Historical Saison Band 15
jedem Tag der verging, wurde es ihr klarer, dass Bennett es kaum erwarten konnte, die Insel zu verlassen … und vor allem sie. Und der Grund dafür war nicht schwer zu erraten. Schuld an allem war jener überwältigende Kuss!
Schon bei dem Gedanken daran begann ihr Herz wieder zu pochen und heiße Schauer überliefen sie. Doch sie wusste noch immer nicht, warum Bennett sie geküsst hatte – oder warum sie seine Liebkosungen so leidenschaftlich erwidert hatte.
Was aber auch der Grund gewesen sein mochte, Bennetts Verhalten seitdem ließ keinen Zweifel daran, wie sehr er diese impulsive Tat bereute, und dass er entschlossen war, so zu tun, als sei nichts geschehen.
Und da er es so wollte, würde sie ebenfalls heucheln.
„Mama!“ Wyns Stimme riss sie aus ihren Gedanken. „Was passiert danach? Du hast mitten in der Geschichte aufgehört.“
„Oje, wirklich?“ Gott sei Dank hatte Bennett das nicht mitbekommen. Am vierten Tag ihrer kostbaren Woche, lief ihr Plan, ihm zu zeigen, was für eine gute Mutter sie war, nicht ganz nach Wunsch. „Wo war ich?“
„Die alte Frau hat gerade einen Ochsen getroffen.“
„Ach ja, natürlich.“ Sie unterdrückte ein Gähnen und versuchte, sich an den Rest der Geschichte zu erinnern.
Obwohl sie und Bennett nachts nicht mehr an Wyns Bett wachen mussten, war sie noch immer sehr müde, kraftlos und unkonzentriert. Und jetzt, da der Kleine sich zu erholen begann, wollte er aufstehen und umherstreifen. Es kostete Caroline viel Energie, ihn bei Laune zu halten. Schon ihn zum Essen zu überreden und sein Nickerchen einzuhalten, war ein so großer Kraftakt, dass es mit jedem Tag anstrengender zu werden schien. Allmählich wurde Caroline klar, warum Mrs McGregor oft so schlechte Laune hatte.
Aber sie wusste, dass sie sich nicht beschweren durfte, am allerwenigsten bei Bennett. Sie wollte ihm keinen Vorwand liefern, ihren Sohn schnellstens nach London zu entführen, sobald die Woche vorüber war.
In den letzten paar Tagen hatte sie den Eindruck, eindringlicher von ihm beobachtet zu werden denn je. Wie sehr sie sich auch bemühte, eine bessere Mutter zu sein, Bennetts prüfende Blicke erinnerten sie daran, dass selbst ihre besten Versuche nicht gut genug waren. Zwar sagte sie sich, dass seine Missbilligung sie nicht mehr interessieren sollte, aber in ihrem Innersten gestand sie sich ein, dass es doch so war und auch immer sein würde.
„Und dann sprang das Schwein über den Zaun“, brachte sie die Geschichte zu einem Abschluss, „und die alte Dame kam an jenem Abend doch noch nach Haus.“
Kaum hatte sie das letzte Wort ausgesprochen, da bettelte Wyn schon: „Noch eine Geschichte, Mama. Bitte!“
Das breite Grinsen, seine süßen Grübchen, all das ließ Carolines Schwierigkeiten und Sorgen für den Moment bedeutungslos werden. Es hob ihre Laune zu sehen, wie sehr er sich an ihren Geschichten und Spielen erfreute. Jetzt, da er alt genug war, um Interesse an solchen Dingen zu zeigen, fühlte sie sich eher in der Lage, ihn glücklich zu machen.
Sie nahm seine Händchen und drückte einen Kuss darauf. „Wenn ich dir noch eine erzähle, wirst du dann schlafen?“
„Ich werde es versuchen.“
Drei Geschichten später schien er immer noch nicht bereit zu sein, einzuschlummern, während Caroline schon ganz heiser geworden war.
In diesem Moment schaute Bennett herein. Sauber rasiert und mit frischer Kleidung, sah er so tadellos aus, dass Caroline sich peinlich ihrer eigenen Erscheinung bewusst wurde. Was natürlich albern war, denn sie kümmerte sich nicht im Geringsten darum, ob sie ihrem Mann gefiel oder nicht. Womöglich würde sie nur einen weiteren peinlichen Vorfall provozieren, wenn sie sich herausputzte – so wie jenen verheerenden Kuss.
„Ich glaubte, ich hörte Stimmen. Ist es nicht schon längst Zeit für sein Nickerchen?“
Caroline seufzte. „Ich tue mein Bestes.“
„Ich will nicht schlafen“, protestierte der Kleine. „Ich will nach draußen gehen und die Plätze auf der Insel sehen, von denen du mir erzählt hast. Die Schlösser und Strände und diesen Gimble-Ort.“
Bennett hörte ihm stirnrunzelnd zu. „Du wirst nirgendwohin gehen können, bevor du nicht wieder bei Kräften bist. Und dafür musst du dich ausruhen und gut essen, nur scheinst du keins von beidem so oft zu tun, wie du solltest.“
Schmollend senkte Wyn den Blick.
„Deine Mama wird jetzt gehen, damit auch sie sich ausruhen kann“, verkündete Bennett in einem Ton, der keine
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