Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)
Kommissare entdeckte, und blickte fragend zu seiner Frau hinüber, während der junge Labrador freudig wedelnd auf sein Frauchen zustürmte.
»Die beiden sind von der Polizei, Schatz«, erklärte Iris Vermeulen.
Ihr Mann entspannte sich ein wenig. »Wegen dieser Sache von vorgestern?«
Sie bejahte. »Warum setzt du dich nicht zu uns?«
Gus Vermeulen kam der Aufforderung seiner Frau nur zögerlich nach. »Wie lange soll das noch so gehen?«, fragte er, und eigenartigerweise sah er Winnie Heller dabei an. »Wann unternehmen Sie endlich was gegen diesen Kerl?«
»Wir sind dabei«, antwortete Verhoeven für seine Kollegin. »Und ich versichere Ihnen, wir tun, was wir können.«
Der Ingenieur nickte. »Verzeihen Sie«, sagte er. »Ich wollte damit nicht sagen, dass Sie Ihren Job schlecht machen. Es ist nur … Wenn man selbst von so was betroffen ist, kommt einem das alles so langwierig vor.«
»Schon gut«, beruhigte ihn Verhoeven. »Das verstehen wir durchaus.« Er lächelte Iris Vermeulen zu und stand auf. »Danke, dass Sie sich noch einmal bereitgefunden haben, mit uns über all das zu sprechen«, sagte er. »Und falls Ihnen noch irgendwas einfallen sollte …«
»… melde ich mich natürlich sofort«, nickte sie, indem sie den beiden Kommissaren die Hand gab. »Verlassen Sie sich drauf.«
2
Damian Kender fuhr langsam die Danziger Straße hinunter und dachte an Täter, die an den Ort ihres Verbrechens zurückkehrten. Etwas, das er seit jeher als ausgesprochen dumm empfunden hatte.
Wozu zurückkehren?
Der Job war erledigt, das Rückgrat gebrochen, der Reiz dahin. Selbst die Stärksten unter ihnen brauchten eine Weile, bis sie sich wieder erholten.
Falls sie sich erholten …
Welchen Grund also sollte es geben, an den Tatort zurückzukehren? Damian schüttelte den Kopf. Nach vorn zu blicken, und zwar ausschließlich nach vorn, war etwas, das er von seiner Großmutter gelernt hatte. Der Ehemann im Krieg geblieben? Der einzige Sohn bereits im Kindbett vom Fieber dahingerafft? Die alleinerziehende Tochter an einer seltenen Form von Lichtallergie erkrankt, blass vor sich hin vegetierend, bis sie es irgendwann, nach langer Leidenszeit, endlich fertigbringt, zu sterben? Und wenn schon! Das Leben muss weitergehen. Und es ging auch immer irgendwie weiter. Vorausgesetzt, man beherrschte die Kunst des Abhakens und hielt den Blick starr geradeaus gerichtet. Nach vorn.
Auf das, was noch kam …
Damian merkte, wie sein Herz einen kleinen Sprung machte, als ihm bewusst wurde, dass er immer langsamer fuhr, je näher er dem Haus kam. Irina Portners Haus. Der Grund lag auf der Hand: Er wollte nicht zurückkehren. Aber er sah auch keine Alternative. Er wusste zu genau, dass sein Kopf nie wieder
wirklich frei sein würde, wenn er nicht herausfand, wer da so viel über ihn wusste, dass er alles, aber auch wirklich alles gefährden konnte.
Wenn man einen so mächtigen Gegner hatte, nutzte einem die Kunst des Abhakens weniger als null. Dann musste man – im Gegenteil – nach Wegen suchen, diesen Gegner zu bezwingen. Und der einzige Weg, der Damian einfiel, führte nun einmal geradewegs zu Irina Portner.
Als Erstes musste er nachsehen, ob sie schon wieder zu Hause war. Oder noch immer im Krankenhaus. Er hatte sich nie darum geschert, was mit seinen Frauen geschah, hinterher. Wer sich um sie kümmerte. Wohin man sie brachte, zu welchem Arzt, in welches Krankenhaus. Und wie lange es dauerte, bis man sie wieder entließ.
All das hatte ihn bislang nicht die Bohne interessiert.
Die Frauen waren besiegt, erledigt, abgehakt.
Aus den Augen, aus dem Sinn …
Jetzt allerdings, so viel immerhin war ihm klar, würde er sich mit all dem beschäftigen müssen. Und er fühlte eine unbändige Wut, wenn er darüber nachdachte, wie sehr dieser Kerl ihn veränderte. Welchen Einfluss er hatte, auf sein Leben. Sein Denken. Sein Verhalten. Dieser Unbekannte war in ihn eingedrungen wie ein Gift und hatte ihn zu etwas gemacht, das er nie hatte sein wollen: ein Täter, der an den Ort seines Verbrechens zurückkehrte.
Der Kampf war nicht vorbei. Ganz gleich, ob dieser andere sich je wieder melden würde oder nicht. Und das war es, was ihm vielleicht am meisten zu schaffen machte. Dass er diesen anderen nicht loswerden würde.
Nicht, solange er nicht wusste, mit wem er es zu tun hatte …
Er zuckte, als sein Blick routinemäßig den Rückspiegel streifte. Vor lauter Nachdenken war ihm doch glatt entgangen, dass der Fahrer
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