Hoehenfieber
unterschiedlicher Gefühle schoss durch ihren Körper und nahm ihr für einen wohltuenden Augenblick jeden Schmerz. Erleichterung, dass sie tatsächlich noch lebte. Unglaube, dass das Flugzeug havariert war und das bittere Bewusstsein, dass sie nicht träumte, sondern dieser Albtraum tatsächlich passierte. Wie viele Tote mochte es gegeben haben? Eine Sekunde lang glaubte sie, unter der Last der Verantwortung zerquetscht zu werden. Das ganze Unglück geschah nur wegen ihr. Doch dann rauschte auch dieser Gedanke davon und sie fühlte gar nichts mehr. Zurück blieb nur sprachlose Fassungslosigkeit. Quinn presste die Hände gegen ihre schmerzenden Beckenknochen.
„Lass mich mal sehen.“ Virge schob sanft ihre Finger beiseite und öffnete den Knopf ihrer Jeans.
Es war total verrückt, in ihrer Situation auch nur den Gedanken daran zu hegen, doch die Berührung rief die Erinnerung an seinen Kuss so intensiv hervor, dass sie für einen Moment glaubte, seine Lippen zu schmecken. Sie schloss die Augen und riss sie sofort wieder auf, weil vor ihrem inneren Auge Bilder tanzten, die sie nicht sehen wollte. Dann doch lieber das unpassende Gefühl, das bei seiner Berührung durch ihren Körper floss.
Sie durfte nicht daran denken, dass von den anderen Passagieren vielleicht einige gerade jetzt um ihr Leben kämpften. Sie musste sich auf sich selbst konzentrieren, denn wie sollte sie helfen? Sie war kaum in der Lage, zu atmen, geschweige denn, sich zu rühren. Sie sandte ein Stoßgebet aus. Vielleicht waren die herannahenden Fahrzeuge ja doch ein Rettungsteam und den Passagieren wurde bereits professionell geholfen, während sie hier auf dem Feld … Würde sie sterben, wenn sie nicht bald in ein Krankenhaus käme? Sie hatte noch nie solche Schmerzen gehabt.
Quinn stöhnte, als Virge vorsichtig den Stoff ihrer Hose beiseite zog.
„Das sieht nach einer bösen Prellung aus.“
Sie sah an sich hinab. Ihr Unterbauch hatte sich vom Schambein bis zur Mitte unterhalb des Bauchnabels dunkelblau und lila verfärbt. Die Bezeichnung Prellung war leicht untertrieben.
„Es tut höllisch weh.“ Tränen brannten ihr in den Augen. Vielleicht hatte sie innere Verletzungen. Ganz sicher war es so. Sie könnte sogar innerlich verbluten. Ihr Kreislauf sackte ab, Schwindel und Übelkeit ließen ihr kurzzeitig schwarz vor Augen werden.
Quinn atmete mehrmals tief durch. „Meinst du, es ist richtig, wenn wir uns hier verborgen halten?“
„Leg dich zurück.“ Er klaubte lose Blätter und trockene Erde zu einem kleinen Haufen zusammen. „Schaffst du es, dich rüberzuschieben und mit dem Po draufzurutschen? Ich helfe dir.“
„Bitte antworte mir.“
Mit Virgins Unterstützung lagerte sie ihren Unterkörper auf das zusammengeschobene Häufchen Erde, das unter ihrem Gewicht nachgab, aber dennoch genug Widerstand bot, sodass ihr Becken leicht erhöht lag.
„Liebes, warte nur noch ein paar Minuten. Dix und Nash werden schnell herausfinden, ob es sich um ein Rettungsteam handelt.“
Wofür kassierte sie hier eigentlich die Strafe? Sie hatte in ihrem Leben niemals so viel Unrecht begangen, als dass sie es verdiente, derart bestraft zu werden.
Das musste der Schock sein.
Es war nicht ihre Art, egoistisch zu denken. Tränen rannen über ihre Wangen und ihr Hals fühlte sich so zugeschnürt an, dass es ihr nicht einmal gelang, zu schlucken.
Virgin legte seine Arme um sie. „Schsch …“, kam es leise über seine Lippen, während er sie sacht an seine Brust drückte. Er wartete, bis sie sich beruhigt hatte. „Besser?“
Quinn nickte.
„Darf ich?“ Er deutete in Richtung ihres Bauchs, und Quinn legte sich flach auf den Rücken zurück.
Sie wandte den Kopf zur Seite. Seinem Blick zu begegnen, hätte sie nicht über sich gebracht. Wahrscheinlich würde er von ihren Augen ablesen, wie sehr sie in Selbstmitleid zerfloss. Sie verstand ihre Reaktion selbst nicht, und wenn sie es schon nicht tat, was sollte Virge dann denken? Auf keinen Fall sollte er sie für eine verwöhnte, eigensüchtige Zicke ohne jedes Verantwortungsgefühl halten.
Etwas Kühles berührte ihre Haut. Quinn zuckte zusammen. „Was machst du da?“
Virgin grub mit den bloßen Händen in der Erde. „Diese Plantage wird automatisch bewässert.“ Er verteilte mehr feuchte Erde auf ihrem Bauch. „Das hilft nicht viel, aber es kühlt zumindest ein bisschen.“
„Wie geht’s deinem Bein?“
„Ist noch dran.“
Vanita schob sich endlich zu ihnen herüber und half
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