Höhenangst
hat aber ein Mädchen bei sich, und ich muß die beiden aus der Ferne beobachten, um herauszufinden, was zwischen ihnen läuft.
Ich folge ihm, bis ich ihn irgendwann allein erwische. Ich ließ den Taxifahrer an dem Café in der All Saints Road vorbeifahren und ging die paar Meter zu Fuß zurück.
Vorsichtig spähte ich von draußen in das Lokal. Ich sah ihn sofort. Er saß an einem Tisch am Fenster und hatte kein Mädchen dabei, sondern war in Begleitung eines farbigen Mannes, der seine langen Dreadlocks zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden hatte. Im Taxi hatte ich auch darüber nachgedacht, wie ich mich Adam nähern soll, aber mir war nichts eingefallen. Wie sich herausstellte, mußte ich gar keine Strategie anwenden, weil Adam im selben Moment, in dem ich ihn entdeckte, den Kopf hob und genau in meine Richtung blickte. Es war wie im Film: Er mußte erst ein zweites Mal hinschauen, bevor er seinen Augen traute. Mit der Tüte, die all meine derzeitigen Habseligkeiten enthielt – einen getragenen Slip, ein gebrauchtes Hemd, ein paar neuerworbene Schminkutensilien –, kam ich mir vor wie ein armes, obdachloses Kind aus einem viktorianischen Roman. Ich sah, wie Adam etwas zu seinem Begleiter sagte und dann aufstand und das Café verließ. Bis Adam mich erreicht hatte, vergingen zehn seltsame Sekunden, in denen der andere Mann mich aus dem Fenster heraus anstarrte und sich offensichtlich fragte: »Wer zum Teufel ist denn das ?«
Dann war Adam bei mir. Ich hatte mich gefragt, was wir wohl zueinander sagen würden, aber Adam schwieg. Er hielt mein Gesicht zwischen seinen großen Händen und küßte mich leidenschaftlich. Ich ließ meine Tüte fallen und schlang die Arme um ihn, so fest ich konnte. Unter meinen Händen spürte ich den alten Pulli, den er trug, und darunter seinen starken Körper. Als wir uns schließlich voneinander trennten, sah er mich fragend an.
»Deborah hat mir gesagt, daß du hier sein würdest.«
Nach diesen Worten brach ich in Tränen aus. Ich zog ein Papiertuch aus meiner Tasche und putzte mir die Nase.
Statt mich in den Arm zu nehmen und zu trösten, beobachtete er mich fasziniert wie ein exotisches Tier –
darauf wartend, was ich als nächstes tun würde. Nachdem ich mich etwas gefangen hatte, sagte ich, was ich zu sagen hatte: »Es tut mir leid, Adam, daß ich dir diese verrückte Karte geschrieben habe. Ich wünschte, ich hätte sie nie abgeschickt.« Adam schwieg. »Und noch was.« Ich mußte eine kurze Pause einlegen, bevor ich den Sprung wagte.
»Ich habe Jake verlassen. Ich habe die letzte Nacht in einem Hotel verbracht. Ich sage dir das nur, damit du informiert bist. Nicht, um Druck auf dich auszuüben.
Wenn du willst, daß ich gehe, dann gehe ich, und du brauchst mich nie wiederzusehen.«
Mein Herz hämmerte wie wild. Adams Gesicht war ganz nah vor meinem, so nah, daß ich seinen Atem spüren konnte.
»Möchtest du, daß ich jetzt zu dir sage, du sollst gehen?«
»Nein, das möchte ich nicht.«
»Dann gehörst du mir.«
Ich schluckte.
»Ja.«
»Gut«, sagte Adam. Dabei klang seine Stimme weder überrascht noch erfreut, sondern sachlich, als hätte er bloß eine Tatsache festgestellt. Vielleicht war das ja auch so. Er wandte sich zum Fenster des Cafés um und schaute dann wieder zu mir.
»Das ist Stanley«, sagte er. »Dreh dich um und winke ihm.« Ich winkte nervös. Stanley reckte den Daumen nach oben. »Ein Freund von Stanley hat gleich um die Ecke eine Wohnung. Dort werden wir wohnen.« Wir. Ich spürte, wie eine Welle sexueller Vorfreude durch meinen Körper lief. Adam nickte Stanley zu.
»Stanley kann sehen, daß wir uns unterhalten, aber er kann nicht von unseren Lippen ablesen, was wir sagen.
Wir gehen jetzt für ein paar Minuten zurück ins Café, und dann werde ich dich in die Wohnung bringen und dich vögeln. So heftig, daß es dir weh tun wird.«
»Ja«, antwortete ich. »Du kannst mit mir machen, was du willst.«
Er neigte den Kopf und küßte mich erneut. Gleichzeitig fuhr er mit der Hand über meinen Rücken und dann unter mein Hemd. Ich spürte seine Finger unter dem Träger meines BHs, spürte, wie ein Fingernagel an meiner Wirbelsäule nach unten glitt. Dann nahm er eine Hautfalte und drückte sie fest zusammen. Erschrocken schrie ich auf.
»Das hat weh getan!« sagte ich.
Adam streifte mit den Lippen über mein Ohr.
»Du hast mir weh getan«, flüsterte er.
9. KAPITEL
Ich wachte auf, weil das Telefon klingelte. Das Licht blendete mich
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