Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition)
Festnetzanschluss vom Geheimdienst abgehört werde.«
Er zog die Augenbrauen nach oben und lehnte sich zurück.
»Prima. Dann erfahren wir ja nachher, wer der Täter ist.«
Franziska lachte, während sie hinausging. »Bestimmt.«
Moritz machte sich an den Bericht der Spurensicherung. Die Lichtbildmappe vom Fundort der Leiche legte er beiseite. Dabei erinnerte er sich an den Albtraum, an die schrecklichen Bilder der verwesten Leiche, die am Boden lag.
Nach einer Weile klopfte es erneut an die Tür.
Franziska brachte ihm eine Tasse Kaffee und legte den Bußgeldbescheid auf den Tisch.
»Die Sache ist aus der Welt«, sagte sie. »Kannst du wegwerfen oder zur Erinnerung behalten.«
Er bedankte sich und konzentrierte sich wieder auf den Bericht. Später betrachtete er die Lichtbildmappe. Sorgfältig studierte er die Gesichter der Schaulustigen hinter den Absperrbändern. Dass Täter zurück an den Tatort kamen, hatte er lange Zeit für die Idee schlechter Drehbuchautoren gehalten. Während eines Vortrags an der Hochschule war er eines Besseren belehrt worden. Tatsächlich kehrten Verbrecher häufiger als gedacht an den Ort des Geschehens zurück. Oder versuchten auf jede nur mögliche Art, die Arbeit der Polizei zu verfolgen.
Auf dem Bild waren lediglich Rentner und ein jüngeres Paar in Joggingklamotten zu sehen. Er schloss aus, dass sie etwas mit dem Verbrechen zu tun hatten, und legte die Fotografien beiseite.
Plötzlich wurde Moritz von dem bedrückenden Gefühl überwältigt, dass sie trotz der vielen Ereignisse der Woche keinen entscheidenden Schritt nach vorne gemacht hatten. Eine Vorahnung hatte ihm von Beginn an signalisiert, das Mädchen wäre nicht einfach nur von zu Hause weggelaufen. Aber was hätten sie anderes tun können? Wie sollten die Ermittlungen jetzt weitergehen?
Entscheidend war das Ergebnis der Gerichtsmediziner. Handelte es sich bei der Leiche um Manuela Jessen oder um eine andere Person? Was war die Todesursache? Kam ein Sexualdelikt in Frage? Hatte der Täter einen genetischen Fingerabdruck an der Leiche hinterlassen? Alles Fragen, auf die er sich eine rasche Antwort von den Spezialisten am gerichtsmedizinischen Institut in Ulm erhoffte. Die Tatsache, dass es Freitag war, bereitete ihm große Sorgen. Ohne ein pathologisches Gutachten wären sie am Wochenende zum Nichtstun verurteilt.
Der mürrische Wolfgang Herder und Anja Kober würden am Morgen nach Ulm fahren, um bei der Obduktion dabei zu sein. Sein Blick fiel wieder auf den Bußgeldbescheid. Zweihundert Euro hätte der Spaß gekostet, wäre es Franziska nicht gelungen, die Rotlichtfahrt gegenüber der Behörde als Einsatzfahrt zu begründen. Kepplinger musste an eine der Lebensweisheiten seiner Großmutter denken.
Man muss immer den Kopf bei der Sache haben.
Gedanklich versuchte er die Situation zu rekonstruieren. Er hatte sich auf dem Rückweg von der Klinik zur Dienststelle befunden. Kurz zuvor war er von Franziska am Telefon informiert worden, dass Gerd Jessen dort auf ihn warten würde. Die Ampel, die dem Bescheid nach bereits seit mehreren Sekunden Rot gezeigt hatte, hatte er einfach nicht wahrgenommen. Er erinnerte sich nicht einmal mehr daran, über eine Kreuzung gefahren zu sein. Wie befremdlich, ein Fahrzeug gefahren zu haben, ohne auf den Straßenverkehr geachtet zu haben, dachte er. Es hätte alles Mögliche passieren können. Plötzlich drängte sich ein anderer Gedanke in sein Bewusstsein. Moritz sprang vom Stuhl auf und ballte die Fäuste.
»Verdammt«, rief er. »Warum bin ich nicht gleich darauf gekommen?«
Manfred Brandstätter blickte erschrocken auf, als Moritz Kepplinger in sein Büro stürmte.
»Was ist denn los?«
Kepplinger hielt ihm den Bußgeldbescheid vor die Nase. »Der Täter könnte nach der Tat irgendwo geblitzt worden sein. Sicher war er vollkommen aufgewühlt und mit den Gedanken nicht bei der Sache.« Er steigerte sich geradezu in seine Theorie hinein.
»Immer mit der Ruhe, Kepplinger. Setzen Sie sich erst mal hin.«
»Ich will mich nicht hinsetzen. Uns läuft die Zeit davon.«
Brandstätter warf ihm einen missbilligenden Blick zu, stand dann aber selbst auf und lief verunsichert hinter seinem Schreibtisch auf und ab.
»Aber wir wissen doch überhaupt nicht, ob wir nach einem Mörder suchen«, stellte der großgewachsene Vorgesetzte seine Theorie in Frage. »Wir haben eine Kinderleiche gefunden, gut. Noch ist uns nicht bekannt, ob es sich dabei um Manuela Jessen handelt. Vielleicht haben
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