Hölle unter Null Grad
handelte sich zweifellos um einen Inder. Indien gehörte nach der Revolution von 1990 zum Großasiatischen-Staatenbund, so daß ich nicht überrascht war, einen Angehörigen dieser Nation in dem unerlaubten Werk zu finden.
Dicht vor mir blieb er stehen. In dem markanten Gesicht mit der straffen, pergamentähnlichen Haut zuckte kein Muskel. Nur die Augen musterten mich unablässig.
Seine Stimme hatte einen tiefen, sonoren Klang. Sie wäre recht angenehm gewesen, wenn nicht ein gewisser eisiger Unterton in ihr mitgeschwungen hätte.
»Mr. Satcher?« fragte er.
Ich neigte stumm den Kopf. Nach den Namen meiner Begleiter erkundigte er sich nicht. Hannibal war nach einer Beschreibung gut zu erkennen, außerdem konnte der Mutant niemals als Gene Bopart angesehen werden. Daroun stand eingeschüchtert hinter uns.
Der Inder maß mich nochmals mit unangenehm prüfenden Blicken, ehe er abrupt sagte:
»Als der Überwachungschef des Kreuzers 1212 zu mir kam, war ich entschlossen, Sie mit Ralowgaltin zu verhören.«
Er legte eine Pause ein, um die Wirkung seiner Worte zu beobachten. In seinen Augen stand Ironie. Wahrscheinlich hatte er meine unbewußten Abwehrbewegungen bemerkt.
»Nein, nein, spielen Sie nicht wieder den Heroischen, wie Sie es an Bord getan haben. Ich werde Sie schon lebend auf den Tisch bringen, auch wenn Sie Ihren Worten nach die Garbe aus einer Maschinenwaffe vorziehen. Sie machen übrigens nicht den Eindruck, als könnten Sie durch Ralowgaltin den Verstand verlieren. Dieser Joe Leferts scheint ein psychisch sehr labiler Mensch gewesen zu sein.«
»Gewesen?« wiederholte Hannibal gedehnt.
Die Mundwinkel des grauhaarigen Mannes verzogen sich etwas. »Allerdings. Der Wahnsinnige wurde schmerzlos getötet.«
Daroun machte diese Antwort schwer zu schaffen. Ich biß die Zähne aufeinander. Auf einen Mord mehr oder weniger schien es diesen Männern nicht anzukommen.
Für mich war eine Frage entscheidend geworden.
»Und warum wollen Sie mich jetzt nicht mehr mit der Droge verhören lassen?«
Er fuhr sich mit der Hand über das kurze Haar.
»Das habe ich zwar nicht gesagt, aber Sie konnten natürlich diese Folgerung ziehen. Haben Sie eigentlich nur Glück, oder sind Sie mit Vollmachten ausgerüstet, die über jedes erdenkliche Maß hinausgehen?«
Er lächelte plötzlich, so daß ich seine Zähne konturenhaft erkennen konnte. Fieberhafte Spannung stieg in mir hoch. In meinem Gehirn schrillte eine Warnklingel. Die Beherrschung meiner Reflexe erforderte meine ganze Willenskraft. Hannibals Gesicht war ausdruckslos. Ich spielte den verblüfften Mann und fragte:
»Wie meinen Sie das? Ich verstehe nicht. Welche Vollmachten und welches Glück?«
Sein Blick versuchte meine Gedanken zu ergründen. Ich fühlte ihn fast als körperlichen Schmerz. Wenn dieser Mann nicht überaus gefährlich war, wollte ich in den nächsten Meiler springen.
Bestimmt gehörte er zu den fähigsten Leuten des GAS-Geheimdienstes, so daß er über die Arbeitsweise der GWA informiert war. Das konnte auch gar nicht ausbleiben, da wir schon etliche Schachzüge durchgeführt hatten.
»So, Sie verstehen also nicht«, wiederholte er. »Das würden Sie natürlich auch dann behaupten, wenn Sie ein Mann mit besonderen Vollmachten wären. Ich bin davon überzeugt, daß Carder Sundlay noch einige Dinge aussagen konnte. Die US-Presse hat etwas zu auffällig dementiert.«
Nein, so konnte er mich nicht überrumpeln, auch wenn ich jetzt endgültig wußte, daß er mit dem Gedanken an einen GWA-Einsatz spielte. Ich sah ihn nach wie vor ratlos an.
»Ich … ich verstehe noch immer nicht, Mister – äh, ich meine Sir.«
Er lächelte unmerklich und
Weitere Kostenlose Bücher