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Höllen-Mädchen

Titel: Höllen-Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Verschwörung der Jugendlichen. Erst Jahre später ging mir auf, daß es höchstwahrscheinlich Metria war, die den Pflaumenkuchen ins Bett gelegt hatte. Wer wollte da noch behaupten, daß Dämonen einem niemals einen nützlichen Dienst erwiesen hätten? Wie dem auch sei, von diesem Zeitpunkt an verwendete Iris ihr Talent mit weit größerer Vorsicht als zuvor und hatte innerhalb kürzester Zeit Manieren gelernt.
    Iris hatte eine wundersame Fähigkeit. Sie konnte alles mögliche vollständig und lebensecht erscheinen lassen, sogar inklusive Geräuschen und Gerüchen. Nur berühren konnte man die Trugbilder nicht. Die Erscheinungen waren von feinstofflicher Transparenz und boten dem Körper keinen Widerstand. Doch wer würde es wagen, durch einen feuerspeienden Drachen hindurchzuwandern, allein im Vertrauen darauf, daß er eine Illusion sei? Wer riskierte das, wenn die Chancen zehn zu eins ständen, daß es ein echter Drachen sei? Doch für alle, die solche Risiken eingingen, hatte sie einen weiteren Trick auf Lager: Sie schuf einfach die Illusion eines Drachens über einer tiefen Fallgrube. Wenn nun jemand die Illusion durchdringen wollte, fiel er in die Fallgrube, wodurch er sich in größeren Schwierigkeiten befände als zuvor. Ebenso leicht konnte sie über einer Fallgrube das Trugbild eines harmlosen, ebenmäßigen Bodens erzeugen oder einen wirklichen Drachen mit dem Trugbild eines täuschend echten Bodens bedecken. Selbst ein Mensch, der um solche Trugbilder einen großen Bogen machte, war nicht wirklich in Sicherheit, denn buchstäblich alles hätte eine Illusion sein können. Alles und jedes konnte auf unerwartete Weise gefährlich werden.
    Doch wir hatten mit Iris keine Probleme. Dafür gab es zwei ausschlaggebende Gründe. Erstens waren wir über ihre Begabung hocherfreut. Sie war das zweite Talent der Magier klasse, dem ich innerhalb von zwei Jahren begegnete (sollte das einen Trend anzeigen?). Selbst wenn sie niemals Königin werden könnte, würde sie in Xanth einen Machtfaktor darstellen. Während ihre Familie durch die Macht ihrer Illusionen fast in den Wahnsinn getrieben wurde, waren wir glücklich darüber. Iris fühlte sich durch unsere Aufmerksamkeit geschmeichelt, und wenn Mädchen sich geschmeichelt fühlen, machen sie keine Schwierigkeiten. Zweitens verstand auch ich eine Menge von Magie, denn ich hatte an der Universität für Magie studiert und mein Leben lang Zaubersprüche gesammelt. Mich konnte man nicht so leicht hereinlegen. Ich vermochte auf Anhieb Schein von Wirklichkeit zu unterscheiden. Den Beweis dafür hatte ich bereits erbracht, als Iris lauter Doppelgängerinnen von sich geschaffen hatte. Im ganzen Schloß wimmelte es von kreischenden, kleinen Mädchen, doch ich sprach immer nur mit der echten Iris. Sie ahnte nichts davon, daß erst ein Zaubertrank mir das ermöglicht hatte, sondern war tief beeindruckt. Kinder respektieren Erwachsene, wenn sie ihnen keine Streiche spielen können.
    Mit der Zeit zeigte ich ihr immer neue Wege, wie sie ihr Talent nutzen und noch mächtigere Illusionen schaffen konnte. Als sie zu uns kam, konnte sie ein komplettes Puppenhaus zaubern; als sie uns verließ, ein ganzes Schloß. Zu Anfang vermochte sie eine klitzekleine Sturmwolke zu schaffen, aus der es zu Sofias Verzweiflung auf den Teppich regnete; am Ende einen Orkan, der um das Schloß herum heulte. Doch das Wichtigste war vielleicht, daß sie gelernt hatte, echte Lebensmittel herzustellen, die zwar ganz gewöhnlich aussahen, aber wie erlesene Delikatessen schmeckten. Ob man nun ein Glas Wasser oder einen exotischen Wein vor sich hatte, beides konnte wie ein und dieselbe kühle Flüssigkeit wirken. Nach und nach vermochte sie ihre Fähigkeiten so zu steigern, daß sie sogar sich selbst damit täuschte. Sie trank ausschließlich grüne und gelbe Sprudelbrause, die sie genoß wie wir alle, obwohl das Zeug in Wirklichkeit nur Wasser war. Sie konnte die fade Frucht der Schalpappel als würziges Drachensteak ausgeben. Wenn sie vergaß, ihre Haare zu bürsten, sah sie dennoch auffallend gut frisiert aus – und das freute sie am meisten.
    Ich erklärte ihr, welche Möglichkeiten sich ihr in dieser Hinsicht boten, wenn sie zu einer jungen Frau heranwuchs. Sie konnte noch so schlampig herumlaufen und wäre dennoch für alle anderen wunderschön und gutgekleidet. Häufig demonstrierte sie mir, welche Fortschritte sie machte. So verwandelte sie sich in eine bildschöne junge Frau in einem tiefausgeschnittenen

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