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Hitzetod

Hitzetod

Titel: Hitzetod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Pearson
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geworden wie alle, die in ihrem Leben mehr als eine kurze Zeit mit ihm verbracht hatten. Doch am helllichten Tag war dieser Fluss etwas ganz anderes. In der Luft lagen die Geräusche von Touristen, Wildtieren, Ruderern in ihren Skiffs und Skullern, von Motorbooten, die leise durchs Wasser tuckerten, von zärtlichen Verliebten, die in einiger Entfernung lachend über den Fußweg schlenderten. Bei Tageslicht schienen die Ufer näher beieinander zu liegen, und das Mauerwerk der nächsten Brücke war in sanftem Grau und nicht in bedrohlichem Schwarz gehalten. Das Sonnenlicht funkelte auf der Wasseroberfläche. Die Tiefen darunter wirkten beruhigend und einladend. An einem Tag wie diesem, wo die Sonne wie ein reinigendes Feuer brannte, blickte der menschliche Geist in seine Vergangenheit zurück, bereit, ins Wasser zu gleiten, um wiedergeboren zu werden. Wiedergeboren in dem kühlen, uralten Wasser als wunderschönes Wesen, das sich in allen Elementen gleichermaßen geschmeidig bewegt.
    Doch das, was da am Ufer lag, würde nie wieder schwimmen gehen, nie wieder schimmernd durchs kühle Nass schießen, und, um ehrlich zu sein, als schön hatte es auch nie gegolten.
    Delaney drängte sich grob durch eine Menge von Gaffern, und als er sich unter dem gelben Polizeiabsperrband hindurchduckte, verzog er kurz das Gesicht, denn seine Nackenmuskeln machten sich schmerzhaft bemerkbar. Gefolgt von einem belustigten Bonner ging er zu der Gruppe von Kriminaltechnikern hinüber, die mit der Spurensicherung beschäftigt waren.
    »Sie werden alt, Cowboy.«
    »Von Tag zu Tag.« Überrascht nahm er die Anwesenheit von Kate Walker zur Kenntnis. Henley lag am Arsch der Welt, und obwohl ihr Akzent sich so glatt in die allgemeine Geräuschkulisse einfügte wie eine Gurkenscheibe in ein Sandwich, war sie arbeitstechnisch gesehen doch ein Stadtkind. Nur bis zur Stadtgrenze.
    »Nicht ganz Ihr Zuständigkeitsbereich, Dr. Walker, oder?«
    »Man hat mich gebeten.« Kate wandte sich wieder dem Ding zu, das an der seichten Stelle angespült worden war. Die Zeit im Wasser hatte Billy Martin nicht gutgetan. Seine Leiche war aufgedunsen und die Haut lose und grau; mit einem kräftigen Handgriff hätte man sie glatt von seinem Körper abstreifen können.
    »Zum Glück für uns hatte er seinen Ausweis dabei. Nicht mal seine Mutter würde ihn so wiedererkennen.«
    Delaney, der ihr zusah, empfand weder Mitleid noch Verlust, als Kate den Kopf der Leiche behutsam auf eine Seite neigte. Er war zur Polizei gegangen, um Menschen wie Billy Martin wehzutun. Nicht physisch, aber auf jede andere erdenkliche Art. Um ihm und seinesgleichen Einhalt zu gebieten. Martin war ein Zuhälter, ein Vergewaltiger, einer, der sich die Not anderer zunutze machte, und Delaney hätte ihm nicht einmal einen verpissten Bindfaden zugeworfen, um ihn vor dem Ertrinken zu retten. Was er empfand, als er auf Billy Martins geschundenen Körper hinabblickte, war Enttäuschung. Zwischen seinem Tod und dem seiner Schwester Jackie Malone bestand ein Zusammenhang, dessen war sich Delaney gewiss, und alles, was Billy Martin an Geheimnissen zu erzählen gehabt hätte, war jetzt vor Delaneys Überzeugungskünsten sicher. Delaney befasste sich mit den Lebenden; nun war es an Kate Walker, Martins innerste Winkel zu erforschen und festzustellen, welche Geheimnisse, falls es denn welche gab, der aufgeblähte Körper barg.
    »Was haben Sie bis jetzt?«
    Ins immer noch strahlende Sonnenlicht blinzelnd schaute Kate zu Delaney auf. »Man hat ihn mit Kleiderbügeldraht gefesselt. Hände und Füße. Und dann ins Wasser geworfen.«
    »Lebendig?«
    Kate nickte grimmig. »Anfangs ja.«
    »Es heißt, Ertrinken sei eine der besseren Arten zu sterben. «
    »Nicht auf diese Weise. Die Angst muss ihn förmlich um den Verstand gebracht haben.«
    »Davon hatte Billy Martin ohnehin nicht viel.«
    »Sie kannten ihn?«
    »Er ist Jackie Malones Bruder. Ihr Mädchenname war Martin. «
    »Und was ist mit ihrem Mann?«
    »Der ist acht Monate nach ihrer Hochzeit und sechs Monate, nachdem sie schwanger geworden war, an einer Überdosis Heroin gestorben.«
    »Keine glückliche Familie.«
    »Nie gewesen. Haben Sie eine Vermutung, um welche Zeit es passiert ist?«
    »Dem Zustand seiner Haut und dem Zeitpunkt seiner Entdeckung nach zu schließen würde ich sagen, er lag schon ein paar Tage im Wasser. Ungefähr seit dem Mord an Malone. Eine genauere Auskunft kann ich leider nicht geben.«
    »Sonst irgendetwas, was Sie mir jetzt

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