Historical My Lady Spezial Band 1 (German Edition)
gewesen? Wenn ja, konnte Jane jetzt wenigstens verstehen, warum Janette seiner Verführung erlegen war. So wie sie Hawk erlegen war …
Wurde sie dadurch zu der Frau, für die Lady Sulby sie hielt? War sie wirklich eine Dirne und Hure?
„Was ist mit dir, Jane?“ Hawk sah, dass sich ihr Gesicht verfinsterte. Warum? Vor Verlegenheit? Oder vor Reue?
Weder das eine noch das andere wollte er hinnehmen.
Er legte beide Hände an ihre Wangen und drehte ihren Kopf zu sich. „Sieh mich an, Jane“, wies er sie fest an, als sie die Lider senkte. „Jane!“, wiederholte er ungeduldig, da sie nicht sofort gehorchte.
Doch sie tat ihm den Gefallen nicht, sondern biss sich nur auf die leicht bebende Unterlippe. „Es wäre besser, Sie ließen mich jetzt allein, Euer Gnaden.“
„Wie kannst du es wagen, mich auf diese kalte, abweisende Art anzureden?“, rief er. „Jane, du siehst mich jetzt an!“ Er packte sie bei den Schultern und schüttelte sie.
Wie könnte sie ihm je wieder in die Augen sehen? Wie könnte sie es ertragen, in das hochmütige Gesicht zu sehen, das sie so liebte, und die Enttäuschung darin zu entdecken, den Abscheu, den er empfinden musste, so wie sie sich unter ihm gewunden und ihn angefleht hatte, ihr Lust zu bereiten?
„Sieh mich an, Jane.“ Hawk spürte, dass sie sich innerlich noch weiter vor ihm zurückzog.
Eben noch hätte er schwören können, dass sie von ihm geliebt werden wollte, aber jetzt kamen ihm Zweifel daran. Sie konnte es ja nicht einmal ertragen, ihn anzusehen! Als würde bereits sein Anblick sie abstoßen! Hatte sie sich seinen Küssen nur gefügt, weil sie nicht stark genug war, um ihn abzuwehren? Oder schlimmer noch, fühlte sie sich ihm verpflichtet, weil er ihr bei der Flucht vor Lady Sulby geholfen hatte?
Der Gedanke, dass dies der Fall sein könnte, erfüllte ihn mit Abscheu.
Abrupt ließ er Jane los und setzte sich auf, das Gesicht dem Kaminfeuer zugewandt, das noch vor Kurzem Janes nackten Leib in verführerisches Licht getaucht hatte.
Hatte er sich ihr etwa aufgezwungen? Hatte sie sich dem Duke of Stourbridge hingegeben, weil sie glaubte, es sei ihre Pflicht, und nicht Hawk, dem Mann, weil sie ihn ebenso sehr begehrte wie er sie?
Gewiss, Jane forderte ihn heraus und widersprach ihm, wenn es ihr gefiel, doch vielleicht war sie eben nicht dazu in der Lage gewesen? Hatte die Kraft seines Verlangens ihr Angst gemacht?
So verwirrend das war, schien es ihm doch die einzig mögliche Erklärung, denn Sie hatte ihn mit „Euer Gnaden“ angesprochen, gleich nachdem er sie auf den Gipfel der Lust gebracht hatte – ein Augenblick, den sie sich jetzt wahrscheinlich nur mit Entsetzen und Abscheu ins Gedächtnis rief.
Entschlossen erhob er sich und zog, den Rücken zu Jane gewandt, sein zerknittertes Hemd an. „Ich denke, du hast recht, ich lasse dich besser allein“, sagte er barsch.
Jane nutzte die Gelegenheit und zog ihre Chemise wieder zurecht. Der dünne Stoff, der sich an ihren Brüsten rieb, machte ihr bewusst, wie empfindlich sie noch von Hawks heißen Küssen waren. Auch die Hitze in ihrem Schoß hatte kaum nachgelassen.
Bedrückt sah sie zu Hawk hinüber, seinem breiten Rücken, dem dunklen Haar mit den goldblonden Strähnen, das in einem ungewohnt derangierten Zustand war. Was wohl auch Hawk aufgefallen sein musste, denn er fuhr hastig mit der Hand hindurch, bevor er in Weste und Jacke schlüpfte und sich umwandte.
Jane zuckte leicht zusammen, als sie seine finstere Miene sah. Er hatte die Lippen fest zusammengepresst, und der Blick aus seinen goldbraunen Augen war wieder so kühl und hochmütig wie eh und je. Jede Spur des geduldigen, aufmerksamen Liebhabers war verschwunden.
Doch sie gestattete sich nicht, Schwäche zu zeigen. Es war gegen ihre Natur, sich von irgendjemandem einschüchtern zu lassen – am allerwenigsten vom arroganten Duke of Stourbridge. „So ist es, Euer Gnaden. Kehren Sie zu den Gästen Ihrer Schwester zurück“, meinte sie leichthin und setzte sich auf. „Ich hoffe allerdings, dass Sie verstehen werden, wenn ich Sie nicht begleite.“
Sie wusste, dass sie ihr Kleid – ihr wunderschönes neues Kleid, das sie vor nur wenigen Minuten achtlos zu Boden geworfen hatte – nehmen und damit ihre Blöße bedecken sollte, aber ihr Stolz ließ es nicht zu. Eben noch hatte Hawk sie ohne jeden Faden an ihrem Leib gesehen, da war es jetzt zu spät, sich wie eine errötende Unschuld zu zieren.
Selbst wenn sie genau das war.
Oder zumindest
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