Höllen-Mädchen
absolviert. Ich wußte inzwischen mehr über Magie, als je ein menschliches Wesen zuvor. Aber mein Wissensdurst war immer noch nicht gelöscht. Anscheinend hatte mich Professor Zwölf erschlag direkt in sein Dämonenherz geschlossen: »Im nächsten Jahrhundert wird dein Name in die Geschichte eingegangen sein«, prophezeite er mir auf seine polternde Art.
Als es zur Diskussion meiner Abschlußarbeit kam, konnte ich meine Thesen erfolgreich vertreten, obgleich mich die dämonischen Prüfer ordentlich in die Mangel nahmen. »Was Sie hier dargelegt haben, ist ja recht ordentlich«, schnarrte einer der Prüfer scharf, »aber wie kommt es, daß Sie nicht alle verlorenen Schlösser des Menschenreichs unter magischen Aspekten behandelt haben?«
»Aber es gibt doch nur zwei«, wehrte ich mich aufgebracht, wurde aber dennoch ein wenig unsicher.
»Und was ist mit dem Elfenbeinturm?« forderte er mich auf. »Oder mit dem Schloß Neu-Zombie?«
Professor Zwölferschlag versetzte ihm einen leichten Stoß in die Rippen. »Die müssen doch erst noch gebaut werden«, murmelte er.
»Ach. Und was ist dann mit Schloß Namenlos?«
Zwölferschlag nickte gemessen. »Das hat er allerdings ausgelassen. Nun, ich halte zwei von dreien für gar kein so schlechtes Ergebnis.«
Schloß Namenlos? Nicht einmal im Traum hatte ich davon gehört. Wie sah es wohl aus, und wo mochte es zu finden sein?
Ich bekam für meine Leistung nur eine Fünf Minus, hatte dank Zwölferschlags freundlicher Fürsprache aber dennoch bestanden. Wahrscheinlich war er froh, endlich einmal einen Schüler unterrichtet zu haben, der mit ehrlicher, echter Begeisterung bei der Sache war, selbst wenn am Ende doch noch eine Menge ›Brei‹ in seinem Hirn verblieb.
Ich hatte meinen Abschluß gemacht und durfte mich mit gutem Recht Magier der Informationswissenschaften nennen. Endlich stand meiner Heirat mit Rose nichts mehr im Wege.
10
DIE HÖLLE
Der köstliche Duft heißen Kaffees lag in der Luft und weckte Rose auf. Sie war sehr überrascht, denn sie hatte schon seit langer Zeit keine Becher heißen Kaffees mehr geerntet. Was war geschehen?
Millie das Gespenst schwebte herein. »Guten Morgen, meine Liebe!« rief sie aufgeregt. »Du hast im Schlaf so friedlich ausgesehen, daß ich es nicht übers Herz brachte, dich aufzuwecken. Doch der Tag ist bereits angebrochen, und das Hochzeitsfest wird spätestens am Vormittag beginnen. Magpie bringt dir gleich etwas Aufmunterndes zu trinken.«
»Wer?« fragte Rose verschlafen.
»Magpie. Sie ist gekommen, um dir heute zur Seite zu stehen.«
»Aber in Schloß Roogna gibt es doch außer mir gar keine andere lebende Person!« wandte Rose ein.
»Stimmt, aber sie ist eine Studienkameradin von Humfrey.«
Allmählich begann Rose zu verstehen. Es handelte sich um eine Dämonin. Im vergangenen Jahr hatte sie eine Menge über Dämonen gelernt und dabei alle Furcht vor ihnen verloren. Sie hatte die Natur dieser Wesen gründlich durchschaut und war vorsichtig geworden, denn sie wußte ganz genau, daß Dämonen, genauso wie Drachen und Basilisken, lediglich eine andere Art schrecklicher Wesen Xanths waren.
Wenig später betrat Magpie das Gemach und servierte den Kaffee, den sie sich irgendwoher besorgt hatte.
Mit dem grauen Haar unter ihrem weißen Spitzenhäubchen und dem schwarzen Kleid aus Wolle und Federn sah sie wie eine geschäftige Matrone aus. Nachdem sie den Becher auf den Nachttisch neben Roses Bett gestellt hatte, begab sie sich zum Kamin und stieß ihren Finger hinein. Sofort entzündete sich ein loderndes Feuer, dessen Hitze allmählich die eisige Kälte der Schlafkammer verdrängte. Da Rose sich unbehaglich fühlte, die Nacht in einem der großen Gemächer des Schlosses zu verbringen, hatte sie es vorgezogen, eine der kleineren Dachkammern zu beziehen, in denen es allerdings während der Nacht lausig kalt wurde.
Rose trank den Kaffee, während Magpie eifrig ihre Kleider zusammensuchte. Doch es blieb nicht bei dem Becher Kaffee; voller Fürsorge hatte die Dämonin ein kleines Frühstück aus Orangensaft (oder vielleicht Dunkelgelb-Saft), frisch gerösteten Brotfruchtscheiben und eingemachten Hagebutten zubereitet. Dieses leckere Mahl reichte bestimmt bis zum Hochzeitsschmaus. »Danke, Magpie. Ich sterbe schon vor Hunger!«
»Nenn mich Mag«, antwortete die Frau, ohne dabei ihre Arbeit zu unterbrechen. Rose begriff, daß ihr Name ironisch zu verstehen war: ein Magpie war ein geschwätziger Vogel, doch diese Frau
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