dienerinnen zur Verfügung, die sich um Euch kümmern werden, bis Seine Majestät zurückkommt.“
„Zurückkommt?“ War der König denn nicht hier? Warum hatte er nach ihr schicken lassen, wenn er sich nicht einmal hier aufhielt?
„Ja. Unglücklicherweise ist der König zurzeit abwesend, aber ich nehme an, dass er innerhalb von vierzehn Tagen zurückkehren wird. Dann wird er Euch sicher eine Audienz gewähren.“
Kathryn wollte noch fragen, was König Heinrich eigentlich von ihr wollte, hielt es dann aber für unklug, zuzugeben, dass sie nicht die geringste Ahnung hatte, warum er sie hatte kommen lassen. Sie hielt es für das Beste, ihre Bedenken nicht zu erwähnen und ihren Aufenthalt in London so gut wie möglich zu überstehen. Überdies konnte sie die Zeit auch nutzen, um Rupert ausfindig zu machen. Immerhin, so sagte sie sich, ist dies der Grund, warum ich den ganzen Weg hierher zurückgelegt habe, oder etwa nicht?
Maude führte Kathryn schließlich in ein geräumiges, einladendes Gemach, das verschwenderisch ausgestattet war. Es entsprach nicht Kathryns schlichtem Geschmack, obgleich es große Fenster hatte, von denen aus man einen Hof überblicken konnte, der jetzt am Abend ganz in tiefe Schatten gehüllt war. Wolf hatte sie auf der hofabgewandten Seite des Gebäudes verlassen, sodass sie sicher war, ihn nicht mehr beim Fortreiten sehen zu können.
„Auch der angrenzende Raum steht Euch zur freien Verfügung, Lady Kathryn“, sagte Maude, als sie die Verbindungstür öffnete. „Ohne Zweifel werden die anderen Damen begierig darauf sein, Euch zu begegnen und von Eurer Reise zu hören. Ihr könnt hier Gäste empfangen und tun und lassen, was Ihr wollt. Wir wurden angewiesen, Euch dabei behilflich zu sein, Euch in der Burg wie zu Hause zu fühlen.“
„Habt Dank, Lady Maude“, sagte Kathryn mit einem Seufzer. „Ich bin Euch äußerst dankbar. Aber wer sind …“
„Was möchtet Ihr als Erstes tun? Ein Bad nehmen? Zu Abend essen?“ Maude ließ die zwei Dienerinnen ein, von denen sie vorher gesprochen hatte. Beide waren jung und hocherfreut, ihre neue Herrin zu treffen. Sie verneigten sich ehrerbietig und sagten ihre Namen: Meg und Jane.
„Ein Bad wäre schön“, sagte Kathryn und wünschte sich nur, dass Lady Maude sie nun verlassen würde. Sie fühlte sich schrecklich und wollte alleine sein. Nicht einmal der Gedanke, Rupert bald zu sehen, vermochte ihre Stimmung zu heben.
„Ihre Majestäten haben eine Reihe von Gefolgsleuten und Beratern, die hier in Windermere ansässig sind. Die Hofdamen von Königin Catherine wohnen auch hier, ebenso wie viele Frauen und Töchter der königlichen Ratgeber. Wir haben auch schon eine ganze Menge Catherines hier … so ein hübscher Name.“
„Danke.“
„Ihr werdet einige der Damen morgen selbst treffen, nehme ich an“, teilte Maude Kathryn mit. „Wir haben Euch mit Ungeduld erwartet.“
„Wirklich?“ Kathryn war überrascht. Sie fragte sich, ob hier jeder außer ihr von ihren Angelegenheiten mit König Heinrich wusste.
„Aber ja doch, gewiss“, antwortete Maude. „Seine Majestät teilte uns mit, dass Ihr kommen würdet. Ach, hier ist ja Euer Badewasser.“ Diener trugen mehrere Eimer mit dampfendem Wasser in den Raum und leerten sie in die Sitzwanne, die neben dem Kamin aufgestellt worden war. „Ich empfehle Euch der Obhut Eurer Dienerinnen.“
In Westminster verbrachte Kathryn acht der einsamsten Tage, die sie jemals erlebt hatte.
König Heinrich hatte befohlen, für Lady Kathryn zu sorgen und ihr
Weitere Kostenlose Bücher