Höhlenwelt-Saga 03 - Der dunkle Pakt
dunklen Vierecke, die dort draußen, in Sardins Turm in schwarze, unerfindliche Tiefen führten, fanden sich auch hier: ein unergründliches Nichts zwischen den Strukturen an der Kuppel über ihm. Nach allem, was logisch war, hätte Victor irgendeinen Grund sehen müssen, wenn er mit seiner Kerze in eines der Vierecke hineinleuchtete - aber da war nichts. So wirkte dieser Raum wie eine originalgetreue, verkleinerte Ausgabe der verwirrenden Welt dort draußen, und Victor fühlte sich sehr ungemütlich angesichts der Tatsache, dass oberhalb seines Kopfes und dicht um ihn herum nichts als Unbegreiflichkeit herrschte. In Sardins Turm war dies auf gewisse Weise leichter zu akzeptieren als hier in diesem Raum. Von außen betrachtet, besaß dieser kleine Steinbau durchaus feste Grenzen - er hatte das flache Dach ja deutlich gesehen. Im Inneren jedoch.... Victor bemühte sich, langsam und gleichmäßig zu atmen, und versuchte, das seltsame, in ihm aufkeimende Gefühl der Verlorenheit zu beherrschen. Wieder fiel sein Blick auf die erstarrte, hell leuchtende Kerzenflamme und leichte Panik beschlich ihn. Magie war nichts Neues für ihn, aber dies hier war etwas anderes. Er versuchte krampfhaft, seinen heftig pochenden Herzschlag zu beruhigen. Vielleicht gelang ihm das besser, wenn er sich vorerst etwas anderem zuwandte.
Er lenkte seinen Blick auf die hölzerne Kiste, eine Art Truhe, die in der Mitte des Raumes auf dem flachen Sockel stand. Es handelte sich um eine rechteckige, etwa zwei Ellen lange und jeweils eine Elle hohe und breite Holzkonstruktion mit einem gewölbten Deckel. Es war kein Schloss zu sehen, aber dennoch - es sprang geradezu ins Auge, dass sie etwas Wichtiges bergen musste.
War hier etwa der Pakt versteckt? Würde er ihn tatsächlich finden - wo Sardin sich doch geweigert hatte, ihn herauszugeben? Ihm erschien das fast zu einfach. Aber vielleicht hatte er auch nur unerhörtes Glück gehabt, den Weg hierher zu finden, vielleicht hätte er nach dem Plan der Erbauer dieses Ortes längst zerschmettert auf dem Grund irgendeines dieser namenlosen dunklen Schächte zwischen den Brücken und Treppen liegen müssen. Sein Herz wummerte immer stärker, als er sich ausmalte, Sardin ausgetrickst zu haben und den Pakt nun gegen den Willen dieses Gottes erbeuten zu können.
Er umrundete die Truhe und untersuchte sie genau. Natürlich war es möglich, dass sie eine Falle enthielt -aber es kam Victor nicht sehr sinnvoll vor, dass man einem Eindringling erst hier, am Ziel, ans Leder wollte. Eine echte, tödliche Falle hätte früher zuschnappen sollen, beispielsweise durch eine einstürzende Brücke oder Ähnliches. Er überlegte kurz, kniete dann nieder und stellte die Kerze neben sich auf den Sockel.
Vorsichtig öffnete er den Deckel der Truhe.
Zuerst sah er gar nichts. Dann, als der Deckel ganz oben war und er die Kerze hob, erkannte er ein wahres Durcheinander in der Truhe - und bald war ihm klar, dass es sich ausschließlich um Schriftgut handelte. Packen von zusammengeschnürten Blättern, Schriftrollen, dicke und dünne Bücher. Aber Victor sah schon auf den ersten Blick, dass es sich nicht um gewöhnliche Bücher handelte.
Alles, was sich in der Truhe befand, war steinalt. Eine dicke Schicht öligen Staubes lag darauf, so als wäre es seit Urzeiten nicht mehr berührt worden. Victor hatte früher Bücher restauriert, und er erkannte mit einem Blick, dass man all diese Bände, Rollen und Pergamente mit äußerster Vorsicht behandeln musste. Sofort tastete er nach dem Trivocum, auf der Suche nach irgendetwas Ungewöhnlichem, das vielleicht zu dem passen mochte, was er suchte: dem Pakt. Aber da war nichts. Das Trivocum war auf seine typische Weise blass rötlich und unbewegt und Victor spürte den kalten Stich der Enttäuschung: Nein, der Pakt enthielt eine sehr mächtige Magie, irgendetwas hätte er sicher spüren müssen, wenn sich das Dokument in dieser Kiste befand.
Vorsichtig steckte Victor die Hand nach einem schmalen Büchlein aus, das zuoberst lag. Es erweckte den Eindruck, einigermaßen gut erhalten zu sein, war leicht und sein Einband bestand aus braunem Leder - vom Alter an den Rändern schon fast schwarz. Er stellte die Kerze wieder ab und schlug das Büchlein vorsichtig auf.
Zu seinem Schrecken fiel als Erstes etwas heraus und landete auf dem Boden - ein gefaltetes Blatt mit bunten Bildern. Er stieß einen Laut des Bedauerns aus und hob das Blatt wieder auf. Was er dann aber sah, ließ ihm den Atem
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