Historical My Lady Spezial Band 1 (German Edition)
Wangen vertiefte sich noch, als sie bemerkte, dass der Duke fast nackt vor ihr stand.
Sein erster Impuls war, schnell in den Morgenrock zu schlüpfen, der auf einem der Sessel lag. Doch dann hielt Hawk inne. Er befand sich immerhin in seinem Schlafzimmer, in das Jane ungebeten eingedrungen war. Warum sollte er also etwas gegen ihre offensichtliche Verlegenheit tun?
Er hob eine Augenbraue. „Ich nehme an, Sie haben einen sehr guten Grund, um meine Morgentoilette auf diese Weise zu unterbrechen.“
Einen Moment lang konnte Jane ihn nur stumm anstarren. Hatte sie denn einen guten Grund? Ihr fiel jedenfalls keiner ein. Sie wusste nicht mehr, warum sie gekommen war. Und Hawk sah so …
Schon in seinen meisterhaft geschneiderten Frackröcken hatten seine Schultern breit und kraftvoll ausgesehen, aber seine nackte Haut zu betrachten war so viel aufregender. Seine Oberarme waren muskulös, dunkle Härchen bedeckten die breite Brust, und das Badetuch umhüllte schmale Hüften.
Hastig hob sie wieder den Blick zu seinem Gesicht. Das frisch gewaschene Haar, das noch feucht war und ihm in die Stirn fiel, nahm ihm viel von seiner Strenge und verlieh ihm etwas Jugendliches, Verwegenes.
Eben noch war es ihr so wichtig erschienen, den Duke zu sehen, bevor er abreiste. Doch nun erinnerte sie sich nicht einmal, was sie ihm hatte sagen wollen!
„Jane?“
Sie schluckte unruhig und versuchte, sich zu erinnern. „Ich möchte, dass Sie mich mitnehmen, wenn Sie heute abreisen, Euer Gnaden!“ Die Worte sprudelten aus ihr heraus, bevor sie darüber nachdenken konnte.
Nach dem Gespräch mit Lady Sulby hatte Jane auf ihrem Zimmer die Briefe ihrer Mutter gelesen. Es waren keine gemeinen oder abscheulichen Briefe, sondern Briefe einer jungen Frau, die ihrem Geliebten das Herz ausschüttete, ihm von dem Kind erzählte, das sie erwartete, und ihm versicherte, dass sie es so sehr liebte wie ihn. Wer immer er war. Denn alle vier Briefe begannen schlicht mit „Mein Geliebter“ und endeten mit „Ewig die Deine, Janette“.
Jane hatte beim Lesen geweint. Um Janette und um Joseph Smith, für den ihre Mutter offensichtlich große Zuneigung empfunden hatte, den sie aber nicht auf die Art hatte lieben können wie ihren verheirateten Geliebten. Und sie weinte um ihren wirklichen Vater, den sie nie kennengelernt hatte.
Später war ihr jedoch ihr Versprechen eingefallen, Markham Park noch heute zu verlassen. Und dass es jemanden gab, der auch heute abreiste und der sie mitnehmen könnte, wenn sie ihn darum bat.
Der Duke of Stourbridge.
Nur dass er heute gar nicht wie der Duke aussah mit seinem noch feuchten Haar und nichts als einem Badetuch um die schmalen Hüften.
„Ich soll Sie mitnehmen?“, wiederholte er ungläubig.
Jane nickte. „Wenn es Ihnen recht ist, Euer Gnaden.“
Ob es ihm recht wäre!
Sie platzte einfach herein, unangekündigt und ohne Rücksicht darauf, ob sie ihn vielleicht störte, und bat ihn dann noch, mit ihm reisen zu dürfen!
Was bezweckte sie mit diesem Verhalten?
Gewiss, Hawk musste zugeben, dass er sich am vorigen Abend impulsiv und unbedacht benommen hatte, Jane in seine Arme zu ziehen. Aber das gab ihr nicht das Recht zu glauben, er könnte eine engere Beziehung zu ihr in Betracht ziehen. Und ganz gewiss nicht, dass er sie mit sich nehmen könnte, wenn er heute abreiste!
Er verzog spöttisch den Mund. „Jane, stellen Sie sich womöglich vor, ich wollte Sie zu meiner Geliebten machen?“
„Nein, selbstverständlich nicht!“ Der Gedanke empörte sie offensichtlich.
Sie sah wunderschön aus in ihrem Zorn. Eine Tatsache, die Hawk zu seinem Ärger nicht entging. Er nahm das Tuch von seiner Schulter, um sich damit das Haar zu trocknen. „Was wollen Sie dann von mir, Jane?“
„Lediglich in Ihrer Kutsche mitfahren. Ich habe eine kleine Summe gespart, falls Sie Geld dafür …“
„Nein, ich verlange keine Bezahlung, Jane! Welcher Art auch immer.“ Seine Stimme klang eisig. „Weil Sie nicht mit mir kommen werden.“ Er warf das Handtuch ungeduldig auf einen Sessel und zog sich jetzt doch den Morgenrock über. „Wie alt sind Sie, Jane?“
„Wie … Ich bin zweiundzwanzig, Euer Gnaden.“
„Tatsächlich?“ Er nickte knapp. „Also alt genug, um zu wissen, dass man nicht unangemeldet in das Schlafzimmer eines Gentlemans stürmt oder, obwohl man ihn in relativ unbekleidetem Zustand vorfindet, ihn dann auch noch darum bittet, von ihm mitgenommen zu werden!“
So gesehen ist seine Annahme, ich wolle
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