Historical Lords & Ladies Band 39
fester Stimme: „Meine Selbstachtung hindert mich nicht daran, Selbornes Geld zu nehmen und froh zu sein über die Möglichkeiten, die es mir eröffnet.“
Diesmal verfiel Jack in ein lang anhaltendes Schweigen. Schließlich, sie hatten die Great Portland Street fast erreicht, meinte er: „Fällt es dir denn so leicht, mit deiner Familie zu brechen?“
Jemima seufzte tief auf. „Ich denke, dass wir zwei Mittel und Wege finden werden, auch in Zukunft miteinander Kontakt zu halten. Dass ich Mama eine Zeit lang ohne Nachricht von mir lassen muss, tut mir leid. Aber auch mit ihr werde ich mich gelegentlich treffen können, wenn Papas Zorn erst verraucht ist.“
„Du belügst dich selbst. Papa wird ihr verbieten, dich zu sehen. Er ist ein Mann, dem jede Güte fehlt. Hast du vergessen, dass er kleine Kinder in heiße Schornsteine schickt? Er wird dir nicht so bald vergeben!“
Sie zuckte die Schultern. „Das ändert nichts an meinem Entschluss.“
„Du willst also nicht vernünftig sein. Schade …“ Jack war stehen geblieben und musterte sie nachdenklich. „Manchmal bist du genauso dickköpfig und uneinsichtig wie Papa. Sag, Schwesterchen, möchtest du mich immer noch als Brautführer haben?“
Sie stieß einen kleinen Freudenschrei aus und fiel ihm um den Hals. „Oh ja, Jack. Danke!“
Er drückte sie kurz an sich. „Wenn ich nur nicht so sicher wäre, dass das alles in Tränen enden wird …“
Am nächsten Tag setzten die Geschwister ihr Gespräch fort. „Wenn ich erst in diesem Haus in Twickenham lebe“, begann Jemima, „könnte ich Tilly einmal besuchen.“
„Ach?“ Jacks Gesicht wirkte plötzlich wie versteinert. „Du willst doch dein Geld nicht für sentimentalen Unsinn ausgeben! Himmel, der Kleinen geht es gut. Sie hat ein Zuhause, in dem sie sich wohlfühlt. Sie lebt mit Menschen zusammen, die sie für ihre Eltern hält. Sie kann eine Tante, die sich einmischt, nicht brauchen – ebenso wenig wie einen Vater, den sie nie gesehen hat.“
„Ich möchte mich gern mit eigenen Augen davon überzeugen, dass es dem Kind gut geht.“ Jemima war durchaus bewusst, dass sie hier an alte Wunden rührte. Ihr Bruder sprach nie von seiner Tochter, aber das bedeutete nicht, dass er nicht oft an sie dachte. Er liebte Tilly.
Das bewies auch der Ausbruch, den Jemimas Worte hervorriefen. „Natürlich geht es ihr gut. Sie ist das Mündel eines Adligen und lebt auf seinem Besitz! Sie wird umsorgt und verwöhnt. Ich kann ihr nichts bieten, was sie nicht schon besitzt! Also lass sie in Ruhe!“
„Wie du wünschst. Ich dachte eben …“
Jack unterbrach sie. „Hör auf, nach Gründen zu suchen, mit denen du deine Dummheit, diesen Earl zu heiraten, rechtfertigen kannst. Tu, was du willst, aber mach dir nicht selber etwas vor! Und misch dich nicht in Dinge, die dich nichts angehen. Ich sage es dir zum letzten Mal: Lass Tilly in Ruhe!“
„Wir gehen unnötige Risiken ein, Mylord“, stellte Jemima fest.
Eine halbe Stunde zuvor hatte das Hausmädchen ihr einen Brief von Robert Selborne überreicht, in dem er sie bat, sich mit ihm zu treffen. Und nun saß sie neben ihrem Bräutigam in der Mietdroschke, in der er sie nicht weit entfernt vom Haus ihres Vaters erwartet hatte.
„Man könnte uns sehen“, fuhr sie fort. „Waren wir uns nicht einig, dass unsere Ehe ein Geheimnis bleiben sollte?“
„Ich wollte vor der Hochzeit noch einmal mit Ihnen sprechen. Es wäre mir unangenehm gewesen, Sie schriftlich zur Trauung zu bestellen, zumal sie nicht in einer der Kirchen stattfinden wird, die ich mir für eine solche Zeremonie gewünscht hätte. Bei Jupiter, diese ganze Heimlichtuerei behagt mir sowieso nicht. Aber die Notwendigkeit ist offensichtlich …“
Jemima wurde bei seinen Worten warm ums Herz. Er war so freundlich, so rücksichtsvoll. Und doch konnte dieses Verhalten nicht wirklich von Vorteil für ihre zukünftige Beziehung sein. Sie hatten beschlossen, einander zur Erreichung ihrer Ziele zu verhelfen und dann getrennte Wege zu gehen. Das war leichter, wenn man sich gar nicht erst näherkam. Eigentlich hätte sie darauf bestehen sollen, sofort nach Hause zurückgebracht zu werden.
Stattdessen fragte sie. „Wohin fahren wir?“
„Darüber habe ich nicht nachgedacht. Ich wollte einfach nur mit Ihnen reden. Wir könnten uns eine Zeit lang herumkutschieren lassen.“
„Oder wir könnten gemeinsam etwas trinken, irgendwo, wo niemand uns kennt“, meinte Jemima in einem ungewohnten Anfall von
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