Historical Exklusiv Band 06
dreiste Schöne! Dort unten muss Konterbande versteckt gewesen sein, und ich vermute, du wusstest, dass die Keller jetzt leer waren. Für wie dumm hältst du mich eigentlich?"
"Ich halte dich für einen, der eine Frau verführt, die für ihn gesorgt hat, und sich dann von ihr abwendet", erwiderte Rosalind mit leiser Stimme, fuhr dann aber lauter fort, "und für einen, der selbstsüchtig mit Herzen spielt."
"Was zwischen uns gewesen ist, hat damit nichts zu tun. Wenn hier jemand ein Betrüger ist, dann bist du es. Und solange du mir keine Namen nennst, wirst du dieses Haus nicht verlassen!"
"Das wirst du nicht wagen! Mein Ruf – der Gasthof!"
Nick erhob sich. "Ich habe das seltsame Gefühl, dass es deinem Ruf nur dienlich sein kann, wenn die Bürger von Deal erfahren, dass ich dich krummer Sachen verdächtige. Du hast ebenso deine eigenen Ziele gefördert, indem du deinen schönen Körper benutzt hast, um mich mit Blindheit zu schlagen, nicht wahr, du kleine Schwindlerin! Und du hast gewagt zu behaupten, dass du mich liebst!"
"Oh, natürlich habe ich gelogen. Ich muss verrückt gewesen sein, du …"
"Ich ordne hiermit Hausarrest für dich an!" unterbrach Nick sie barsch und hob den Finger wie ein Schulmeister. "Ich mache mir keine Illusionen, dass ich damit gänzlich deine Verbindungen zu den Leuten abbrechen kann, die in den Gasthof kommen, doch es wird als eine nachdrückliche Warnung für alle dienen. Es wird eine Wache hierher abgestellt werden, die dich zumindest von einem gemütlichen Plauderstündchen mit Wat Milford oder deinen Vettern und ihren Spießgesellen abhalten wird. Deine Kammer verbleibt dir für dich, aber du darfst das Haus nur durch den Vordereingang verlassen …" Er warf die Falltür zu. "Und das auch nur, wenn du meine ausdrückliche Erlaubnis dafür auf dein Bittgesuch erhalten hast."
"Das ist nicht dein Ernst! Welches Recht …" Rosalind biss sich auf die Zunge, denn sie erinnerte sich an die Schriftstücke mit dem königlichen Siegel. Sie gaben ihm das Recht zu verhaften, einzukerkern, zu foltern und andere schreckliche Dinge zu tun. Verdammt sei dieser niederträchtige König und sein verlängerter Arm, der Lord Lieutenant von Deal!
"Und wenn du dich nicht an meine Anordnungen hältst, werde ich dich … hmm, etwas näher bei mir unterbringen", sagte er.
Rosalind warf den Kopf in den Nacken. "Lieber werde ich sterben als jemals wieder in deiner Nähe sein!" Diesmal standen echte Tränen in ihren Augen. Trotz all der Lügen, zu denen sie Zuflucht nehmen musste, um Deal zu retten, die Männer und sich selbst, sehnte sie sich doch zwischen allen Ängsten und Schmerzen nach einem Lächeln von ihm, nach seinen Zärtlichkeiten, seinen starken Armen. Auch wenn sie Nick insgeheim zum Teufel wünschte, liebte sie ihn doch.
"Dann verstehen wir uns also", stellte Nick sachlich fest.
"Ja", hauchte sie verzagt.
Er nickte, ging zur Tür und wandte sich noch einmal um. "Denke nicht, dass zwischen uns jetzt alles erledigt ist", warf er hin, ehe er die Tür hinter sich schloss.
Rosalind fiel auf den nächstbesten Schemel, schlug die Hände vors Gesicht. Ihr Kopf sank auf den Tisch, Schluchzen erschütterte ihren ganzen Körper. Erst als Meg und Tante Bess herbeigeeilt kamen und sie liebevoll zu trösten versuchten, beruhigte sie sich ein wenig.
Dem Lord Lieutenant der Festung Deal, Nicholas Spencer, zur geneigten Aufmerksamkeit:
Den neunzehnten Tag des Monats November im Jahre des Herrn 1539 bittet Mistress Rosalind Deland Barlow demütig, Eure Lordschaft möge auf ihr schriftliches Ansuchen gestatten, dass sie das Haus, genannt "Rose und Anker", verlassen darf, um ihre Schwester Mistress Margaret Deland bei dem jährlichen Winterrückschnitt im Arzneiund Kräutergarten zu helfen. Keine andere lebende Seele wird dabei von ihr angesprochen werden ohne Eure hoch geschätzte Genehmigung. Eure baldige Antwort auf diese bescheidene Bitte würde zu tiefem Dank verpflichten.
Postskriptum. Der Bote hat nur die Menge Bier zu sich genommen, die in den diesbezüglichen Anweisungen des Lord Lieutenants vorgesehen ist.
"Zum Teufel!" schrie Nick den armen Mann an, der ihm das Schreiben überbracht hatte. "Nicht schon wieder eines von diesen spitzfindigen Gesuchen! Wird dieses Frauenzimmer denn nie damit aufhören!"
Er winkte den Steinmetz hinaus und warf einen kurzen Blick auf den Brief, ehe er das Papier in eine Ledermappe steckte, die bereits voll von ähnlichen Dokumenten war. In den zwei
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