Historical Saison Band 15
stand er reglos da, und sie spürte seine innere Anspannung. Die zeigte sich in seinen verkniffenen Lippen, in seinem eindringlichen Blick, der ihre Gefühle zu ergründen schien.
In wachsender Sorge überlegte sie, ob er ihr anmerken würde, dass sie etwas zu verbergen hatte.
„Gefällt dir das Haus?“, fragte er.
„Ja, es ist sehr schön und geschmackvoll eingerichtet, Euer Gnaden.“
Drückendes Schweigen zog sich in die Länge. Verwirrt wartete sie und nahm an, nun würde er ihr vorschlagen, ihm nach oben in ihr Schlafgemach zu folgen.
Stattdessen sagte er: „Ich möchte mit dir reden, Arabella.“
„Reden?“ Ihr stockte der Atem, über ihren Rücken rann ein kalter Schauer. Sie wollte nicht reden. Unwillkürlich schaute sie nach oben, als könnte sie durch die Stockwerke das Schlafzimmer ihres Sohnes im Dachgeschoss des Hauses sehen.
Wenn sie nun mit Dominic sprach – welche Geständnisse mochte er ihr entlocken?
5. KAPITEL
W enn Dominic die Wahrheit herausfand, was würde mit Archie geschehen? Wäre ihr Sohn als Bastard gebrandmarkt, sein Leben, das noch kaum begonnen hatte, ruiniert? Ganz egal, ob der leibliche Vater ihn anerkennen wollte oder nicht …
Falls der Duke erfuhr, was für einen wundervollen Sohn er hatte – vielleicht würde er ihn selbst großziehen wollen oder in die Obhut vertrauenswürdiger Menschen geben. Einer Frau, die er in einem Bordell aufgespürt hatte, würde er ihn sicher nicht überlassen und ihre Erklärungen wohl kaum berücksichtigen. Zweifellos würde er ihr das Kind wegnehmen. Und Archie müsste bei Fremden aufwachsen, die ihn nicht liebten und die Bedürfnisse eines kleinen Jungen nicht verstanden.
Um ihre Angst zu verbergen, zwang sie sich zu einem leisen Lachen, das falsch und hohl klang. „Was gibt es denn zu besprechen, Euer Gnaden? Die wesentlichen Einzelheiten haben wir doch bereits geregelt.“
In seinen dunklen Augen blitzte heller Zorn auf. „Es wäre mir angenehmer, du würdest mich mit meinem Vornamen anreden, Arabella. Und was es zu erörtern gibt … Was ist in den letzten Jahren passiert?“
„Was sich in dieser Zeit ereignet hat, weißt du bereits.“ Angriff ist die beste Verteidigung, dachte sie. „Ich habe Henry Marlbrook geheiratet. Nach seinem Tod zog ich nach London, und Mrs Silver stellte mich ein. Das ist alles, was du wissen musst, Dominic .“
„Ganz im Gegenteil, Arabella, ich muss viel mehr wissen.“
„Was soll ich dir erzählen?“, fragte sie bitter. „Was für ein guter, ehrenwerter Mann Henry war?“
„Besser als ich!“, stieß Dominic hervor. „Das gabst du mir deutlich genug zu verstehen.“
„Tausendmal besser.“
„Du vergisst die Position, in der du dich befindest.“
„Keineswegs, die kenne ich ganz genau.“ Sie sah ihn herausfordernd an. „Willst du mich direkt in diesem Zimmer nehmen? Vielleicht auf dem Sofa? Oder auf dem Teppich vor dem Kamin? Soll ich mich ausziehen?“
„Arabella!“, herrschte er sie wütend an.
Doch sie las einen Schmerz in seinen Augen, der ihre Seelenqualen widerspiegelte. Offenbar verhielt sie sich völlig falsch und riskierte zu viel.
Sie schloss kurz die Augen und sammelte sich. „Verzeih mir“, bat sie dann leise. Als sie die Lider hob, schaute sie ihn nicht an.
„Arabella“, sagte er noch einmal, in sanftem Ton.
Aber sie fand seine Freundlichkeit noch schlimmer als seine Verachtung, denn jetzt erinnerte er sie an den Mann, den sie geliebt hatte. Und genau das wollte sie vergessen …
„Was hast du in diesen letzten Jahren erlebt?“, fragte er erneut.
„Das habe ich dir bereits mitgeteilt.“
„Nicht alles. Und ich wünschte, du würdest mich lückenlos aufklären.“
Ihr Herz hämmerte so heftig gegen die Rippen, dass sie fürchtete, er würde es hören. Achselzuckend schüttelte sie den Kopf und rang sich ein Lächeln ab. Damit hoffte sie ihm zu bedeuten, die Ereignisse jener Jahre wären unwichtig.
Aber er ließ nicht locker. „Als maskierte Miss Noir hast du erwähnt, du würdest deinen ersten Abend in Mrs Silvers Haus verbringen.“
„Ach, die Lüge einer Hure … Wollen die Männer so etwas nicht hören?“ Sie wandte sich ab, presste einen Finger auf ihre Lippen, hasste die Worte, die sie sagen musste … und trotzdem aussprechen würde. Weil sie Dominics Mitleid nicht ertragen könnte und seinen Fragen ausweichen musste …
Er stand einfach nur da.
„Gehen wir nach oben?“, schlug sie vor. Sie wusste, welche Rolle sie zu spielen
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