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Höhenangst

Titel: Höhenangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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so, daß ich die Augen gleich wieder schloß.
    Das Telefon mußte irgendwo neben dem Bett stehen. Mit geschlossenen Augen tastete ich danach. Schließlich fand ich es.
    »Hallo?«
    Im Hintergrund waren Geräusche zu hören, möglicherweise Verkehrslärm, aber niemand meldete sich.
    Statt dessen legte der Anrufer auf. Ich legte ebenfalls auf.
    Nach ein paar Sekunden klingelte es erneut. Ich nahm ab und meldete mich. Derselbe Niemand. Was war das für ein Geräusch? Es klang wie leises Flüstern, aber ich war nicht sicher. Wieder hörte ich das Freizeichen.
    Adam öffnete schläfrig die Augen.
    »Die alte Geschichte«, sagte ich. »Wenn eine Frau abhebt, wird aufgelegt.« Ich tippte vier Zahlen.
    »Was machst du da?« fragte Adam gähnend.
    »Ich versuche herauszufinden, wer angerufen hat.«
    Ich wartete.
    »Und?« fragte er.
    »Eine Telefonzelle«, antwortete ich schließlich.
    »Vielleicht jemand, der das Geld nicht rechtzeitig griffbereit hatte«, meinte er.
    »Vielleicht«, sagte ich. »Ich habe nichts zum Anziehen.«
    »Wozu brauchst du etwas zum Anziehen?« Adams Gesicht war nur ein paar Zentimeter von meinem entfernt.
    Er schob ein paar Haarsträhnen hinter mein Ohr und ließ dann seinen Finger an meinem Hals hinunterwandern. »Du siehst wunderschön aus. Als ich heute morgen aufgewacht bin, hatte ich das Gefühl zu träumen. Ich mußte dich die ganze Zeit ansehen.« Er zog das Laken von meinen Brüsten und bedeckte sie statt dessen mit seinen Händen.
    Er küßte mich auf die Stirn, die Augenlider, dann auf die Lippen, erst sanft, dann immer fester. Ich spürte den metallischen Geschmack von Blut in meinem Mund.
    Langsam ließ ich die Hände über seinen muskulösen Rücken bis zu seinen Pobacken hinunterwandern und drückte ihn an mich. Wir seufzten beide und veränderten ein wenig unsere Lage. Ich spürte, wie mein Herz gegen seines pochte – oder war es sein Herz, das gegen meines pochte? Der Raum roch nach Sex, und das Bettzeug war noch leicht feucht.
    »Für die Arbeit, Adam«, antwortete ich. »Ich brauche etwas zum Anziehen, damit ich zur Arbeit gehen kann. Ich kann nicht einfach den ganzen Tag im Bett bleiben.«
    »Warum nicht?« Er küßte meinen Hals. »Warum kannst du das nicht? Wir müssen nachholen, was wir versäumt haben.«
    »Ich kann nicht schon wieder von der Arbeit wegbleiben.«
    »Warum nicht?«
    »Ich kann es einfach nicht. Ich bin nicht der Mensch, der das kann. Mußt du denn nie etwas arbeiten?«
    Er runzelte die Stirn, gab mir aber keine Antwort. Dann saugte er demonstrativ an seinem Zeigefinger und ließ ihn in mich hineingleiten. »Geh noch nicht, Alice.«
    »Zehn Minuten. Lieber Himmel, Adam …«

    Danach hatte ich noch immer nichts zum Anziehen. Die Sachen vom Tag zuvor lagen verschwitzt auf dem Boden.

    »Hier, zieh das an«, sagte Adam und warf eine ausgewaschene Jeans aufs Bett. »Wir können die Beine hochkrempeln. Und das hier. Das muß für heute vormittag reichen. Um halb eins hole ich dich ab, und dann gehen wir einkaufen.«
    »Genausogut könnte ich meine Sachen aus der Wohnung holen …«
    »Nein. Das hat Zeit. Laß das erst mal bleiben. Ich kaufe dir etwas. Viel brauchst du ja nicht.«
    Ich sparte mir die Unterwäsche und schlüpfte gleich in die Jeans, die ziemlich weit und lang war, aber mit Gürtel gar nicht so schlecht aussah. Dann streifte ich das schwarze Seidenhemd über, das weich über meine gereizte Haut glitt und nach Adam roch. Zuletzt nahm ich das Lederband aus der Tasche und legte es mir um den Hals.
    »So, fertig.«
    »Sehr schön.«
    Er griff nach einer Bürste und fuhr damit durch mein zerzaustes Haar. Dann bestand er darauf zuzusehen, wie ich aufs Klo ging, mir die Zähne putzte und ein wenig Wimperntusche auftrug. Er ließ mich keine Sekunde aus den Augen.
    »Ich fühle mich so kaputt«, sagte ich, während ich ihn im Spiegel ansah. Dabei versuchte ich zu lächeln.
    »Ich möchte, daß du den ganzen Vormittag an mich denkst.«
    »Was wirst du heute vormittag tun?«
    »An dich denken.«

    Ich dachte tatsächlich den ganzen Vormittag an Adam.
    Mein Körper bebte vor Sehnsucht nach ihm. Aber ich dachte auch an Jake und die Welt, zu der wir gemeinsam gehört hatten. Ein Teil von mir konnte nicht begreifen, wie es möglich war, daß ich noch immer hier in meinem vertrauten Büro saß und abgedroschene Sätze über das IUP und weibliche Fruchtbarkeit zusammenreimte, nachdem ich in mein altes Leben eine Bombe geworfen und zugesehen hatte, wie sie explodiert

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