Hitzetod
grinste.
»Und Sie können mich mal am Arsch lecken«, brummte Wilkinson, nicht gerade leise.
Bonner tat, als hätte er es nicht gehört. »Wir haben keine Zeit rumzutrödeln, Bob. Wir müssen diese Kleine finden; hier ist schnelles Handeln gefragt.«
»Ich wette, Ihrer Freundin würde dieses Vorgehen gefallen. «
»Meinen Frauen gefällt alles an mir.«
»Selbstredend, Sir.«
Bonner stieg mit großen Schritten die Stufen aus der Unterführung hinauf, gefolgt von Wilkinson, der dem Herrgott dafür dankte, dass sein Dienst bei der Polizei bald zu Ende war.
Delaney blickte sich in Jenny Morgans Zimmer um. Es war spärlich möbliert, ordentlich. Keine Poster von Boygroups an der Wand. Keine pinkfarbenen, langmähnigen Ponys, kein glitzernder Modeschmuck. Keine Schilder mit der Aufschrift »Bitte draußen bleiben«. Keine Notizbücher mit Gekritzel auf dem Umschlag und »Ich liebe dies« oder »Ich liebe das«. Keine Fotos von Pferden oder besten Freundinnen, die sich in Passfotoautomaten umarmen. Keine Schmuckkästchen oder Spieldosen oder herumliegenden Kleider. Keine mit oder ohne Bedacht in Regale einsortierten Bücher, kein CD- oder DVD-Player. Nur ein Bett, zwei Schränke und ein ordentlich auf dem Boden ausgelegter Läufer. Es hätte auch ein Zimmer in einem Wohnheim sein können oder in einem Nonnenkloster. Nichts deutete darauf hin, dass es sich hier um das Schlafzimmer eines zwölfjährigen Mädchens handelte. Auf einem Schreibtisch vor einem kleinen Fenster, das auf den Hof ihres Vaters hinausging, stand ein kleiner Laptop.
Delaney öffnete die Schränke und ging die Schubladen durch. Kleider, alte Geburtstagskarten. Referatmappen aus der Schule. Aber keine Briefe, keine Tagebücher, keine brauchbaren Hinweise auf die Persönlichkeit des Mädchens. Vielleicht hatte sie keine. Vielleicht war sie ein ebenso leeres Blatt wie ihr Schlafzimmer es zu sein schien.
Er schaltete den Computer ein. Wie erwartet, war ihr Desktop leer. Sämtliche Dokumente oder Bilder waren gewissenhaft im richtigen Ordner, in der richtigen Datei abgelegt. Als er von unten Stimmen hörte, schaltete er den Computer aus und nahm ihn unter den Arm, während er sich noch einmal prüfend im Zimmer umsah, um sich zu vergewissern, dass er auch nichts übersehen hatte.
Unten sprach Sally mit Jake Morgan, Howard Morgans älterem Bruder. Er war Ende vierzig, hatte dieselben dunklen Augenbrauen und war ebenso kräftig gebaut wie sein Bruder, aber acht oder zehn Zentimeter größer, und die Ölflecken in seinem Gesicht wirkten eingebrannt wie Tätowierungen. Unter einer Latzhose trug er ein schmuddeliges T-Shirt, seine massigen Arme hingen locker herab, und beim Anblick der schlaffen Gesichtszüge des Mannes erklang in Delaneys Kopf unweigerlich eine Melodie sich duellierender Banjos.
Jake runzelte die Stirn, als er sah, was Delaney in der Hand hielt. »Was haben Sie da? Das ist Jennys.« Obwohl er langsam sprach, als strengte es ihn an, diese einfachen Worte zu formulieren, nahm Delaney dennoch die Drohung darin auf.
»Wir müssen Jenny finden, Jake. Sie wissen, dass wir deswegen hier sind.« Sally lächelte den korpulenten Mann freundlich an. »Das ist Detective Inspector Delaney. Wir müssen ihren Computer mitnehmen, um zu sehen, ob er uns helfen kann, sie zu finden.«
Jake wandte sich nervös seinem Bruder zu. »Wir haben ihn nicht gestohlen, stimmt’s, Howard?«
Morgan warf Delaney einen schuldbewussten Blick zu. »Wir haben ihn nicht gestohlen.«
»Uns ist egal, woher der Computer kommt; uns interessiert nur, was Jenny möglicherweise darauf geschrieben hat.«
»Jemand hat ihn uns als Bezahlung für einen Job gegeben.«
»Schon gut, Howard.« Sally lächelte wieder, und Delaney ertappte sich bei dem Gedanken, dass sie einen Job als Model bekommen sollte: das lächelnde Gesicht der Metropolitan Police. Etwas, wofür er selbst garantiert nie in Frage käme.
»Sie und Ihr Bruder müssen alles, woran Sie sich erinnern, im Geist noch einmal für mich durchgehen, Jake«, sagte er. »Alles in Bezug auf gestern, auf das letzte Mal, wo Sie Jenny gesehen haben.«
Jake nickte, seine Erregung zeigte sich in der Art, wie er die Fäuste ballte. Der Stoff des T-Shirts spannte am Bizeps und ließ die Tätowierungen an seinen Unterarmen hervortreten. Unterarme wie Baggerschaufeln, dachte Delaney. Mit solchen Armen konnte ein Mann viel Schaden anrichten.
»Ich wohne die Straße rauf.« Jakes Stimme war so träge wie flüssiger
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