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HMJ06 - Das Ritual

HMJ06 - Das Ritual

Titel: HMJ06 - Das Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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Als sie sich umwandte, sah sie einen Mann mit langem rotem Haar und einem ebenfalls roten Schnurrbart auf sie zukommen. Einen kurzen Moment lang erkannte sie ihn nicht, dann …
    »Jack?«
    »Gia, was tust du hier?«
    Seine Absätze erzeugten einen harten stakkatohaften Rhythmus, während er über den Bahnsteig auf sie zukam. Trug er etwa Cowboystiefel?
    Er machte Anstalten, sie zu küssen, doch sie hob eine Hand und bremste ihn. »Ohne Bart, bitte.«
    Er lächelte. »Na klar.«
    Er pellte sich die Attrappe von der Haut, und sie küssten sich.
    Er legte die Hände um ihre Taille und sah ihr tief in die Augen. »Du bist wirklich die letzte Person, die ich hier erwartet hätte. Was ist los?«
    »Ich weiß es nicht genau«, erwiderte sie.
    Sie war ein wenig aus dem Gleichgewicht. Was hatte sie sich überhaupt gedacht? Dass sie einfach an der Tür der Kentons klopfen und sich erkundigen könnte, ob in ihrem Haus heute wieder kleine blonde Mädchen herumgeisterten? Sie hatte nicht eingehend genug über alles nachgedacht. Stattdessen hatte sie rein impulsiv gehandelt. Und das sah ihr ganz und gar nicht ähnlich.
    »Es geht um das kleine Mädchen, das du gesehen hast, nicht wahr?«
    Sie starrte ihn entgeistert an. »Woher um alles in der Welt weißt du das?«
    »Du hast die Kleine gestern einige Mal erwähnt. Sie scheint dich sehr zu beschäftigen.«
    »Das tut sie auch. Ich weiß nicht, warum, aber ich kann nicht aufhören, ständig an sie zu denken. Vielleicht wäre es anders, wenn sie nicht verschwunden wäre und wir mit ihr geredet hätten. Aber so … stellt sie für mich ein Rätsel dar.«
    »Das wir höchstwahrscheinlich nicht lösen können. Und weswegen du dir nicht den Kopf zerbrechen oder den weiten Weg nach Astoria fahren solltest. Immerhin bist du schwanger und musst auf dich Acht geben.«
    »Jack, es ist doch nur ein halbes Dutzend Haltestellen von zu Hause entfernt.«
    »Ja, aber in der U-Bahn wimmelt es von Menschen, von denen sicher einige krank sind. Ich möchte nicht, dass du dich mit irgendetwas ansteckst.«
    »Ehe ich schwanger wurde, hast du dir deswegen auch keine Sorgen gemacht.«
    »Das habe ich schon, aber jetzt hat sich meine Sorge verdoppelt, wenn du weißt, was ich meine.«
    Sie war von seiner Sorge um sie und das Baby tief berührt, aber im Augenblick übertrieb er es damit ganz erheblich.
    Sie seufzte. »Ich wollte mir alles nur noch einmal in Ruhe ansehen, nehme ich an.«
    »Nun, da ich unterwegs zu Lyle und Charlie bin« – er bot ihr seinen Arm mit übertriebener Höflichkeit –, »wäre es mir eine große Freude, Sie dorthin begleiten zu dürfen.«
    Gia klimperte mit den Wimpern und ließ sich auf das Spiel ein. »Das ist sehr zuvorkommend von Ihnen, Sir, aber ich muss ernsthaft um meinen Ruf fürchten, wenn man mich am Arm eines Mannes mit einem solchen Haarschnitt sehen sollte. Ich glaube, ich dürfte mich dann nie mehr in den gehobenen Kreisen zeigen.«
    »Eine neue Frisur? Nur ein Wort von Ihnen, Madam, und schon wird Ihnen die Bitte erfüllt.«
    Jack riss sich mit einer schwungvollen Gebärde die schreckliche Perücke vom Kopf und stopfte sie in die Tasche seines genauso schrecklichen Sportsakkos. Sie kämmte mit den Fingern seine zerzausten Haare und glättete sie.
    »Übrigens, wer hat heute deine Kleidung ausgesucht?«
    »Stevie Wonder.«
    »Das hatte ich schon vermutet.« Sie hängte sich bei ihm ein, und sie gingen zur Treppe. »Du scheinst ja bester Laune zu sein.«
    »Bis jetzt hatte ich einen guten Tag.«
    Während sie die Treppe hinaufgingen, erzählte er ihr von seinem Coup bei dem Wahrsagerpaar auf der Upper East Side. So aufgekratzt hatte sie ihn schon seit Monaten nicht mehr erlebt. Jack schien wieder ganz der Alte zu sein, und Gia freute sich.
    Als sie das Menelaus Manor erreichten, bemerkten sie, wie zwei Handwerker das Grundstück verließen. Offenbar hatten sie die zerbrochenen Fenster ausgetauscht.
    Charlie begrüßte sie und ließ sie ein. Er fragte nicht, weshalb Gia mitgekommen war, und Jack ersparte sich eine eingehendere Erklärung. Außerdem schien Charlie sich viel zu sehr für Jacks äußere Erscheinung zu interessieren.
    »Lieber Himmel, Sie haben sich vielleicht schick gemacht!«, sagte er und deutete grinsend auf das karierte Sakko. »Sie sehen ja aus, als machten Sie für die Arbeitermode des einundzwanzigsten Jahrhunderts Werbung.«
    Nachdem sich die allgemeine Heiterkeit gelegt hatte, erklärte er, dass Lyle Jack oben und nicht im Channeling-Raum

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