Höhlenwelt-Saga - 08 - Die Magie der Höhlenwelt
wie er nur konnte.
Laura war die Person, auf der die meisten Blicke hafteten. Die
junge Frau, die so unvermutet aus einer fremden Welt zu ihnen
gekommen war, hatte enormen Mut und eine gute Portion Kaltblütigkeit bewiesen, indem sie Chast viermal mit ihrer Armbrust
getroffen hatte – es hatte allein ein kleines bisschen Glück gefehlt, und ihr schlimmster Feind wäre tot. Dennoch, Lauras Mut
und ihre erstaunliche Treffsicherheit hatte ihnen vorläufig einen
Sieg beschert. Mit Bor Akramoria würden sie nun einen neuen
Stützpunkt haben, der Sicherheit versprach.
»Mich interessiert dieser Turm am Oberen Flusslauf der Ishmar«, erklärte Victor bei ihrer letzten Besprechung, ehe sie losflogen. Es war schon später Vormittag, und Dutzende von Drachen, die sich überall auf dem kleinen Plateau verteilt hatten,
warteten ungeduldig auf den Aufbruch, während andere draußen
über dem Abgrund kreisten. »Man kann ihn bei Tag gar nicht sehen«, meinte Alina, »oder meist gar nicht. Er verschwindet meistens im Dunst, der über dem Fluss herrscht, oder im Nebel, falls
es ein regnerischer Tag ist. Nur wenn der Mond durch das Sonnenfenster über der Oberen Ishmar fällt, ist er von Bor Akramoria
aus zu sehen.«
Ullrik nickte. »Ich wette, es ist eines dieser Bauwerke der Baumeister. Wie die Pyramide in Veldoor. Wahrscheinlich gibt es noch
mehr davon in der Höhlenwelt.«
»Ja, das denke ich auch«, meinte Azrani. »Wir glauben ja, dass
die Bauwerke Mahnmale sind. Vielleicht entdecken wir durch sie
noch wichtige Dinge aus der Vergangenheit der Höhlenwelt. Dinge, die uns weiterhelfen können.«
»Ich hoffe auf Hinweise auf die dritte Stadt«, meinte Victor leise. »Die Stadt, die es laut Ulfas Vermutung in der Höhlenwelt
noch geben muss und die die Quelle der Stygischen Magie ist.
Doch wir sollten jetzt aufbrechen. Je eher wir von hier fort sind
und in Bor Akramoria eintreffen, desto sicherer sind wir.«
Sie hatten die Leichname ihrer vier getöteten Freunde auf den
Rücken dreier Drachen befestigt; um Cathryn kümmerte sich
Hochmeister Jockum persönlich. Sie flogen auf dem Rücken eines
riesigen Salmdrachen, der mit seinen vier Beinen viel sanfter zu
starten vermochte als ein Zweibeiner-Drachen. Bald darauf waren
sie alle in der Luft und schlugen den direkten Weg nach Norden
ein, entlang der westlichen Steilküste des Mogellsees. Immer
mehr Drachen schlossen sich ihnen an, und als sie nach vier
Stunden auf einer Felseninsel im Mogellsee eine Pause einlegten,
war die Luft erfüllt von Drachen und alle Landeplätze auf der Insel
waren belegt.
»Das sind schon über dreihundert!«, meinte Laura begeistert,
als sie in den Himmel hinaufsah. Ullrik nickte zufrieden, während
er den Arm um ihre Schultern legte. »Ja. Dagegen kämen nicht
einmal mehr ein Dutzend Malachistas an. Ich glaube, wir sind
vorerst in Sicherheit.«
Lauras Blick trübte sich, und sie drückte sich an ihn. »Es tut mir
so Leid, was passiert ist. Glaubst du, der Heiler kann die kleine
Cathryn retten?«
Ullrik stieß ein schweres Seufzen aus. »Weißt du, Laura, ich
glaube, Hochmeister Jockum wollte uns nur einen Hoffnungsfunken bewahren. Ich bin in den Künsten der Magie nicht eben
schlecht, das weißt du. Aber ich habe in ihr kein Leben mehr entdecken können – nicht die kleinste Spur. Ihr Körper besitzt im
Trivocum vollständig blaue oder violette Farben, das ist, als betrachte man einen Stein. Kein Leben, alles vollkommen tot. Selbst
ein Stück Holz wäre rot wahrzunehmen, ein menschlicher Körper
hingegen müsste in hellroten und gelben Farben strahlen.« Er
schüttelte den Kopf und seufzte noch einmal. »Tut mir Leid, Laura, aber ich fürchte, auch der Heiler kann Cathryn nicht mehr helfen. Ich hätte etwas an ihr gespürt. Aber ihr kleiner Körper ist
ohne Leben.« Laura sah ihn lange an, dann suchte sie mit Blicken
den Salmdrachen, auf dessen Rücken Cathryn in einer bedrückend sargähnlichen Holzkonstruktion befestigt war. Hochmeister
Jockum war abgestiegen und vertrat sich die Beine. Victor lief
neben ihm, sie schienen in ein ernstes Gespräch vertieft. Langsam verstand Ullrik, was Laura so sehr bedrückte. In ihrer Begeisterung hatte sie schon vor ihrer Rückreise von Jonissar in die
Höhlenwelt anklingen lassen, dass sie gern eine der Schwestern
des Windes werden würde. Die große und wichtige Aufgabe reizte
sie, und ein Rebell war sie seit Kindesbeinen; die Befreiung von
Jonissar wäre ohne sie gar nicht
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