Historical Weihnachtsband 1991
hängen an Ihnen", bemerkte Matthew.
„Sie spüren, daß ich sie liebe. Phoebe meint, ich sei die geborene Tante."
„Bald bekomme ich ein Schwesterchen oder noch ein Brüderchen", verriet Stella stolz das große Geheimnis.
„Und woher willst du das so genau wissen?" Angelica war überrascht. Vor den Kindern hatte man wohl kaum darüber geredet.
„Tim hat es mir gesagt. Und er behauptet immer, daß große Brüder alles wüßten."
Angelica und Thornton wechselten über den blonden Kopf hinweg erheitert einen Blick, bevor sie gleichzeitig beiseite schauten. Angelica dachte, er tue es, weil er es nicht ertragen könne, freundlich zu ihr zu sein, und empfand einen stechenden jähen Schmerz. Mochte diese aufgezwungene Gesellschaft ihm ebenso peinlich sein wie ihr, so hatten sie doch ganz unterschiedliche Beweggründe dafür. Er schien darunter eher zu leiden, sie kämpfte gegen genau entgegengesetzte Gefühle an.
Nach einer Weile hatten sie Stella soweit, daß ihr zwar die Schlittschuhe nicht mehr Streiche spielten, fahren freilich konnte sie nur mit Hilfe der Großen. So umrundeten sie zu dritt den Teich einige Male. Die Zwillinge versuchten, sich gegenseitig zu übertreffen, um Onkel Matts Lob zu ernten. Phoebe bemerkte die roten Nasen und glühenden Wangen ihrer Kinder und rief sie zu sich. Es sei an der Zeit, Kakao zu trinken, meinte sie.
Stella schien erfreut, wieder in den verhältnismäßig warmen Wagen zurückzukehren. Der Kutscher hatte die Fußziegel heiß gehalten, und die Kleine streckte beide Füße aus, die starren Zehen wieder zu wärmen. Angelica zog die Wagendecke über ihre und Stellas Knie. Da Matthew eben das gleiche für sich und Tim tat, berührten sich zufällig die Hände. Sie gab vor, es nicht bemerkt zu haben, und hielt die Lider halb gesenkt.
Schließlich wandte Angelica sich an ihre Schwester. „Ich muß wirklich schnell nach Hause. Ich habe eine neue Mieterin, und wir sehen uns einem privaten Bürgerkrieg gegenüber."
„Um so mehr Grund hast du, einen friedlichen Abend bei uns zu verbringen", meinte Geoffrey lachend.
Phoebe nickte zustimmend. „Sehr richtig. Außerdem erwartet dich unsere Köchin zum Abendessen."
„Ich habe nicht gesagt, daß ich ..."
„O bitte, Tante Angelica", mischte sich Stella ein und schaute flehentlich zu Angelica auf. „Du mußt mich singen hören. Mama hat mir ein Liedchen beigebracht."
„Und wir haben ein paar Zeichnungen für dich gemacht", versicherten die beiden Buben und nickten einander ernsthaft zu.
„Gut, gut", beschwichtigte sie Angelica. „Aber lange werde ich nicht bleiben können." Sie glaubte förmlich, die Erleichterung zu spüren, die Matthew Thornton bei diesen Worten empfinden mochte.
Zu Hause dann setzte sich Phoebe ans Klavier und spielte eine schlichte kleine Melodie, um Stellas Liedvortrag zu begleiten, und die Zwillinge rannten die Treppe hinauf, ihre Kunstwerke zu holen. So sang zuerst die Kleine und wurde gebührend gelobt, dann belegten Tim und Tom ihre Tante mit Beschlag. Bald darauf war das Abendessen auf dem Tisch, und mit Umarmungen und Küssen verschwanden die Kinder mit ihrer Nanny im Kinderzimmer, um dort ihre Mahlzeit einzunehmen.
Obwohl es kein übermäßig festliches Essen war, übertraf es natürlich das, was Peggy bieten konnte, bei weitem, vor allem im Falle einer Abwesenheit der Hausfrau.
Erstens war Peggy keineswegs eine erfahrene Köchin, und zudem konnte sich Angelica keinen opulenten Speisezettel leisten.
Gleich nach dem Essen wollte Angelica sich verabschieden. Das ließ Phoebe nicht zu.
Geoffrey unterstützte seine Frau, und sie schlug vor, ein Gesellschaftsspiel zu machen. Schon in den ersten Minuten war kaum zu übersehen, daß eine zunehmende Spannung zwischen Matthew Thornton und der jungen Witwe lag, und die Ehegatten wechselten ziemlich ratlos einen Blick.
„Verzeiht, aber ich bin wirklich nicht in der Stimmung, mit euch zu lachen, wenn ich befürchten muß, daß sich zu Hause meine Gäste in die Haare geraten. Ich muß gehen."
„Soll ich Ihnen eine Droschke besorgen?" fragte Matthew sofort.
Trotzig hob Angelica den Kopf. Diese übereilte Dienstfertigkeit bewies deutlich, wie froh er war, sie loszuwerden. Und genau das bewirkte, daß sie ihre Meinung änderte.
„Vielleicht habt ihr recht. Ich sollte nicht immer daran denken", räumte sie ein. „Ein Weilchen bleibe ich eben doch noch."
Die Addams versuchten den Abend zu retten, konnten aber nicht verhindern, daß der Ton
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