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Hoellenpforte

Hoellenpforte

Titel: Hoellenpforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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auf und sie stiegen hinaus.
    Scarlett fand sich auf einer kleinen viereckigen Plattform wieder, von der aus eine ganze Reihe von Metalltreppen im Zickzack bis auf die Straße hinunterführte, die ungefähr zwanzig Stockwerke unter ihr lag. Es war sehr kalt hier oben, und der Wind, der um die Wolkenkratzer fegte, trieb den Regen vor sich her. Scarlett sah hinunter auf eine Szenerie, die sie normalerweise mit einem schweren Unfall in Verbindung gebracht hätte. Auf der Straße stand mindestens ein Dutzend Polizeiwagen, die kreuz und quer geparkt hatten. Die Sirenen waren zwar abgeschaltet, aber die Blaulichter blinkten immer noch, was selbst bei Tageslicht ziemlich beeindruckend aussah. Rund um das Gebäude wurden Straßensperren errichtet, der gesamte Verkehr war gestoppt worden. Männer in schwarz-silbernen Uniformen hielten die Neugierigen zurück.
    Sie konnten nicht nach unten. Die Feuertreppe mündete genau im Zentrum des ganzen Chaos. Sobald sie unten ankamen, würde man sie ergreifen. Noch schlimmer war, dass einer der Polizisten sie entdeckt hatte. Er schrie etwas und zeigte nach oben. Sofort setzte sich ein Trupp bewaffneter Männer in Bewegung und begann, die Feuertreppe hochzusteigen.
    Lohan schien das nicht zu stören. »Wir wollen nicht runter«, murmelte er. »Wir gehen rauf.«
    Von der Plattform bis zum Dach waren es nur drei Treppen, und da die Polizisten schnell näher kamen, rannte Scarlett hinauf, so schnell sie konnte, und hielt sich dicht an der Wand für den Fall, dass auf sie geschossen wurde. Draco und Red waren dicht hinter ihr. Einen Moment später hatten sie das Dach erreicht und gingen kurz hinter einem rostigen Wassertank in Deckung, um wieder zu Atem zu kommen. Der Regen prasselte auf sie herab. Scarlett war schon vollkommen durchweicht und das Haar schweißnass.
    Lohan hatte ein Mobiltelefon herausgeholt. Er drückte eine Kurzwahltaste, sprach eindringlich ein paar Worte und klappte das Handy wieder zu. Die anderen Männer hatten kein Wort gesagt, doch sie schienen zu wissen, was ausgemacht worden war. Dann sagte Red etwas und zeigte nach oben. Scarlett schaute auf, weil sie wissen wollte, was er gesehen hatte. Sie schauderte. Eigentlich hatte sie gedacht, dass ihre Lage nicht noch schlimmer werden konnte – aber das war wohl ein Irrtum gewesen.
    Hoch über den Wolkenkratzern von Kaulun war eine Wolke zu sehen, die an schwarzen Rauch erinnerte. Sie trieb trotz des Gegenwindes auf sie zu. Scarlett war sofort klar, dass es kein Rauch sein konnte. Es war der Fliegenschwarm. Er war zurückgekommen und flog direkt auf sie zu.
    »Lauft!«
    Lohan rannte los, quer übers Dach. Offenbar war es ihm jetzt egal, ob sie gesehen wurden. Er hatte sich den Jadeanhänger um den Hals gebunden und Scarlett erkannte, dass die Fliegen immer wissen würden, wo er war, solange er den Anhänger trug. Aber genau das war wohl sein Plan. Nur aus diesem Grund hatte er ihr das Ding abgenommen. Er beschützte sie, indem er sich selbst zur Zielscheibe machte. Er sprang über Kabelstränge und rannte zum hinteren Ende des Gebäudes. Scarlett folgte ihm. Sie hatte allerdings immer noch keine Ahnung, wohin sie liefen und wie sie vom Dach hinunterkommen sollten.
    An der Dachkante kamen sie atemlos zum Stehen. Scarlett verstand nichts mehr. Es gab hier keinen Fluchtweg, keine Feuerleiter, keinen Fensterputzer-Aufzug oder sonst etwas. Das Dach des nächsten Hauses war ungefähr zwanzig Meter weit weg und es gab keine Möglichkeit, dorthin zu kommen. Lohan stand dicht an der Dachkante. Einen Moment lang sah er mit seiner blassen Haut und den vom Regen durchweichten Kleidern aus wie ein Geist. Das schwarze Haar klebte ihm im Gesicht. Seine Narbe trat jetzt noch deutlicher hervor.
    »Folge mir!«, befahl er. »Und sieh nicht nach unten.« Und dann machte er einen Schritt ins Nichts.
    Scarlett wartete auf seinen Absturz, wartete darauf, dass er zwanzig Stockwerke tief in den Tod stürzte. Aber stattdessen blieb er mitten in der Luft stehen, so unmöglich das schien. Es war, als hätte er gelernt zu schweben. Zauberei? Das war Scarletts erster Gedanke, aber dann sah sie genauer hin und stellte fest, dass es ein unglaublicher Trick war. Zwischen den beiden Gebäuden spannte sich eine Brücke, ein fast unsichtbarer Streifen Glas oder Plexiglas. Jedenfalls irgendetwas Durchsichtiges, das stabil genug war, um sein Gewicht zu tragen. Von der Straße und auch aus der Luft war diese Brücke nicht zu sehen und nur der Regen und eine

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