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Hoellenglanz

Hoellenglanz

Titel: Hoellenglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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einzelne hoffte, jemand anderes würde die Leiche wieder in den Sarg legen. »Mein Großonkel wird heute beerdigt, und als das mit dem Beben angefangen hat, ist er in seinem Sarg rumgerollt, und die Sargträger haben einen Schreck gekriegt und ihn fallen lassen.«
    Der Mann räusperte sich warnend – wir sollten die gruseligen Details nicht unbedingt hören. Aber sie redete weiter.
    »Der Sarg ist aufgegangen, Onkel Al ist rausgefallen, der Boden hat wieder gezittert, und …« Sie versuchte, sich ein Kichern zu verkneifen. »Sie haben gedacht, ihr wisst schon, er würde sich bewegen.«
    »Oh«, sagte Tori. »Ich glaube, ich hätte auch geschrieen.«
    »Wie dem auch sei«, schaltete der Mann sich wieder ein, »ich sehe gerade, eure Großmutter winkt euch zum Auto rüber. Kann ich gut verstehen, vielleicht ist Mutter Natur hier noch nicht mit uns fertig.«
    Wir bedankten uns und gingen zum Parkplatz. Margaret hielt auch jetzt noch sechs Meter Abstand von uns.
    »Teutonische Platten?«, sagte Tori. »Begräbt man die Leute hier mit ihrem deutschen Serviergeschirr?«
    Ich musste lachen, obwohl mir noch nicht so richtig danach war.
    Sie fuhr fort: »Wenn es ein Erdbeben geben soll, müssen die
tektonischen
Platten eine Bruchlinie haben, und die ist ziemlich genau am anderen Ende des Landes.«
    »Aber es klingt gut. Das ist das Wichtigste. Derek und Simon sagen, das machen die Leute immer, wenn sie irgendwas Paranormales sehen – eine logische Erklärung finden. Wenn du nichts von Nekromanten wüsstest und das da gerade eben gesehen hättest, was würdest du denken? Erdbeben? Oder dass irgendwer die Toten gerufen hat?«
    »Stimmt schon. Aber trotzdem – teutonische Platten?«
     
    Dieses Mal saß ich zusammen mit Tori auf dem Rücksitz. Als wir den Highway erreicht hatten, machte Margaret schließlich den Mund auf.
    »Wer hat dir das beigebracht, Chloe?«, fragte sie.
    »Was?«
    Ihr Blick fing im Rückspiegel meinen auf. »Wer hat dir beigebracht, die Toten zurückzuholen?«
    »N-niemand. Ich habe vor Ihnen nie auch nur einen anderen Nekromanten getroffen.« Streng genommen nicht wahr. Ich hatte kurz mit dem Geist eines Nekromanten zu tun gehabt, aber er war nicht sehr hilfreich gewesen.
    »Hat die Edison Group dir Bücher gegeben? Handbücher?«
    »B-bloß ein Geschichtsbuch, i-ich hab ein bisschen drin geblättert. D-da war nichts über Rituale drin.«
    Ein kurzes Schweigen, während sie mich im Rückspiegel musterte. »Du hast mir da etwas sagen wollen, richtig, Chloe?«
    »W-was?«
    »Ich habe gesagt, du könntest die Toten nicht zurückholen. Du hast bewiesen, dass du es kannst. Du hast dir vorgestellt, wie du eine Seele …«
    »Nein!« Mein Stottern verflog. »Einen Geist in eine verwesende Leiche zurückholen, um Ihnen damit was zu beweisen? Das würde ich niemals tun. Ich hab genau das getan, was Sie gesagt haben – ich habe versucht, diesen einen Geist zu uns rüberzuziehen. Ich habe beschworen. Aber wenn ich das mache und es sind Leichen in der Nähe, dann kann ich damit die Toten rufen. Das war es, was ich vorher versucht hatte, Ihnen zu erklären.«
    Eine Minute lang fuhren wir einfach weiter. Das Schweigen lastete schwer auf mir. Dann hob Margaret wieder den Blick zum Rückspiegel und zu meinem Gesicht.
    »Du willst mir erzählen, dass du die Toten mit einer gewöhnlichen Beschwörung in ihre Körper zurückrufen kannst?«
    »Ja.«
    »Mein Gott«, flüsterte sie, während sie mich immer noch anstarrte. »Was haben die eigentlich getan?«
    Als ich die Worte hörte und ihren Gesichtsausdruck sah, wusste ich, dass Derek recht gehabt hatte. Ich hatte gerade etwas Schlimmeres getan, als die Toten zu rufen – ich hatte ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt.
     
    Als wir das Haus erreichten, war nur Andrew dort. Margaret rief ihn in die Küche und schloss die Tür hinter ihnen.
    Nicht, dass es viel gebracht hätte. Margaret schrie zwar nicht, aber ihre Stimme bekam einen schneidenden Ton, so dass man sie im halben Haus hörte.
    Es lief darauf hinaus, dass ich Teufelsbrut war und eigentlich in einen Turm gesperrt werden sollte, bevor ich Horden lebender Toter beschwor, die alle anderen im Schlaf abschlachten würden. Gut, vielleicht ist das etwas übertrieben – aber nicht sehr.
    Tori stieß die Küchentür auf und marschierte hinein, ich ihr dicht auf den Fersen. »Entschuldigung. Und wer hat die genetisch modifizierte Nekromantin mit auf den Friedhof genommen?«
    Andrew drehte sich zu ihr um.

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