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HMJ06 - Das Ritual

HMJ06 - Das Ritual

Titel: HMJ06 - Das Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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erwartet. »Das ist nicht fair. Es war schließlich meine Idee.«
    »Wir haben das doch hinreichend diskutiert, Gi. Wir wissen nicht, was dieses Ding im Schilde führt.«
    »Dieses ›Ding‹ ist ein kleines Mädchen, Jack.«
    »Ein totes kleines Mädchen.«
    »Aber sie ist mir erschienen. Nicht dir, nicht Lyle, nicht Charlie. Das muss doch etwas zu bedeuten haben.«
    »Genau. Aber wir wissen nicht, was. Und deshalb solltest du dich von diesem Ort so fern wie möglich halten. Er hat einen ziemlich schlimmen Stammbaum, sogar noch unheimlicher, als man es in Lyles Broschüre über das Menelaus Manor nachlesen kann.«
    Schlimmer als die Erwähnung des zerfleischten Kindes? Das konnte Gia sich kaum vorstellen.
    »Was? Dieser Immobilienmakler hat dir etwas erzählt, nicht wahr?«
    »Er hat mir eine ganze Menge erzählt, und das erfährst du später auch. Aber im Augenblick musst du mir versprechen, dass du dich von diesem Ort fern hältst.«
    »Aber ich bin es doch, mit der sie Kontakt aufgenommen hat.«
    »Richtig. Sie hat eine Botschaft geschickt, und du hast sie empfangen. Jetzt werden wir wahrscheinlich ihr Grab öffnen. Wenn wir sie finden und sie mit Bellitto in Verbindung gebracht werden kann, dann hast du eine Menge bewirkt. Du hast uns den Weg gezeigt.«
    »Und wenn keine Hinweise zu finden sind?«
    »Nun, dann bekommt sie wenigstens ein anständiges Begräbnis. Und vielleicht ist es das, was ihr Vater braucht, um in sein altes Leben zurückzukehren.«
    Gia dachte in diesem Augenblick nicht an Joe Portman. Es war Tara, die ihre Gedanken beherrschte. Ihre Not war wie eine Schlinge um Gias Hals und zog sie mit unwiderstehlicher Gewalt zum Menelaus Manor. Wenn sie diesem Drängen nicht nachgab, würde die Schlinge sie erwürgen.
    »Sie hat ›Mutter‹ geschrieben, Jack. Ich glaube nicht, dass sie ihre eigene Mutter gemeint hat – Dorothy Portman ist hirntot. Ich denke, sie meinte mich. Es mag zweiundzwanzig Jahre her sein, seit Tara geboren wurde, aber sie ist noch immer ein Kind. Sie ist noch immer neun Jahre alt, und sie hat Angst. Sie braucht eine Mutter. Und das ist ein Trost, den ich ihr geben kann.«
    »Wie tröstet man einen Geist?«, fragte Jack. Er legte einen Arm um sie und zog sie an sich. Sie nahm den Duft seines Duschgels wahr, spürte die ersten nachmittäglichen Bartstoppeln auf seinen Wangen. »Ich glaube, wenn irgendjemand dazu fähig ist, dann bist du es. Aber sag mir eins: Wenn Vicky jetzt hier wäre, und nicht im Ferienlager, wärst du dann auch so erpicht darauf, in dieses Haus zurückzukehren?«
    Was wollte er damit sagen? Dass dieser Drang, diese Not, die in ihr brannte, nichts anderes war als eine Art fehlgeleitete Sehnsucht nach ihrem eigenen Kind? Sie musste zugeben, dass dies kein allzu weit hergeholter Gedanke war, aber sie spürte, dass dieser Wunsch in ihr darüber hinausging.
    »Vielleicht, vielleicht auch nicht, aber …«
    »Eine weitere Frage: Wenn Vicky hier wäre, würdest du sie dann mitnehmen?«
    Damit überrumpelte er sie. Sie reagierte sofort: Natürlich nicht. Aber das wollte sie nicht aussprechen.
    »Das ist nicht der Punkt. Vicky ist nicht hier, daher …«
    Jack drückte sie fester an sich. »Gia? Würdest du?«
    Sie zögerte, dann: »Okay, nein.«
    »Warum nicht?«
    »Ich weiß es nicht genau.«
    »Ich aber. Weil es eine unsichere Situation ist und weil du Vicky keinen unvorhersehbaren Folgen aussetzen willst. Richtig?«
    Gia nickte an seiner Schulter. »Richtig.«
    »Warum willst du dann unser zweites Kind derselben unsicheren Lage aussetzen?«
    Sie seufzte. Sie saß dank einer unwiderlegbaren Logik in der Falle.
    »Bitte, Gia.« Er wich auf Armeslänge von ihr. »Bleib weg von dort. Lass mir zwei Tage Zeit, Lyle bei der Suche nach ihren sterblichen Überresten zu helfen. Danach sind die Umstände vielleicht nicht mehr so unberechenbar, und wir können die ganze Situation überdenken und neu einschätzen.«
    »Ach, na schön«, sagte sie. Es gefiel ihr nicht, aber sie fühlte sich in die Ecke gedrängt. »Ich denke, zwei Tage machen nicht viel aus.«
    »Gut.« Er atmete zischend aus. »Das erleichtert mich.«
    »Dich vielleicht. Was ist mit mir?«
    »Was meinst du?«
    »Nun, wenn dieses Haus eine potenzielle Gefahr für mich darstellt, was tut es dann für dich?«
    Jack lächelte. »Hast du es vergessen? Gefahr ist mein Geschäft.«
    »Ich meine es ernst, Jack.«
    »Okay. Ich melde mich regelmäßig bei dir.«
    »Lass dein Telefon eingeschaltet, für den Fall, dass ich

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