Historical Weihnachtsband 1991
Nadel und Faden", lobte Mr. Hart.
Blanche errötete ebenso heftig wie vorhin Zenobia und senkte die Lider bescheiden über einen strahlenden Blick.
Nun erst besann sich Angelica ihrer Hausherrinnenpflicht, trat einen Schritt vor und machte Matthew mit den Leuten bekannt, denen er noch fremd war. Mr. Hart begrüßte Thornton herzlich, und Mrs. Blanche nickte ihm freundlich zu. Angelica bat Matthew an den Teetisch. Die beiden Schauspieler nahmen ihre Plätze wieder ein und setzten die kleine Vorstellung mit Begeisterung fort.
Angelica sah sich unauffällig in dem Kreise der Zuschauer um. Selbst sie konnte nicht leugnen, sosehr sie das bunte Völkchen
auch mochte, daß sie doch recht zusammengewürfelt, absonderlich und beinahe skurril wirkten. Freilich war sie bereit, sie sofort in Schutz zu nehmen, sollte Matthew auch nur ein Wort gegen ihre Pensionsgäste einzuwenden haben.
„Das also sind Ihre . . . Verpflichtungen", sagte er leise.
„Wahrscheinlich kommen sie Ihnen seltsam genug vor. Für mich sind sie gute Freunde, und ich . . ."
„Ich finde sie liebenswert", unterbrach er. „Und ich kann mir nun auch vorstellen, warum Sie ihnen nicht einfach den Rücken kehren und irgendwo ein neues Leben anfangen möchten."
Angelica reichte ihm die gefüllte Tasse und goß sich selber Tee ein. Wieder einmal hatte sich Matthew Thornton ganz anders verhalten, als sie es erwartet hatte. Sie schaute ihn aufmerksam an, ob er sich nicht doch etwa über sie alle lustig machte.
Er aber schien der Darbietung der beiden jungen Schauspieler mit eben solcher Begeisterung zu folgen wie alle anderen um ihn herum.
Mit einem eigenartigen Gefühl der Erleichterung nippte Angelica an ihrem Tee und bemühte sich, ein Gleiches zu tun wie jeder im Raum.
7. KAPITEL
„Wie geht es Jerome?" erkundigte sich Matthew, als die Pferde vor Angelicas Haus anzogen und der Schlitten dahinglitt.
„Wer ist Jerome?" fragten Phoebe und Geoffrey wie aus einem Mund.
„Er ist mein neuester Hausgenosse." Angelica breitete die Decke über sich und Stella, die auf den Schoß der Tante geklettert war. „Nein, eigentlich nur einer der neuen. Denn sein Freund, Frank Lamont, ist auch eingezogen. Er meint, meine Miete sei wesentlich vertretbarer als die seiner bisherigen Wirtin. Zwar hat er weiter vor, zum Theater zu gehen, doch dafür bietet mein Haus einen zusätzlichen Anziehungspunkt in Zenobia Neville."
Angelica lachte, und die Kleine kuschelte sich inniger an sie. „Ich könnte fast glauben, Peggy mischt einen Zauber in ihre Speisen. Jeder im Haus scheint verliebt."
„Jeder?" scherzte Matthew.
Angelica begriff sofort, daß sie einen Fehler gemacht hatte, und verbesserte sich schnell. „Beinahe jeder."
„Matthew", meinte Geoffrey bedeutungsvoll, „du hast wohl auch in letzter Zeit einmal dort gegessen?" Er zuckte zusammen, als seine Frau ihm einen Rippenstoß versetzte.
Angelica zupfte Stellas Kapuze zurecht. Natürlich wußte Geoffrey, daß Matthew verliebt war, denn die Freunde hatten von früher her immer schon ihre Geheimnisse geteilt. Phoebe dagegen dachte wohl an die gelöste Verlobung der Schwester und wollte ihr eine peinliche Situation ersparen, wo doch von einer anderen Frau in Thorntons Leben die Rede war.
„Seltsam, daß wir so spät noch ausfahren", stellte nun Tom fest.
„Schaut nur, wie dunkel es schon wird", bemerkte Tim. „Wir werden heute später ins Bett gehen als sonst."
„Wir wachsen eben sehr schnell", sagte Stella mit betont ernster Miene. Dabei umarmte sie zärtlich den Teddybären, den sie erst heute zum Geburtstag bekommen hatte, und drückte ihm einen Kuß auf die weiche Schnauze. Die Großen mußten lachen, und Angelica zog Stella enger an sich.
„Ich wollte", seufzte Phoebe, „ich wollte, es ginge ein wenig langsamer, so, wie ihr heute seid, so solltet ihr bleiben."
„Vorsicht", mahnte Tom ernsthaft. „Man muß mit Wünschen am Weihnachtsabend sehr vorsichtig sein."
„Sie gehen nämlich manchmal in Erfüllung", setzte Tim altklug hinzu.
Phoebe, die Tim auf den Knien hatte, küßte ihn, und Geoffrey legte die Wange gegen die Toms, der auf des Vaters Schoß saß.
„Und Sie, Angelica", fragte Matthew unerwartet, „würden Sie sich auch wünschen, alles sollte so bleiben, wie es heute ist?"
„Mit einer Ausnahme, ja, vielleicht." Dann verstummte sie. Wie hätte sie auch zugeben können, daß sie sich so brennend wünschte, Matthew könnte ihr seine Liebe wieder zuwenden. Glücklicherweise fragte
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