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Historical Weihnachtsband 1993

Historical Weihnachtsband 1993

Titel: Historical Weihnachtsband 1993 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PATRICIA POTTER , Nora Roberts , RUTH LANGAN
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rastlos mit den Bändern des Hutes, glättete die Röcke und beschäftigte sich von neuem mit der Borte.

    Die langgestreckte Auffahrt wurde von Eichen gesäumt, an denen sich schon die winzigen zartgrünen Blattknospen abzeichneten. So weit das Auge reichte, breitete sich gepflegter Rasen aus. Hier und dort blühte bereits ein einzelner wohlbeschnittener Strauch. Endlich erhob sich auf einer sanften Hügelkuppe das Herrenhaus.
    Alanna war sprachlos beim Anblick des imponierenden Gebäudes in strahlendem Weiß. Die Fassade wirkte durch ein Dutzend schlanker Säulen besonders hoheitsvoll.
    Ein breites zweiflügeliges Portal prunkte in der Mitte. Frühjahrsblumen wuchsen in großen Amphoren zu beiden Seiten der Steinstufen, die zu den Doppeltüren hinaufführten, deren kleine Scheiben in der hellen Sonne glitzerten.
    Alanna war sehr überrascht, als sie das prächtige Herrenhaus erblickte. Sie mußte all ihren Stolz und ihre Willenskraft aufbieten, um nicht dem Kutscher zuzurufen, er möge wenden und die Pferde in die Richtung antreiben, aus der sie gekommen waren. Denn was suchte sie, Alanna Murphy, an diesem Orte? Wie sollte sie Worte finden in Gegenwart von Menschen, die in solcher Umgebung lebten? Mit jedem Schritt der Pferde schien sich die Kluft zwischen ihr und Ian zu erweitern, zu vertiefen.
    Noch bevor die Kutsche an der Biegung der halbrunden Auffahrt zum Stehen gekommen war, trat eine Frau aus der Tür und schritt die Stufen herunter. Ihr Kleid in blassem Maigrün, mit elfenbeinfarbener Spitze besetzt, bauschte sich im Wind.
    Ihr Haar war von leuchtendem Rot und im Nacken schlicht aufgesteckt.
    Kaum war Alanna mit der Unterstützung eines livrierten Dieners dem Wagen entstiegen, als die Dame mit ausgestreckten Händen herzueilte.
    „Meine liebe Mrs. Flynn, Sie sind so schön, wie ich Sie mir vorgestellt habe." Der leicht kehlige Akzent erinnerte schmerzhaft an Ian MacGregor. "Aber ich darf Sie doch "Alanna' nennen, denn mir scheint, wir werden schnell Freundinnen." Sie ließ Alanna nicht erst Zeit, etwas zu erwidern, sondern zog sie lächelnd in die Arme. „Ich bin Ians Tante Serena. Herzlich willkommen auf Glenroe!"
    „Lady Längsten", begann Alanna. Sie kam sich schrecklich staubig vor und eingeschüchtert. Serena lachte bloß und zog ihren Gast mit sich zu den Stufen hin.
    „Hier bei uns braucht man keine Titel, es sei denn, man kann Nutzen daraus ziehen.
    Ich hoffe, Sie haben eine angenehme Reise gehabt."
    Ja doch." Alanna war es, als trüge sie ein kleiner, rothaariger Wirbelwind mit sich davon. „Ich habe Ihnen zu danken. Es war sehr großzügig von Ihnen, mich einzuladen und als Gast in Ihr wundervolles Haus aufzunehmen."
    „An mir ist es, dankbar zu sein." Lady Serena blieb auf der Schwelle stehen. „Ian bedeutet mir nicht weniger als meine eigenen Kinder. Kommen Sie, ich bringe Sie in Ihr Zimmer! Gewiß wollen Sie sich ein wenig erfrischen, bevor Sie die übrigen Familienmitglieder beim Tee kennenlernen. Das heißt, wir lassen natürlich nicht diesen verwünschten Tee servieren, sondern Wein und Brandy", fuhr sie unumwunden fort.
    Beim Eintritt in die Eingangshalle mit der hohen Decke und dem doppelten geschwungenen Treppenaufgang staunte Alanna wieder. „Nein, natürlich keinen Tee", antwortete sie dann leise und ließ sich von der Lady am Arm über die rechte Treppe hinaufführen. Plötzlich drangen Rufe, Geschrei und ein handfester Fluch aus dem Inneren des Hauses.
    „Meine beiden Jüngsten", stellte Serena Längsten ungerührt fest und ging weiter.
    „Sie balgen sich immer wie junge Hunde."
    Alanna saß ein Kloß in der Kehle. „Wie viele Kinder haben Sie, Lady Längsten?"
    „Sechs." Serena geleitete Alanna einen Korridor entlang, vorbei an pastellhellen Tapeten und über dichte Teppiche. „Es sind Payne und Ross, die dieses Getöse machen, die Zwillinge. Eben prügeln sie sich noch windelweich, und gleich darauf schwören sie einander hoch und heilig, den Bruder bis zum letzten Blutstropfen zu verteidigen."
    Obwohl Alanna etwas poltern und splittern hörte, zuckte die Lady nicht einmal mit der Wimper, sondern öffnete die Tür zu einer Zimmerflucht. „Ich hoffe, daß Sie sich hier wohlfühlen werden", sagte sie. „Und wenn Sie etwas brauchen, lassen Sie; es uns wissen."
    Was könnte mir hier schon fehlen, dachte Alanna und war sprachlos. Allein das Schlafzimmer war mindestens dreimal so groß wie das ihre daheim. Jemand hatte frische, duftende Frühjahrsblumen in Vasen gestellt.

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