HISTORICAL EXCLUSIV Band 23
wagte sie, den Kopf zu drehen und Edmund ein scheues Lächeln zu schenken. Er jedoch hatte es nicht erwidert, sondern sie nur unbewegt angeblickt. Die Stille begann, peinlich zu werden. Seraphina hatte heftig geschluckt. Sie wollte irgendetwas sagen, irgendetwas tun, ehe sie der Mut gänzlich verließ.
„Das Parfüm, das Ihr benutzt habt …“ Plötzlich, unvermittelt hatte Edmund zu sprechen begonnen. „Woher habt Ihr es?“
„Eure Cousine gab es mir, Mylord“, hatte sie unruhig erwidert. „Sie sagte, es sei Euer Lieblingsduft. Ich habe es benutzt, um Euch zu erfreuen.“
„Nun, das hat es nicht getan. Wascht es ab!“
„Mylord?“ Ehe Seraphina die Kälte in Edmunds Augen bemerkte, hatte sie angenommen, er mache einen Scherz.
„Ich sagte, wascht es ab! Seid Ihr begriffsstutzig? Dort drüben auf der Truhe steht eine Schüssel und auch ein Wasserkrug.“
Ihr Gemahl hatte die Laken beiseite geworfen und Seraphina so ungestüm aus dem Bett geschoben, dass sie auf dem Teppich zu Fall kam.
„Aber warum …“ Bestürzt hatte sie sich wieder erhoben und ihr Haar wie einen Mantel um sich gelegt.
„Weil … es zu Euch nicht so gut passt wie zu ihr! Und nun wascht Euch!“
Das Wasser war eiskalt gewesen und das Leinentuch rau, doch sie hatte gehorsam, wenn auch zitternd, ihre Haut abgeschrubbt. Als sie fertig war, ging sie ängstlich zurück ins Bett und war froh darüber, dass sie sich endlich wieder mit den Laken bedecken konnte. Edmund hatte so still mit geschlossenen Augen dagelegen, dass sie sich fragte, ob er wohl bereits eingeschlafen war.
„Mylord …“ Zögernd hatte sie seine Schulter mit den Fingerspitzen berührt. „Ich habe getan, was Ihr gesagt habt …“
„Rührt mich nicht an!“ Er hatte sie so heftig zurückgestoßen, dass er mit dem schweren Ring an seinem Finger ihre Lippe verletzte.
Verständnislos hatte sie die Hand abwehrend vor das Gesicht gehalten. „Mylord … was habe ich getan, um Euch so aufzubringen? Was war falsch …?“, hatte sie angstvoll gefragt.
„Falsch?“ Edmund hatte rau aufgelacht, war aus dem Bett gesprungen und hatte nach seinem Schlafrock gegriffen. „Ihr seid es, die falsch ist, mit Euerm Teufelshaar und Euerm unzüchtigen, ketzerischen Gebahren! Ich werde diese Nacht in der Kapelle verbringen und für Eure Seele beten, und auch für die meine.“
„Seraphina, bist du schon fertig angekleidet für die Ritterspiele?“ Lady Katherines Stimme brachte sie unvermittelt in die Gegenwart zurück. „Ich habe dir …“ Als die Mutter Seraphinas blasses Gesicht bemerkte, hielt sie inne. „Was hast du? Bist du krank?“
„Nein, es ist nichts, Mutter. Ich bin nur ein bisschen müde, das ist alles.“
„Hmm …“ Lady Katherine musterte ihre Tochter mit kritischem Blick. „Du hättest früher zu Bett gehen müssen. Wenn du erst verheiratet bist, wirst du vielleicht nicht mehr so viel Angst haben, den Earl aus den Augen zu lassen.“
„Mutter!“, rief Seraphina empört. „Es hatte gar nichts damit zu tun. Das Kartenspiel machte mir einfach Spaß.“
„Wenn du es sagst …“ Lady Katherine lächelte. „Aber heute Abend solltest du dich wirklich rechtzeitig zurückziehen. Schließlich möchtest du ja morgen besonders gut aussehen. Deshalb habe ich dir auch dieses hier mitgebracht …“
Sie nahm das Bündel aus glänzendem Silbergewebe von ihrem Arm und schüttelte es aus. „Nun? Würde dir das nicht gefallen?“, fragte sie. „Das Gewand hat Anne Boleyn gehört.“ Sie seufzte leise, und ihr Blick schien sich in weite Ferne zu richten. „Manchmal ist es mir, als müsse sie hier plötzlich vor mir stehen. Sie war so voller Leben. Ich erinnere mich noch genau daran, wie sie in diesem Kleid vor dem König tanzte … wie ein silberner Schwan …“
„Das Gewand hat ihr gehört?“ Seraphina erschauerte leicht, als sie über das kostbare, von Silberfäden schwere Gewebe strich. „Aber es ist ja wie neu!“
„Sie hat es nur ein einziges Mal getragen. Dann hat sie es mir geschenkt, als Hochzeitskleid. Sie war immer sehr großzügig zu ihren Freunden.“
„Aber möchtest du es dir dann nicht lieber aufheben?“, fragte Seraphina, denn sie wusste, dass ihre Mutter Anne Boleyn sehr geliebt hatte.
„Nein, ich würde es gern sehen, wenn du darin unter den Augen ihrer Tochter vor den Altar trittst. Es wird dir bestimmt gut passen. Ich war in deinem Alter genauso wie du, dünn wie ein Besenstiel … und sie natürlich auch.“ Lady Katherines
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