Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hölle unter Null Grad

Hölle unter Null Grad

Titel: Hölle unter Null Grad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
Vom Netzwerk:
ja kaum für die Zu­fahrts­s­tra­ßen und die lang­ge­streck­ten Schup­pen.«
    »Das sind nur La­ger­hal­len«, er­klär­te Hae­fert. »Dort hin­ten, wo die Stra­ße ei­ne Bie­gung macht, be­ginnt ei­ne an­de­re Ge­steins­bla­se. Ihr Bo­den liegt et­wa zehn Me­ter hö­her. Der Hohl­raum ist zwar nicht so groß wie der See-Dom, aber es geht al­ler­hand hin­ein. Dort be­fin­den sich die Wohn­bau­ten.«
    Han­ni­bal ach­te­te nicht auf uns. Er un­ter­hielt sich noch im­mer mit den bei­den Pos­ten, die völ­lig arg­los zu sein schie­nen. Ih­re in­stink­ti­ve Scheu vor dem Mu­tan­ten schi­en sich et­was ge­legt zu ha­ben.
    Ich lausch­te auf das dump­fe Don­nern, das un­un­ter­bro­chen durch die Hal­le dröhn­te. Ge­le­gent­lich wur­de es von grol­len­den Ge­räuschen ab­ge­löst. Es hör­te sich an, als lie­fen schwe­re Ma­schi­nen in ei­nem gleich­mä­ßi­gen Ar­beit­stakt.
    »Was ist das?« frag­te ich bei­läu­fig, »Die Kraft­sta­ti­on? Die kann doch nicht einen sol­chen Lärm ma­chen.«
    Sein Blick war ste­chend und arg­wöh­nisch. Das ge­fiel mir nicht. Die­se Leu­te schie­nen ein aus­ge­präg­tes Miß­trau­en zu ha­ben.
    »Das wer­den Sie noch er­fah­ren. Ich bin nicht be­fugt, dar­über zu spre­chen.«
    Han­ni­bal grins­te ihn breit an. Ich mus­ter­te ihn iro­nisch. Sei­ne Wor­te über­zeug­ten mich, daß sich das so­ge­nann­te Werk in un­mit­tel­ba­rer Nä­he be­fand. Das fer­ne Dröh­nen und Don­nern hör­te sich so an, als ar­bei­te­te man mit schwe­ren Ma­schi­nen tief in den Fels­wän­den.
    »Wie Sie wol­len, Hae­fert. Ich wer­de nicht mehr fra­gen. Wes­halb sind Sie ei­gent­lich so zu­rück­hal­tend? Sie ha­ben uns doch in Ih­rer Ge­walt.«
    »Da ha­ben Sie al­ler­dings recht«, stimm­te er zu. »Mit mir hat man es aber nicht an­ders ge­macht. Ich bin seit zwei Jah­ren hier. In der Zeit ha­be ich viel er­lebt. Auf­pas­sen, da vorn.«
    Die letz­ten Wor­te schrie er von dem Turm hin­un­ter aufs Vor­schiff, wo sich an den aus­ge­fah­re­nen La­de­schacht ei­ne brei­te Lan­de­brücke her­an­ge­scho­ben hat­te. Auf dem lan­gen Be­ton­kai tauch­ten be­waff­ne­te Män­ner auf, und min­des­tens zehn Last­wa­gen ka­men hin­ter ei­nem Schup­pen her­vor.
    Er­schüt­tert ver­folg­te ich die Sze­ne, die sich un­mit­tel­bar vor mei­nen Au­gen ab­spiel­te. Un­ter den Dro­hun­gen der Be­sat­zungs­an­ge­hö­ri­gen tau­mel­ten und kro­chen Men­schen aus dem er­leuch­te­ten Schacht. Es wa­ren ab­ge­zehr­te Ge­stal­ten, de­ren Klei­dung nur noch aus Fet­zen be­stan­den.
    Man­zo stieß ei­ni­ge Lau­te aus, die mir be­wie­sen, was der Mu­tant bei die­sem An­blick dach­te. Ich sah wie­der das große Strafla­ger in Chi­na vor mir. Die Men­schen, die ich da­mals dort ge­se­hen hat­te, wa­ren in dem glei­chen Zu­stand ge­we­sen.
    Auch hier han­del­te es sich zwei­fel­los um Straf­ge­fan­ge­ne, die man mit dem großen U-Kreu­zer in die­se un­ter­ir­di­sche Höl­le ge­bracht hat­te. Ich sah An­ge­hö­ri­ge al­ler asia­ti­schen Völ­ker und Al­ter­s­stu­fen.
    Teil­nahms­los schwank­ten sie über den Lauf­steg, bis sie drü­ben auf die of­fe­nen Prit­schen der Last­wa­gen ge­trie­ben wur­den. Die Be­hand­lung war bru­tal. Die Bil­der er­in­ner­ten mich an mei­ne Er­leb­nis­se im tiefs­ten Ost­asi­en. So­gar Frau­en wa­ren dar­un­ter, aber dar­auf hat­te man noch nie­mals Rück­sicht ge­nom­men.
    Hae­fert sah mich ein­mal von der Sei­te her an. Ich zog es je­doch vor, ein mög­lichst star­res Ge­sicht zu zei­gen und kei­ne Be­mer­kung zu ma­chen. Al­ler­dings wur­de mir in dem Au­gen­blick klar, daß wir uns selbst in ei­ner Mau­se­fal­le ein­ge­sperrt hat­ten. Die ato­ma­re Ver­nich­tungs­waf­fen in Man­zos Hö­cker konn­ten nie­mals an­ge­wen­det wer­den, da es hier nicht nur kalt­blü­ti­ge Ver­bre­cher, son­dern höchst­wahr­schein­lich Tau­sen­de von un­schul­di­gen Op­fern ei­ne gna­den­lo­sen Jus­tiz gab.
    Ich konn­te mir vor­stel­len, was mit den vier­zig­tau­send ver­schwun­de­nen Straf­ge­fan­ge­nen ge­sche­hen war. In die­ser fürch­tet lie­hen, feuch­tig­keits­ge­schwän­ger­ten Luft konn­te ein oh­ne­hin

Weitere Kostenlose Bücher