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Höhenangst

Titel: Höhenangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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sie Sex hatten. Ich vermied es für gewöhnlich, mich mit eigenen Enthüllungen zu revanchieren. Vor allem jetzt.
    »Vielleicht sollte ich dich unseren Designern vorstellen«, meinte ich. »Du könntest unser neues IUP
    probefahren.«
    »Probefahren?« wiederholte Sylvie mit einem wölfischen Grinsen. Sie hatte die Lippen knallrot geschminkt, und ihre Zähne blitzten weiß. »Eine Nacht mit Frank ist wie die Rallye Monte Carlo. Ich habe mich heute so wund gefühlt, daß ich in der Arbeit kaum sitzen konnte. Wenn ich mich bei Frank darüber beschwere, faßt er es als verkapptes Kompliment auf, auch wenn ich es überhaupt nicht so meine. Ich bin sicher, daß es dir viel besser gelingt zu kriegen, was du willst. Sexuell, meine ich.«
    »Keine Ahnung«, antwortete ich und sah mich um, ob uns jemand zuhörte. Tische voller Leute, ja ganze Restaurants neigten dazu, plötzlich zu verstummen, wenn Sylvie sprach. Ich unterhielt mich lieber allein mit ihr, wenn nicht die Gefahr bestand, belauscht zu werden. Ich schenkte mir ein weiteres Glas Rotwein ein und trank die Hälfte in einem Zug. Nachdem ich praktisch nichts gegessen hatte, würde ich bald betrunken sein, wenn ich in diesem Tempo weitermachte. Vielleicht würde ich mich dann nicht mehr so schlecht fühlen. Ich starrte auf die Speisekarte. »Ich nehme, ähm …« Ich verstummte.
    Gerade war mir so gewesen, als hätte draußen vor dem Restaurant jemand in einer schwarzen Lederjacke gestanden. Als ich erneut hinausspähte, war niemand mehr zu sehen. Natürlich nicht. »Vielleicht bloß ein Gemüsegericht«, sagte ich.
    Ich spürte Jakes Hand auf meiner Schulter. Er wechselte die Tischseite, weil er in meiner Nähe sein wollte, aber das konnte ich in diesem Moment kaum ertragen. Ich verspürte den absurden Drang, ihm alles zu sagen. Für einen Augenblick lehnte ich den Kopf gegen seine Schulter. Dann trank ich weiter meinen Wein, lachte, wenn die anderen lachten, und nickte hin und wieder, wenn ich den Eindruck hatte, daß die Intonation eines Satzes eine Reaktion verlangte. Wenn ich ihn noch ein einziges Mal sehen könnte, würde ich in der Lage sein, es zu ertragen, sagte ich mir. Da draußen war doch jemand.
    Natürlich war es nicht er, aber irgend jemand mit einer dunklen Jacke stand draußen in der Kälte. Ich sah zu Jake hinüber. Er und Sylvie unterhielten sich gerade angeregt über einen Film, den sie beide letzte Woche gesehen hatten. »Nein«, sagte er, »und er hat nur so getan, als würde er es tun.«

    Als ich aufstand, scharrte mein Stuhl laut über den Boden.
    »Entschuldigt, ich muß bloß mal kurz aufs Klo, bin gleich wieder da.«
    Kurz vor der Treppe, die neben dem Eingang zu den Toiletten hinunterführte, warf ich einen Blick über die Schulter. Niemand achtete auf mich. Sie saßen alle einander zugewandt, tranken und unterhielten sich. Die ganze Gruppe machte einen fröhlichen Eindruck. Ich glitt durch die Eingangstür nach draußen. Die Kälte traf mich wie ein Schlag. Während ich keuchend nach Luft rang, blickte ich mich um. Da stand er, nur ein paar Meter die Straße entlang, neben einer Telefonzelle. Er wartete auf mich.
    Ich rannte zu ihm.
    »Wie kannst du es wagen, mir zu folgen!« zischte ich ihn an. »Wie kannst du es wagen?« Dann küßte ich ihn.
    Ich lehnte mein Gesicht gegen seines, suchte mit den Lippen seinen Mund, schlang die Arme um ihn und preßte mich gegen ihn. Er griff mit beiden Händen in mein Haar, zog mit einem Ruck meinen Kopf nach hinten, bis ich ihm in die Augen sah, und sagte dann:
    »Du hättest mich nicht angerufen, stimmt’s?« Er drängte mich gegen die Wand und hielt mich fest, während er mich erneut küßte.
    »Nein!« antwortete ich. »Nein, ich kann nicht! Ich kann das nicht tun!« O doch, und wie ich kann.
    »Du mußt!« sagte er. Er zog mich in den Schatten der Telefonzelle, knöpfte meinen Mantel auf und schob die Hand unter mein Shirt. Stöhnend legte ich den Kopf in den Nacken. Er küßte mich auf den Hals. Seine Bartstoppeln kratzten auf meiner Haut.
    »Ich muß zurück«, sagte ich, während ich mich weiter an ihn drückte. »Ich werde zu dir in die Wohnung kommen.
    Ich verspreche es.«
    Er nahm seine Hand von meiner Brust und ließ sie zu meinen Oberschenkeln hinuntergleiten. Von dort wanderte sie nach oben bis zu meinem Slip. Plötzlich spürte ich einen Finger in mir.
    »Wann?« fragte er und sah mich an.
    »Am Montag«, keuchte ich. »Montagmorgen um neun.«
    Er ließ mich los und hob die Hand. Bewußt

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