Historical Weihnachtsband 1993
Gesetzes.
„Matthew, warum gerade ein Richter?"
Er zuckte mit den Achseln. „Ich konnte nichts anderes, als mit einem Schießeisen umgehen. Und es gab Leute genug, die dafür bezahlten, wenn man derlei Fähigkeiten in ihren Dienst stellte."
„Bezahlen? War es das, was dich an der Sache lockte? Bezahlen, wenn einer andere erschießt?" Tränen stiegen ihr in die Augen, und sie wischte sie hastig weg. „Hast du Vater so schlecht zugehört? Ob du außerhalb des Gesetzes stehst oder auf seiner Seite, solange du mit der Waffe in der Hand lebst, läufst du Gefahr, durch eine Waffe umzukommen." Ihre Worte waren kaum mehr als ein Flüstern.
Er spürte, wie die Kräfte ihn zu verlassen drohten. Hatte er gegen sich nicht hundertmal dasselbe Argument selbst ins Treffen geführt? Er war es so müde, seine Berufswahl immer wieder rechtfertigen zu müssen. Und doch war er Laura eine Antwort schuldig.
„Ich habe nie daran gezweifelt, wie ich einmal sterben würde, Laura", sagte er müde. „Es gibt viel zu viele Revolverhelden, die nur darauf warten, mir zu beweisen, daß sie besser sind als ich, schneller und härter. Aber ich habe nun einmal diese Aufgabe übernommen." Er lehnte sich erschöpft gegen die Wand und verwünschte die Schwäche, die ihn überfiel.
Laura bemerkte, wie er plötzlich erblaßte, und empfand Reue. „Es tut mir leid, Matthew, es steht mir nicht zu, dir wegen deines Berufes Vorwürfe zu machen.
Komm!" Sie faßte seinen Arm und stützte Matthew, half ihm, in das Zimmer des Vaters hinüberzugehen. Nur zu deutlich spürte sie unter den Schmerzen seine Niedergeschlagenheit wegen des Rückfalles.
„Ich brauche meine Kraft und muß einen klaren Kopf haben", stieß er zwischen den Zähnen hervor, „diese Kerle . . ."
Ihr drohte das Herz auszusetzen. „Sind es denn mehrere? Mehr als einer?"
„Vier", murmelte er tonlos und schloß die Augen. „Sie sind die letzten einer Bande von Desperados, die plündernd und mordend durch Arizona Territory gezogen ist."
Eine Welle der Verzweiflung schlug über Laura zusammen. Es war demnach noch viel schlimmer, als sie es sich vorgestellt hatte. Es ging nicht nur um einen einzigen Revolverhelden, der Matthew auflauerte, sondern um deren vier. Der Vater hatte also doch recht behalten. Seine warnenden Worte klangen in ihr nach. Wehe der Frau, die töricht genug war, ihr Herz an den falschen Mann zu verschenken!
Während sie Matthew half, sich auf das Bett zu legen, bemerkte sie, wie er ganz selbstverständlich die Waffe umklammerte, bevor er in einen unruhigen Schlummer fiel.
„Wo willst du hin?" Laura blickte von dem Teig auf, den sie knetete, und sah, daß Matthew die alte Jacke des Vaters vom Haken nahm.
Er schlüpfte hinein und atmete den feinen weiblichen Geruch ein, der daran zu haften schien, da Laura sie getragen hatte. „Ich dachte, ich sollte einmal nach meinem Pferd schauen, das draußen im Stall steht."
„Dem Hengst fehlt es an nichts, er bekommt sein Futter und frisches Wasser, aber du solltest dir deine Kräfte sparen."
„Danke. Aber ich möchte trotzdem zu ihm." Er fragte dann besorgt:
„Bist du ganz sicher, daß ihn der alte Judd nicht bemerken wird, falls er auf dem Rückweg wieder vorbeikommt?"
„Der kommt vor nächstem Sonnabend nicht wieder." Sie lachte. „Neulich wollte er gerade in den Stall, als ich mich praktisch dazwischen stürzte und ihn am Hineingehen hinderte."
Matthew Braden stimmte in ihr Lachen ein. „Du warst nie eine geschickte Lügnerin, wenn ich mich recht erinnere."
„Daran war Vater schuld. Er hat mich in der Überzeugung erzogen, daß die Lüge eine Erfindung des Teufels sei."
Im Vorübergehen hielt Matthew kurz inne und streichelte Lauras Kinn. Nachdenklich sagte er leise: „Einmal im Leben hat sich
dein Vater da geirrt."
Sie schaute fragend zu Matthew auf.
„Des Teufels Erfindung war die Frau." Mit diesen Worten ging er an ihr vorüber und riß die Tür auf. Laura fröstelte in dem Schwall eiskalter Luft, die hereindrang, bevor er die Tür hinter sich zuschlug.
Dann trat sie ans Fenster und blickte ihm nach, als er über die verschneite Fläche zum Stall hinüberschritt.
Als Matthew wenig später zurückkam, hatte sie schon den Tisch gedeckt, und er schnupperte. „Es riecht wunderbar."
„Weil Sonntag ist, habe ich mir überlegt, daß ich uns etwas Besonderes zum Abendessen machen könnte."
Er zog die Jacke aus und nahm den breitkrempigen Hut ab, goß Wasser in eine Schüssel und wusch sich die
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