Hochzeit mit Hindernissen
sollte.
Das Vernünftigste wäre es, augenblicklich ins Haus zu gehen, bevor die Wehmut überhandnehmen konnte. Und dass sie vernünftig war, hatte Heather in den letzten zwölf Stunden eindrücklich bewiesen.
Ein Geräusch schreckte sie auf. Als sie sich umdrehte, sah sie Lorenzo, der aus dem Haus trat. In der Dunkelheit konnte sie ihn nur schemenhaft erkennen, und doch meinte sie deutlich das Gesicht vor Augen zu haben, dessen Lächeln sie einst so bezaubert hatte.
“Ich weiß, dass mein Verhalten unverzeihlich ist, Heather”, sagte Lorenzo verlegen, als er vor ihr stand. “Trotzdem möchte ich dich bitten …”
“Du brauchst dich nicht zu entschuldigen.” Heather schnitt ihm das Wort ab, ohne ihn anzusehen.
“Bist du denn gar nicht wütend auf mich?”, fragte Lorenzo erstaunt.
“Selbstverständlich bin ich wütend auf dich”, erwiderte Heather und wunderte sich selbst, wie beherrscht sie reagierte. “Aber wenn du erwartet hast, dass ich dir eine Szene mache, muss ich dich enttäuschen. Dafür wissen wir beide zu gut, dass uns dein großer Bruder das eingebrockt hat.”
Ein eigenartiger Gedanke ließ Heather laut auflachen. “Bevor in jener denkwürdigen Nacht der Verkehrsunfall passierte, habe ich ihm klipp und klar gesagt, dass ich nie in eine Familie einheiraten werde, die ein solches Scheusal zum Oberhaupt hat. Dabei hätte ich es belassen sollen. Und jetzt möchte ich nichts mehr davon hören.”
Lorenzo war fassungslos, und es dauerte eine ganze Weile, bis er sich halbwegs wieder gefangen hatte. “Bin ich dir wirklich so gleichgültig?”
“Wäre es dir lieber, wenn ich dich mit Beschuldigungen überhäufte und dich unter Tränen bäte, mich nicht zu verstoßen?”
“Ich gebe zu, dass mir das deutlich besser gefallen würde”, sagte Lorenzo, und als Heather sein jungenhaftes Lächeln sah, lief sie einen Moment lang Gefahr, ihm den Gefallen zu tun.
“Leider muss ich dich schon wieder enttäuschen”, erwiderte sie schnell. “Und jetzt lass mich bitte allein.”
“Wer weiß, was geworden wäre, wenn Renato mich nicht so gedrängt hätte …”
“Ich will seinen Namen nicht mehr hören”, unterbrach sie ihn barsch.
“Du willst doch wohl nicht abstreiten, dass wir uns geliebt haben!”
“Geh jetzt!”, forderte Heather mit allem Nachdruck. Um Lorenzo nicht ansehen zu müssen, blickte sie hinaus aufs Meer und wartete regungslos, bis sie sicher sein konnte, dass er ins Haus gegangen war.
Die Erinnerung an glückliche Zeiten hatte ihr mehr zugesetzt, als sie sich eingestehen mochte. Dass es zwischen ihr und Lorenzo aus war, stand außer Frage. Doch ihn sich aus dem Herz zu reißen war weniger leicht.
Als Lorenzo in Renatos Arbeitszimmer kam, traf er auf seine beiden Brüder, die am Schreibtisch standen und Whisky tranken.
“Trinkst du einen mit?”, fragte Renato und schenkte Lorenzo einen Drink ein, ohne seine Antwort abzuwarten.
“Den kann ich jetzt gebrauchen”, erwiderte Lorenzo. Er leerte das Glas in einem Zug und hielt es Renato hin, damit er es erneut füllte.
“Was ist denn passiert?”, erkundigte sich Bernardo.
“Nichts ist passiert!”, platzte Lorenzo heraus. “Das ist es ja gerade, was mich so aufbringt. Ich habe eben mit Heather gesprochen. Auf alles war ich gefasst, aber nicht darauf, dass sie so unbeteiligt bleibt. Nicht eine einzige Träne hat sie vergossen.”
“Das hätte ich dir gleich sagen können”, wandte Renato ein. “Um sich von dir unterkriegen zu lassen, hat sie viel zu viel Selbstachtung. Was das angeht, kann sie es mit jedem von uns aufnehmen.”
“Da kann ich dir nur zustimmen”, pflichtete Bernardo bei. “Heather ist wirklich eine außergewöhnliche Frau.”
“Allerdings.” Nachdenklich griff Renato zur Whiskyflasche. Der Drink, den er sich einschenkte, fiel besonders groß aus.
“Findest du nicht, dass du allmählich genug getrunken hast?”
“Ich wüsste nicht, was dich das angeht!”, herrschte Renato Bernardo an.
“Lass ihn ruhig”, mischte sich Lorenzo ein. “Renato hat nicht weniger Grund sich zu betrinken als ich. Schließlich habe ich das alles dir zu verdanken”, richtete er sich an seinen ältesten Bruder. “Wenn du dich nicht eingemischt hättest, wären Heather und ich vielleicht …”
“Hör endlich auf zu träumen!”, fiel Renato ihm ins Wort. “Zwischen Heather und dir ist es aus. Und zwar endgültig!”
“Da wäre ich mir nicht so sicher”, widersprach Lorenzo. “Mit ein wenig Abstand wird
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