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Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor

Titel: Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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mir an, was es war.«
    »Und? Was fandest du?«
    »Tja, das ist schwer zu beschreiben. Einmal gab es einen Flussabschnitt, den kein Wesen lebend durchqueren konnte. Alle Fische starben, die dort hindurch schwammen, sogar Enten und einmal auch eine kleine Mulloohherde, die ein Bauer hindurch getrieben hatte. Sie wurden unter Wasser gezogen und tauchten erst nach einer Meile grässlich verstümmelt wieder auf.«
    »Puuh! War das ein Dämon?«
    Er nickte. »Ja, ein ganz übler sogar. Er hatte keine wahrnehmbare Gestalt, er war sozusagen das Wasser selber.
    Eine äußert komplizierte Verknüpfung stygischer Strukturen, sozusagen. Weißt du überhaupt, was ein Dämon eigentlich ist?«
    Sie hob die Achseln. »Ich wusste gar nicht, dass man sie beschreiben kann.«
    »Doch, das kann man. Ein Dämon ist im Prinzip ein Knotenpunkt stygischer Energien. So wie wir Menschen gewissermaßen Knotenpunkte diesseitiger Energien sind. In uns treffen sich Kräfte der Ordnung, und zwar auf sehr komplizierte Weise, und erschaffen komplexe Systeme. Im Stygium funktioniert das anders, denn das Prinzip des Stygiums ist es, Systeme der Ordnung auszulöschen. So ist es eigentlich unmöglich, dass sich dort etwas formt; es widerspräche dem Prinzip der Unordnung.«
    »Und wie geht es dennoch?«
    »Nun, das ist ein Lehrsatz aus dem Prinzip der Kräfte. Ordnung und Unordnung durchdringen sich gegenseitig.
    Ein System, das aus purer Ordnung besteht, gibt es nicht, denn es würde stillstehen. Es könnte niemals bis zu seinem Status gelangt sein, denn Bewegung entsteht nur an den Reibungskanten der beiden Kräfte, also am Trivocum. Ein höchst komplexes System der Ordnung enthält immer auch einen Teil Unordnung, also ein Element, das es aufzulösen versucht. So ist es auch umgekehrt. Die Prinzipien der Unordnung enthalten auch immer ein wenig Ordnung, denn die perfekte Unordnung kann es nicht geben - es wäre das Nichts, es würde stillstehen. Aus diesem Lehrsatz ergibt sich das Phänomen der Dämonen. In ihnen verketten sich unterschiedliche Kräfte der Unordnung, sie stellen Knotenpunkte von teilweise unerhörter Komplexität dar. Je verschlungener der Knoten, desto mächtiger. Er ist sozusagen die geballte Auflösungskraft.«
    »Unglaublich!«, stieß Leandra hervor. »Dann ist ein Dämon also nichts weiter als ein Bündel stygischer Energien? Wie kann er dann ein Aussehen annehmen wie dieser Dämon, den wir töteten?«
    »Genau so, wie wir ein Aussehen angenommen haben.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    Munuel streckte seine Hände vor. »Schau doch mal. Das hier sind Werkzeuge von unerhörter Vielseitigkeit. Sie haben sich entwickelt und sehen letztlich nun so aus, weil dies die sinnreichste und wirkungsvollste Form ist.
    Was, würdest du sagen, wäre die sinnreichste und wirkungsvollste Form für ein Bündel von Energien, dessen einzige Aufgabe die Zerstörung ist?«
    Munuel hatte die Frage so gestellt, dass die Antwort beinahe lustig war. »Er sollte am besten zehn nadelspitze Hörner haben, ein Gebiss wie ein Drachenmurgo, hundert giftige Tentakel - und er sollte dreißig Ellen hoch sein!«, antwortete Leandra.
    Munuel lächelte, aber er war nicht froh. »Ganz genau, mein Kind. Aber das ist noch nicht alles. Unsere Wahrnehmungsgewohnheiten und unser Verstand spielen auch mit hinein. Selbst der Schrecken, den wir empfinden, ist ein Werkzeug eines Dämonen. Schrecken ist Chaos und letztlich Unordnung.« Er winkte ab. »Es gibt vermutlich tausend Wege, einen Dämon beschreiben zu wollen, und doch ist keiner davon der richtige.«
    »Das klingt alles sehr wissenschaftlich«, sagte sie. »So, als könnte man einen Dämon messen, wiegen und sein Alter bestimmen. Vor so einem Dämon müsste man gar keine Angst mehr haben. Sicher ließen sich auch einfache Wege finden, ihn zu beseitigen, meinst du nicht?«
    Munuel lachte hart und bitter auf. »Ha, da sagst du vielleicht etwas! Genau das sind die Bilder, mit denen Leute wie ich seit Jahren gegen die Gelehrten der Gilde ankämpfen. Sie forschen in den Kellern irgendwelcher Bibliotheken über die Natur der Dinge und denken, auf wissenschaftlichem Wege ließe sich jedem Problem beikommen. Bis dann mal einer von ihnen vor einem leibhaftigen Dämon steht. Dann versagt alles Wissen und alle Theorie.« Er hob einen mahnenden Finger. »Ich sage dir was, Mädchen! Glaube nie, dass du die Welt begreifen kannst! Sie ist zu vielfältig und zu unberechenbar. Das gilt in besonderem Maße für das Stygium. Du tust

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