Hochzeitsnacht in Acapulco
musste es ihr gelingen, ihren Zustand vor ihm und aller Welt geheim zu halten, obwohl sie überzeugt war, dass es praktisch unmöglich sein würde.
Ihr Vater würde schockiert und peinlich berührt sein, und schlimmer noch, er würde ihr schwere Vorhaltungen machen und ihr Urteilsvermögen infrage stellen. Seine harsche Kritik hätte sie jedoch jetzt nicht ertragen.
Jeglichen Gedanken daran, Gabriel Lafleur anzurufen und ihm von dem Baby zu berichten, hatte sie automatisch beiseitegeschoben. Sie wollte nicht, dass er sie für anlehnungsbedürftig und unselbstständig hielt, für eine Frau, die von ihm erwartete, dass er die Verantwortung für ihr Problem übernahm. Ihr Lebensziel war nach wie vor, ihrem Vater – und der gesamten Welt – zu beweisen, dass sie auf eigenen Füßen stehen konnte.
Was hätte es ihr auch genutzt, Gabriel anzurufen? Er wollte, wie er ihr in Mexiko gesagt hatte, ebenso wenig eine Ehefrau wie sie einen Ehemann. Und ihr Anwalt Smith Jamison hatte bisher keinen Beweis dafür gefunden, dass sie und Gabriel tatsächlich geheiratet hatten. Es gab keinen Grund, anzunehmen, dass Gabriel noch einmal von ihr hören wollte. Nein, es wäre ausgesprochen dumm, ihn anzurufen – nur weil sie sich insgeheim danach sehnte, seine Stimme zu hören.
Und dann wählte Joelle eines Abends doch seine Telefonnummer, weil sie sich unendlich einsam fühlte und den Gedanken nicht ertrug, die nächsten neun Monate völlig auf sich gestellt zu sein. Natürlich hatte sie nicht vor, Gabriel von dem Baby zu erzählen. Sie wollte nur mit ihm plaudern, seine Stimme hören und dann auflegen. Das würde dieses Gefühl der Leere und Einsamkeit vertreiben, dessen war sie sich sicher.
Sein Telefon klingelte einmal … zweimal … dreimal.
Joelle kamen nun Bedenken, ob sie das Richtige tat. Vielleicht würde sie alles nur schlimmer machen.
Da nahm jemand den Hörer am anderen Ende ab, und sie hielt unwillkürlich den Atem an.
“Hallo?”, sagte eine Frau. Der Stimme nach war sie wesentlich älter als Gabriel.
Das beruhigte Joelle. Sie konnte ja nur vermuten, dass Gabriel ihr in Mexiko die Wahrheit gesagt hatte, als er behauptet hatte, ungebunden zu sein. Und wenn er gelogen hatte? Vielleicht war er verheiratet. Und hatte sogar Kinder.
Der Gedanke lähmte sie förmlich, und ihr Mund war plötzlich wie ausgetrocknet.
“Wer ist am Apparat?” Die Frau am anderen Ende klang empört. “Soll das ein dummer Streich sein? Wenn ja, dann …”
Joelle schluckte trocken. “Nein, es ist kein Streich. Tut mir leid, wenn ich den Eindruck erweckt habe.”
“Ja, mit wem spreche ich denn nun?”
“Ich bin Joelle Ames.”
“Wollen Sie was verkaufen? Ich kaufe nichts.”
“Oh nein, ich bin keine Vertreterin.”
“Ach so? Wen würden Sie denn gern sprechen?”
“Ja, also … eigentlich”, begann Joelle stockend. Ihre Gesprächspartnerin schüchterte sie ein. “Ich glaube, ich habe mich verwählt.”
“Welche Nummer wollten Sie denn?”
Joelle blickte auf den Zettel mit der Nummer, die Gabriel notiert hatte, und las die Zahlen vor.
“Ja, das ist der Anschluss hier”, erklärte die Frau. “Und wenn Sie nicht mich sprechen wollen, dann wahrscheinlich Gabriel.”
Er hatte ihr also den richtigen Namen und die richtige Nummer gegeben! Das berechtigte zu der Hoffnung, dass er auch sonst die Wahrheit gesagt hatte. Ansonsten müsste sie sich noch mehr schämen, weil sie sich mit ihm eingelassen hatte.
Sie räusperte sich. “Ja, ich wollte tatsächlich Gabriel sprechen.”
“Er ist noch nicht vom Feld zurück. Übrigens, ich bin Big Sadie, seine Haushälterin. Ich richte ihm gern aus, dass Sie angerufen haben.”
Inzwischen war sich Joelle klar geworden, dass der unüberlegte Anruf ein Fehler war, und sie wollte die Chance nutzen, sich halbwegs elegant aus der Affäre zu ziehen.
“Das ist mir recht”, begann sie. “Das heißt, eigentlich wäre es mir sogar lieber, wenn Sie ihm gar nichts sagten. Bitte vergessen Sie einfach, dass ich angerufen habe. Es tut mir leid, Sie belästigt zu haben. Auf Wiederhören!”
“Warten Sie einen Moment, meine Liebe! Ich glaube, ich weiß, wer Sie sind.”
“Das bezweifle ich”, erwiderte Joelle.
“Na, ich wette, Sie sind die Frau, die er im Urlaub getroffen hat.”
Joelle umfasste den Hörer fester. “Er hat Ihnen von mir erzählt?”
“Nicht direkt.” Die Haushälterin klang amüsiert. “Ich hab nur die Fotos gesehen, die er von Ihnen gemacht hat. Er hat gesagt,
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